# taz.de -- Klausur auf Schloss Mesberg: Die Ampel verspricht Wuchtiges | |
> Die Bundesregierung hat in Meseberg über ihre Energiepolitik diskutiert. | |
> Habeck lobt den Kanzler. Und Lindner? Überrascht mit | |
> Klassenkampfrhetorik. | |
Bild: Morgennebel in Meseberg: Später blaute am Ort der Ampel-Klausur sogar de… | |
MESEBERG taz | Der Himmel blaute am Mittwoch über Schloss Meseberg, ein | |
Bild ungetrübter Stimmung wollte auch die Ampel zum Abschluss ihrer | |
[1][zweitägigen Kabinettsklausur] im Barockschloss vermitteln. In den | |
vergangenen Tagen hatte es mächtig gerumpelt. Aus der SPD kamen Anwürfe | |
gegen den grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck und [2][dessen | |
Gasumlage], die Grünen keilten zurück. | |
Auf der Kabinettsklausur, die ja traditionell eher den Charakter einer | |
Klassenfahrt hat, beruhigte sich die Atmosphäre wieder. Bis in die Nacht | |
habe man gelöst zusammengesessen, Christian Lindner habe Anekdoten erzählt, | |
hieß es aus Regierungskreisen. Selbst die traurigen Nachrichten vom Tod | |
Michael Gorbatschows und des Grünen Christian Ströbele sowie der erneute | |
Gasstopp durch Nordstream 1 änderten daran wenig. | |
Habeck schwang sich in der Abschlusspressekonferenz sogar zu einer | |
Lobpreisung des Kanzlers auf. Die Klausur habe einmal mehr gezeigt, wie gut | |
es sei, dass Olaf Scholz diese Regierung führe, mit seiner Erfahrung, | |
Umsicht und Ruhe. Scholz hatte sich und seine Regierung ebenfalls gelobt: | |
Man habe früh die Bedrohung erkannt, [3][dass Russland Energieexporte als | |
Druckmittel benutzt] und Gegenmaßnahmen getroffen, etwa den Bau von | |
Flüssiggasterminals. Scholz sieht Deutschland nun gewappnet für den Winter: | |
man könne da gut durchkommen. | |
Die Energiesicherheit war eines der zentralen Themen der Klausur, wobei | |
sich die Diskussion zunehmend verlagert: Von der Frage, wie man die | |
Versorgung mit Gas, Öl und Kohle sicherstellt, dahin, wie man Energie | |
weiter für alle bezahlbar macht. Scholz versprach Entscheidungen, „die | |
garantieren, dass die Preise nicht durch die Decke schießen“. Welche genau, | |
verriet er nicht. | |
## Fraktionen reden mit | |
Jedenfalls scheint Scholz nun auch Finanzminister Lindner überzeugt zu | |
haben, dass weitere Hilfen nötig sind. Der FDP-Mann kündigte in Meseberg | |
ein weiteres „wuchtiges Entlastungspaket an“, erwähnte explizit auch | |
Rentner:innen und sieht im Bundeshaushalt in diesem Jahr noch Luft und | |
im kommenden Jahr sogar Spielräume „in zweistelliger Milliardenhöhe“. Laut | |
dem Nachrichtensender ntv könnte ein weiteres Entlastungspaket bis zu 40 | |
Milliarden Euro umfassen. | |
Was im Paket drinsteckt, wird gerade noch verhandelt, eine Entscheidung | |
darüber könnte womöglich schon am Wochenende im Koalitionsausschuss fallen. | |
Wann genau sich diese Runde führender Partei-, Fraktions- und | |
Regierungsmitglieder trifft, steht indes noch nicht fest. Zuvor treffen | |
sich auch noch die SPD- und FDP-Fraktion zu Klausuren. | |
Die SPD-Fraktion hatte zu Wochenbeginn schon mal vorgelegt und | |
Direktzahlungen an alle Bürger:innen, auch Rentner:innen und | |
Studierende, vorgeschlagen. Außerdem soll der Grundbedarf an Energie für | |
jeden Haushalt preislich gedeckelt werden. Die FDP wiederum legte ein | |
Papier vor, in dem sie vor allem den Abbau der kalten Progression | |
vorschlägt und energiepolitische Maßnahmen, welche die Knappheit an den | |
Strom- und Gaspreisen abschwächen soll, ohne konkreter zu werden. | |
Ob es möglich ist, für Verbraucher:innen „ein bestimmtes Kontingent | |
preislich zu reduzieren“, lässt auch der Wirtschaftsminister gerade prüfen. | |
Habeck hält ein solches Modell für überlegenswert, hat aber auch Bedenken. | |
Zum einen wegen der Kosten. Das seien erhebliche Summen, die in Konkurrenz | |
zu anderen Entlastungen stünden, warnte Habeck in Meseberg. Zum anderen, | |
sei eine solche Maßnahme „sozial unspezifisch“, da ja alle Haushalte, auch | |
die solventen, davon profitieren würden. | |
Selbst die FDP ist mittlerweile für Eingriffe in den Strommarkt, Lindner | |
forderte in Meseberg gar den „Rendite-Autopiloten abzuschalten“ – eine | |
Formulierung, die man eher der Linkspartei zutraut. Damit meint der | |
Finanzminister aber keine Übergewinnsteuer für Energiekonzerne, wie sie | |
neben Linken, auch die Grünen und die SPD-Fraktion ins Spiel gebracht | |
haben, sondern zielt auf eine Reform der Strukturen im Energiemarkt. Bisher | |
ist der Preis für Strom auch ans Gas gekoppelt und damit an den teuersten | |
Energieträger zur Stromerzeugung. Dieser Zusammenhang soll gekappt werden, | |
das geht aber nur zusammen mit anderen EU-Ländern. | |
Scholz berichtet, dass es unter seinen europäischen Kollegen Bewegung gebe | |
und man jetzt schnell handeln wolle. „Der Schmerz, den wir empfinden, dass | |
hier Gewinne erzielt werden, die niemand richtig finden kann, haben alle | |
anderen auch.“ So groß scheint der Schmerz dann aber doch nicht zu sein, | |
dass Scholz auch die Übergewinne der Konzerne abschöpfen will. In Meseberg | |
sagte er jedenfalls nichts davon. | |
31 Aug 2022 | |
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## AUTOREN | |
Anna Lehmann | |
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