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# taz.de -- Die Wahrheit: Ein Restsommertag
> Was passiert, wenn man an einem brühheißen Tag die Wohnung verlässt, und
> nach 41-jähriger Pause beschließt, ein Spaghetti-Eis zu verzehren?
Bild: Auf immer und ewig mit dem Sonnenschirm auf der Documenta in Kassel
Hier und heute möchte ich mit einem Zitat beginnen, das ich jüngst irgendwo
las und, bevor ich es verdrängt hatte, in einem Anfall von sinnlosem
Sammelwahn sogar fotografierte, weshalb ich es hier noch einmal, ja ein
letztes Mal, referiere: „Ein farbenfroher Look kann den selben Effekt haben
wie ein lustiger Spieleabend mit guten Freunden.“
Ausgehend von dieser ernsten Drohung, aufgrund derer der modische sowie der
amikale Super-GAU nur noch eine Frage der Zeit sein können, denkt man
dieses sinnlos konnotierte Zitat zu Ende, will ich nahtlos und
unzusammenhängend anheben, auszugsweise einen Restsommertag zu schildern,
so wie er mir jüngst begegnete.
In den noch frühen und darob noch nicht so heißen Morgenstunden dieses zu
beschreibenden Restsommertags befand ich mich traumverloren in einem
ausnahmsweise schnellen ICE-Zug. Im Traum erscholl quer und längs durch den
Waggon die Durchsage: „Mein Name ist der Marcel Balzer, und wir haben
Fahrzeitreserven.“ Wie ich noch so zwischen meinen kühlen Laken lag und vor
mich hinträumte, geriet mir die Wirklichkeit als Wachzustand in diesen
traumhaften Traum hinein, denn wer möchte nicht auch im sogenannten echten
Leben „Fahrzeitreserven“ haben.
## Humorloses Pack
Und da fiel es mir an jenem Restsommertag auch schon wieder ein, und
draußen ward es auch schon wieder wärmer: Diesen Satz hatte ich wirklich
und leibhaftig einst in einem ICE-Zug als schnarrende Lautsprecherdurchsage
vernommen. Mir fiel auch wieder im Aufwachen ein, dass ich damals lachend
losgeprustet, jedoch keiner im Speisewaggon mitgelacht hatte. Humorloses
Pack.
Als mir das alles wieder eingefallen war, stand ich auf. Es war
mittlerweile später als vorher im Traum, und ich verließ die Wohnung.
Draußen war es an diesem Restsommertag mehr als sehr warm, es war
nachgerade brühheiß. Ich beschloss, nach einer 41-jährigen Pause ein
Spaghetti-Eis zu verzehren.
Wenig später nahm ich Platz an einem Draußentisch der mir nächstliegenden
Eisdiele. Diverse Schreie in allen Tonlagen erschollen hier, da, dort. Im
Gedächtnis auf ewig und als Zugabe zum Eis geblieben ist mir bis heute ein
präpotentes Männchen namens Fightbig Fish, jedenfalls stand Letzteres auf
seinem knallrot leuchtenden T-Shirt, das aufs Gewaltigste mit seinem
rothaarigen Pumuckl-Schopf korrespondierte.
Fightbig Fish, Alter circa zwei, besaß Kräfte, die weit über Schlumpfeis
hinausgingen, das spürte ich sofort, obwohl ich mein Spaghetti-Eis noch gar
nicht intus hatte. Als ich es schließlich so genüsslich wie gequält
vertilgte, hatte Fightbig Fish bereits ein herumstehendes Zitronenbäumchen
entwurzelt und eiskalten Artilleriebeschuss eingeleitet. Ja, Fightbig Fish
in seinem farbenfrohen Look hatte definitiv noch Fahrzeitreserven. Fazit:
Ein traumhaft lustiger Restsommertag!
30 Aug 2022
## AUTOREN
Harriet Wolff
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Deutsche Bahn
Kinder
Hitzesommer
Schwerpunkt Klimawandel
Robert Habeck
Die Wahrheit
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