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# taz.de -- Grüne über Beschwerdestelle der Polizei: „Kein zahnloser Tiger�…
> In Hamburg können sich Bürger*innen an eine Beschwerdestelle über die
> Polizei wenden. Die Grüne Sina Imhof zieht positive Zwischenbilanz.
Bild: Wenn die Polizei das Maß verliert: Reizmitteleinsatz bei einer Anti-Rass…
taz: Frau Imhof, im ersten [1][Jahresbericht des Beschwerdemanagements]
der Hamburger Polizei steht, dass nur 0,04 Prozent aller eingegangenen
Beschwerden als berechtigt oder teilberechtigt eingestuft werden. Heißt
das, die Polizei macht keine Fehler?
Sina Imhof: Ich denke nicht, dass man das so undifferenziert sagen kann.
Die Beschwerdestelle übt selbst Kritik in dem Bericht, insbesondere an der
Einteilung in „berechtigt“, „teilberechtigt“ und „unberechtigt“. Da…
ein sehr starres System. Man hat sich darauf verständigt und es wird
momentan von allen 16 Bundesländern genutzt. Die Beschwerdestelle sagt: Das
wird vielen Sachverhalten, die gemeldet werden, nicht gerecht. Und die
Beschwerdestelle möchte eine Initiative starten, ein deskriptiveres System
zu verwenden, sodass einzelne Sachverhalte deutlicher werden.
Die Beschwerden passen also nicht zum System. Hätten Sie einen
Beispielfall?
Die Zahlen zeigen, dass Beschwerden nur als berechtigt einsortiert werden,
wenn sich Fehlverhalten eindeutig und einwandfrei feststellen lässt.
Mitunter gibt es Fälle, in denen Aussage gegen Aussage steht, sodass die
Situation nicht eindeutig geklärt werden kann. Daran übt die
Beschwerdestelle selbst Kritik und sagt, dass das dem täglichen Leben nicht
gerecht wird.
Für die Grünen war die Beschwerdestelle ein wichtiger Punkt in den
Koalitionsverhandlungen. Wie zufrieden sind Sie nach dem Bericht mit der
Beschwerdestelle?
Der Bericht macht deutlich, dass man im letzten Jahr das
Beschwerdemanagement vollständig neu aufgestellt hat, gemeinsam mit der
Disziplinarabteilung. Etwa hat man sich externen Sachverstand dazu geholt.
Die Polizei wandelt sich und sagt nicht mehr: „Wir haben unser Handeln
überprüft, es war rechtmäßig und damit ist alles gut und der Fall
erledigt.“ Sondern die Polizei erkennt an, dass es auch Fälle gibt, in
denen das Verhalten einzelner Beamt:innen rechtmäßig war, aber
vielleicht trotzdem nicht angemessen.
Es gab insgesamt 151 Kritikgespräche mit Beamt:innen, zwei wurden zu einer
Fortbildungsveranstaltung verpflichtet und es wurde zehn Mal ermittelt.
Inwieweit halten Sie diese Maßnahmen für angemessen?
Eines vorweg: Bei der Beschwerdestelle bewegen wir uns unterhalb der
disziplinarrechtlichen Schwelle. Das heißt, in Fällen, in denen straf- oder
disziplinarrechtliches Verhalten von Beamt:innen im Raum steht, ist die
Konsequenz keine Kritik oder Sensibilisierung. Dennoch kann ich, weil ich
die einzelnen Fälle aus Datenschutzgründen nicht kenne, nicht abstrakt
beurteilen, ob es das angemessene Mittel in dem jeweiligen Fall war.
Wichtig ist, dass sich die Beschwerdestelle analytisch und systematisch
besser aufstellen wird. Sollten einzelne Beamt:innen auffallen und man
stellt fest: Wir haben schon Gespräche geführt, aber das scheint nicht zu
fruchten – dann geht man in den disziplinarrechtlichen Bereich.
Die Beschwerdestelle sieht ihre Aufgabe darin, polizeiliches Handeln zu
erklären und der Bevölkerung verständlich zu machen. Aus der
Zivilgesellschaft kommt häufig die Forderung nach Ermittlungskompetenzen
und Sanktionierungsrechten. Wie sehen Sie die Rolle der Beschwerdestelle?
Die Beschwerdestelle hat weitgehende Rechte, etwa Akteneinsichts- und
Betretungsrechte in Dienststellen. Sämtliche Dienststellen und
Beamt:innen sind zur Kooperation verpflichtet. Insofern sehe ich die
Beschwerdestelle nicht als zahnlosen Tiger.
Die Linksfraktion kritisiert, dass die Beschwerdestelle nicht glaubwürdig
sei, solange sie nicht [2][völlig unabhängig] arbeite. Innensenator Andy
Grote (SPD) lobt deren Arbeit. Wo stehen die Grünen?
Ich würde die Grünen in der Mitte einsortieren. Unser ursprüngliches Ziel
war eine unabhängige Beschwerdestelle. Das ist uns nicht gelungen. Wir
haben uns darauf geeinigt, dass die Beschwerdestelle [3][innerhalb der
Polizei angesiedelt wird]. Sie hat allerdings innerhalb der Polizei die
größtmögliche Unabhängigkeit, mit der direkten Anbindung an den
Polizeipräsidenten. Jetzt ist es unsere politische Aufgabe, die neuen
Strukturen kritisch und konstruktiv zu begleiten. Ich denke nicht, dass
eine Stelle, die innerhalb der Polizei angesiedelt ist, grundsätzlich
völlig ungeeignet ist, einen konstruktiven Beitrag zu leisten und mit
Beschwerden offen umzugehen. Für ein abschließendes Fazit ist es aber noch
zu früh. Denn diese neu geschaffenen Strukturen müssen sich verfestigen und
müssen in der Bevölkerung bekannt werden.
Die Daten sollen auch der Wissenschaft zur Verfügung gestellt werden. Wie
sieht die wissenschaftliche Begleitung aus?
Die jüngsten Daten sind nicht valide genug. Dennoch hat man festgestellt,
dass die Beschwerden vor allem jüngere Beamt:innen und deren
Kommunikationsverhalten betreffen. Das ist nicht neu und auch von
Fachleuten ist schon angeklungen, dass man Beamt:innen nach der
Ausbildung stärker begleiten muss. Hier setzt dann die Wissenschaft mit
Formatentwicklung an, zum Beispiel Supervisionsangeboten für
Berufsanfänger. Künftig sollen sich aus den Zahlen der Beschwerdestelle
Problemlagen erkennen lassen. Und Probleme, die sich anhand der Daten
ergeben, sind dann genauer zu analysieren, mit Hilfe von Expert:innen.
28 Aug 2022
## LINKS
[1] /Beschwerdestelle-der-Polizei-in-Hamburg/!5843337
[2] /Petition-fuer-unabhaengige-Ermittlungen/!5863798
[3] /Neue-Beschwerdestelle-in-Hamburg/!5711714
## AUTOREN
Leopold Pelizaeus
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