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# taz.de -- Konflikt zwischen Serbien und Kosovo: Kompromiss bei Einreiseregeln
> Inhaber von kosovarischen Ausweisen sollen künftig ohne weitere Dokumente
> einreisen dürfen. Dem hat Serbien laut des EU-Außenbeauftragten
> zugestimmt.
Bild: Serbiens Präsident Aleksandar Vučić mit einem Formular zur Einreise in…
Splittaz | Die EU hat einen Kompromiss zwischen Serbiens Präsidenten
Aleksandar Vućić und Kosovos Premierminister Albin Kurti ausgehandelt.
Damit scheint eine Zuspitzung des Konflikts zwischen beiden Ländern erst
einmal vermieden worden zu sein. Doch die Kuh ist noch lange nicht vom Eis.
Nach Angaben des EU-Außenbeauftragten [1][Josep Borrell] haben Serbien und
Kosovo am Freitag, kurz vor Ende der Frist am 1. September, das Schlimmste
abgewendet. Die serbische Seite hatte seit Wochen mit Konflikten innerhalb
Kosovos und sogar mit dem Einsatz von Militär an den Grenzen gedroht. So
mobilisierte [2][Serbien] mit Unterstützung der Geheimdienste und radikaler
Nationalisten die serbische Bevölkerung in Nord-Kosovo, das an Serbien
angrenzt und bisher noch nicht vollständig in den Staat Kosovo integriert
ist. Die serbische Propaganda posaunte, Kosovo wolle alle Serben aus dem
Land vertreiben.
Gegenüber der EU protestierte Serbien gegen die Absicht der
Kosovo-Regierung, serbische Pässe und [3][Autokennzeichen] nicht mehr
anzuerkennen. Kosovo forderte im Gegenzug, dass Serbien kosovarische
Reisepässe und Autokennzeichen anerkennen, also Reisefreiheit gewährleisten
und die Diskriminierung von Kosovaren einstellen sollte.
Kosovos Ministerpräsident Kurti besteht auf dem „Reziprozitätsprinzip“ und
wollte gegen Serben die Bestimmungen anwenden, die Serbien selbst gegen
Kosovo praktiziert. Er setzte Serbien eine Frist bis 1. August, seinen
Forderungen nachzukommen. Durch die Intervention der EU und der USA wurde
diese Frist bis zum 1. September verlängert. Deshalb versuchte Borrell
jetzt fieberhaft zu vermitteln.
## Der von Borrell vermittelte Kompromiss ist nur ein halber
„Wir haben einen Deal“, twitterte Borrell am Samstag und sprach, sich
selbst lobend, von einer „europäischen Lösung“. Auch wenn dieses Wort ein
bisschen hochgegriffen erscheint, ist es immerhin gelungen, Serbien davon
zu überzeugen, die albanische Bevölkerung Kosovos künftig mit ihren eigenen
Dokumenten nach Serbien einreisen zu lassen. Im Gegenzug hat Kosovo den
Plan fallengelassen, die Einreise von Angehörigen der serbischen Minderheit
im Kosovo zu erschweren. Weiterhin dürfen alle serbischen Staatsbürger frei
nach Kosovo reisen – Serben in Kosovo besitzen in der Regel ohnehin die
doppelte Staatsbürgerschaft.
Doch am Punkt der Autokennzeichen ist man keinen Schritt weitergekommen.
Für Aleksandar Vućič, den serbischen Präsidenten, ist ein Einlenken in
dieser Frage bisher undenkbar. Würden nämlich Kosovaren mit ihren
Autoschildern durch Serbien fahren können, hätte Kosovo einen Schritt hin
zur Anerkennung durch Serbien erreicht. Da Serbien aber Kosovo weiterhin
als Teil Serbiens ansieht, wäre das in der Tat ein Bruch mit der bisherigen
serbischen Staatsideologie.
Deshalb ist der von Borrell vermittelte Kompromiss nur ein halber. Am
grundsätzlichen Konflikt ändert sich nichts.
Regierungspolitiker aus Serbien und Kosovo begrüßten die nun getroffene
Einigung zurückhaltend. Kosovos Ministerpräsident Kurti würdigte bei
Facebook zwar die Arbeit der Vermittler der EU und der USA, bestand aber
weiterhin auf dem Prinzip der Gleichberechtigung. Aus Belgrad äußerte sich
nur der Regierungsbeauftragte für Kosovo, Petar Petković. Er betonte, dass
die Reiseerleichterungen für Kosovaren nicht als Anerkennung der
[4][Unabhängigkeit Kosovos] durch Serbien ausgelegt werden dürfen.
## Serbiens politische Führung äußert sich nicht
Serbiens Präsident Aleksandar Vućić und Ministerpräsidentin Ana Brnabić
äußerten sich nicht. Trotzdem dankte Borrel Vućić für sein Einlenken.
Hinsichtlich der weiterhin fehlenden gegenseitigen Anerkennung von
KFZ-Kennzeichen rief Borrell beide Seiten zu „Pragmatismus und
Konstruktivität“ auf.
Trotz dieses diplomatischen Geklimpers ist allen Beteiligten klar, dass
dieses halbe Abkommen nicht ausreicht, den grundsätzlichen Gegensatz
zwischen Serbien und Kosovo auszuräumen. Dabei kann sich Serbien auf die
Unterstützung Russlands verlassen. Die russische Propaganda hat bisher nur
das serbische Narrativ des Konflikts verbreitet, russische „Militärberater“
verfügen in der südserbischen Stadt Niš über einen Stützpunkt. In Kosovo
ist die Nato stationiert.
28 Aug 2022
## LINKS
[1] https://twitter.com/JosepBorrellF?r
[2] /Expansion-von-Russland-China-Serbien/!5870033
[3] /Spannungen-zwischen-Kosovo-und-Serbien/!5867870
[4] /Kunstausstellung-Manifesta-im-Kosovo/!5871938
## AUTOREN
Erich Rathfelder
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Serbien
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Kosovo
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