# taz.de -- Hoteliere protestiert gegen Abschiebung: Kein Kellner – kein Mitt… | |
> Nachdem ein Mitarbeiter ausgewiesen wurde, sagte eine Hoteliere ein | |
> Mittagessen einer Landtagsdelegation in ihrem Hotel ab. Sie brauche den | |
> Mann. | |
Bild: Will nicht hinnehmen, dass ihr Mitarbeiter Aldo Gjoni (r.) ausgewiesen wu… | |
HAMBURG taz | Fünf Jahre arbeitete Aldo Gjoni für Lenka Hansen-Mörck in | |
ihren beiden Hotels, dem Historischen Krug in Oeversee und dem Alten | |
Gymnasium in Husum. Er war gut integriert, sogar verlobt – und für seine | |
Chefin unersetzbar. Nun wurde er nach Albanien abgeschoben. Hansen-Mörck | |
reagierte mit der Ausladung einer Delegation des Landtages Südtirol. Die | |
Gäste des Schleswig-Holsteiner Landtags hätten eigentlich im Alten | |
Gymnasium zu Mittag essen sollen. | |
Die Hoteliere will die Ausladung nicht als politische Aktion verstanden | |
wissen. „Wir haben jetzt schon einen großen Mitarbeitermangel. An diesem | |
Montag hätte nur Aldo Gjoni die Veranstaltung betreuen können“, erklärt | |
sie. | |
Aldo Gjoni war ihr 2017 von der Jugendhilfe-Einrichtung Sternipark | |
vermittelt worden und hatte eine Ausbildung im Historischen Krug begonnen. | |
Kurz nach deren Beginn wurde sein Asylantrag jedoch abgelehnt. Seiner | |
Arbeitgeberin erzählte er davon nicht. „Er bat mich um Urlaub, damit er | |
seine Familie besuchen kann“, erinnert sich Hansen-Mörck. Für die | |
Ausländerbehörde war der Fall mit Gjonis Ausreise abgeschlossen, doch der | |
junge Mann kam nach kurzer Zeit wieder, unbemerkt von den Behörden, und | |
beendete die Ausbildung. | |
## Ein Kollege meldete den Kellner bei der Ausländerbehörde | |
Im April dieses Jahres meldete ihn dann ein Kollege, dem er sich anvertraut | |
hatte, bei der Ausländerbehörde. „Als Aldo dann zu mir kam, da war das Kind | |
natürlich schon in den Brunnen gefallen“, sagt Hansen-Mörck. Sie kümmerte | |
sich darum, dass Gjoni einen Anwalt bekam. Ein Jurist aus dem Hotel | |
betreute den jungen Mann ebenfalls. 2020 hatte Gjoni versucht, seinen | |
Status in der deutschen Botschaft in Albanien legalisieren zu lassen. Er | |
bekam jedoch keinen Termin. Somit blieben alle Mühen vergeblich. | |
Für Hansen-Mörck ist Gjoni vor allem ein unersetzlicher Mitarbeiter. Ihr | |
Einsatz für ihn hat aber auch andere Gründe. „Aldo hat bis zu 70 Prozent | |
seines Gehalts zu seiner Familie geschickt, damit seine Schwestern in die | |
Schule gehen können. Das finde ich für so einen jungen Mann schon | |
außergewöhnlich.“ Außerdem sei Gjoni bei einer Anhörung zu seinem | |
Asylantrag im Jahr 2018 von der Ausländerbehörde reingelegt worden. Die | |
Anhörung sei ohne Dolmetscher und Rechtsbeistand durchgeführt worden. „So | |
geht das nicht“, schimpft die Hoteliere. | |
Sie kann nicht nachvollziehen, wieso bei dem herrschenden Fachkräftemangel | |
in der Hotelbranche eine gut ausgebildete Fachkraft ausgewiesen wird. | |
„Jeder Beamte hat einen Ermessensspielraum in solchen Fällen. Dass man hier | |
so hart entscheidet, macht mich einfach nur traurig und sprachlos“, sagt | |
Hansen-Mörck. | |
Das Bundesamt für Migration möchte den Einzelfall auf Nachfrage der taz | |
nicht kommentieren. Die Behörde gibt aber allgemein an, dass Asylanträge | |
nur auf Basis von der Gefahrenlage für den/die Asylsuchende/n in | |
seiner/ihrer Heimat bewertet werden. „Integrationsleistungen kann und darf | |
das Bundesamt bei der Entscheidung im Asylverfahren nicht berücksichtigen“, | |
heißt es weiter. | |
Für Aldo Gjoni ist diese Entscheidung eine Katastrophe. „Er lebt in einer | |
Gegend, in der es nicht viel gibt für ihn. Seine Familie ist auf sein | |
Gehalt angewiesen“, sagt Hansen-Mörck. Es drohe ihm sogar ein zweijähriges | |
Einreiseverbot nach Deutschland. Damit würde er auch seinen Anspruch auf | |
Arbeitslosengeld und Rente verlieren. „Die Behörden behandeln einen jungen | |
Mann, der sich nichts zu schulden kommen lassen hat und seine Steuern und | |
Sozialbeiträge gezahlt hat, wie einen Kriminellen“, sagt seine Chefin. | |
Auch für sie habe die Abschiebung drastische Konsequenzen: „Wenn ich keinen | |
neuen Mitarbeiter finde, dann muss ich den Restaurantbetrieb in einem der | |
Hotels einstellen“, sagt sie. Ihre Hotels hätten in der Vergangenheit | |
Bundespräsidenten und ausländische Delegationen beherbergt. Sie fühle sich | |
nicht wertgeschätzt. | |
Durch die mediale Aufmerksamkeit erhofft sie sich nun ein Umdenken bei den | |
Behörden. „Aldo Gjoni muss sofort zurückkommen und seinen Status | |
legalisieren dürfen“, fordert die Hotelbesitzerin. Ansonsten seien die | |
Zukunft ihrer Hotels und von Aldo Gjoni und seiner Familie massiv bedroht. | |
5 Sep 2022 | |
## AUTOREN | |
Ben Reddig | |
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