# taz.de -- Impfgegner schlägt BR-Journalist: Wieder Angriff auf Reporter | |
> Bei einer Pressekonferenz zur Coronapolitik in München schlägt ein | |
> 23-Jähriger einen Journalisten ins Gesicht. Der Täter ist mutmaßlich | |
> Impfgegner. | |
Bild: Sicherheitsleute schützten einen BR-Reporter in München vor Angriffen �… | |
Berlin taz | Ein junger Mann hat einen Reporter des Bayerischen Rundfunks | |
(BR) nach einer Pressekonferenz angegriffen. Am Dienstagmittag stellte | |
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) [1][eine neue | |
Aufklärungskampagne] zu Auffrischungsimpfungen gegen Corona in der Münchner | |
Altstadt vor. Schon während einer offenen Fragerunde soll nach | |
Polizeiangaben ein 23-jähriger Mann Journalist:innen als „Volksverräter | |
und Impfterroristen“ bezeichnet haben. Die Polizei erteilte einen | |
Platzverweis, dem der Mann nachkam. | |
Nachdem die offizielle Veranstaltung beendet war, führte der Journalist | |
Interviews mit Zuhörer:innen, [2][berichtet der BR]. Daraufhin soll der | |
23-jährige Mann wieder auf den Marienplatz gekommen sein und den | |
Journalisten mehrmals ins Gesicht geschlagen haben. Sicherheitsleute | |
konnten den Mann zurückdrängen, doch er griff den Journalisten erneut an. | |
Die Polizei, die wieder per Notruf an den Marienplatz gerufen wurde, nahm | |
den Mann fest, dabei beleidigte er auch eine Polizistin. Die Beamt:innen | |
hielten ihn in Sicherheitsgewahrsam, bis alle Besucher:innen der | |
Veranstaltung den Platz verlassen hatten. | |
Der 38-jährige BR-Journalist erstattete Anzeige wegen Körperverletzung. | |
Laut Polizeiangaben musste er nach dem Angriff nicht in ärztliche | |
Behandlung. Auch der Reporter selbst sagt der taz, körperlich sei er nicht | |
verletzt: „Seelisch muss ich den Vorfall erst einmal verarbeiten.“ Die | |
Kriminalpolizei ermittelt wegen Körperverletzung, Störung des öffentlichen | |
Friedens, Bedrohung sowie Beleidigung. Der Angreifer ist schon seit 2020 | |
der Polizei bekannt. Er kann dem Bereich der Coronaleugner:innen und | |
Impfgegner:innen zugeordnet werden. | |
## Angriff auf die Pressefreiheit | |
Der Geschäftsführer der Nichtregierungsorganisation [3][Reporter ohne | |
Grenzen], Christian Mihr, sagt auf taz-Anfrage, der Angriff sei | |
abscheulich, aber nicht überraschend: „Seit gut zwei Jahren weisen wir auf | |
die Gewalt bei Protesten des ‚Querdenken‘-Spektrums gegen die Corona-Regeln | |
hin, an denen oft gewaltbereite Neonazis und extrem rechte Gruppen | |
teilnehmen. Seit zwei Jahren fordern wir mehr Schutz für Reporterinnen und | |
Fotografen, verbessert hat sich ihre Sicherheitslage aber leider immer noch | |
nicht.“ | |
Auch BR-Intendantin Katja Wildermuth verurteilt den Angriff auf den | |
hauseigenen Journalisten: „Die Pressefreiheit ist ein hohes Gut, das es zu | |
schützen gilt. Jeder Angriff auf Journalisten ist auch ein Angriff auf die | |
Pressefreiheit.“ | |
Der bayerische Gesundheitsminister äußert sich ebenfalls zu dem Vorfall: | |
„Die Medien müssen ohne Angst vor Einschüchterung frei berichten können.“ | |
Auf taz-Nachfrage erklärt eine Ministeriumssprecherin, sie seien auf | |
eventuelle Störungen bei der Pressekonferenz vorbereitet gewesen: „So | |
wurden von uns Sicherheitsleute engagiert. Außerdem haben wir das Konzept | |
mit der Polizei abgesprochen, die ebenfalls vor Ort war. Konkrete Hinweise | |
auf geplante Störungen hatten wir im Vorfeld nicht.“ | |
## Neues Ausmaß von Gewalt | |
Auf der Kurznachrichtenplattform Twitter kursieren Videos, die zeigen, wie | |
ein weiterer Journalist, ein Fotograf, ebenfalls auf der Veranstaltung | |
angegriffen wurde. Der Polizei ist jedoch noch nichts gemeldet worden, | |
heißt es. | |
BR-Chefredakteur Christian Nitsche sagt, früher seien Angriffe eher | |
verbaler Art gewesen: „Die jetzige gewalttätige Attacke sprengt diese | |
Dimension und ist der bislang schwerste Angriff auf einen BR-Kollegen.“ | |
Auch der Reporter selbst bestätigt, in sieben Jahren Berichterstattung sei | |
er noch nie köperlich angegriffen worden. Er berichtete öfter von | |
Corona-Demonstrationen, auf denen er und seine Kolleg:innen selten mal | |
beleidigt worden waren. „Aber ein Vorfall wie gestern stellt in meinen | |
Augen eine neue Stufe an Bedrohlichkeit dar“, sagt er. | |
Der Angriff führt dazu, dass der BR eine enstprechende Empfehlung an die | |
Redaktionen aussprach. „Da selbst Platzverweise der Polizei nicht mit | |
Sicherheit durchgesetzt werden, werden wir bis auf Weiteres für alle | |
größeren öffentlichen Veranstaltungen im Kontext von Corona eigenes | |
Sicherheitspersonal engagieren,“ sagt Nitsche der taz. | |
Mihr von „Reporter ohne Grenzen“ ergänzt: „Da der Hass auf die Presse | |
ideologisch motiviert ist, kann das Problem langfristig nur | |
gesamtgesellschaftlich gelöst werden, kurzfristig braucht es endlich einen | |
besseren Schutz der Presse durch die Polizei. Mit Blick auf den Herbst | |
machen wir uns große Sorgen, dass Angriffe wie der auf den BR-Kollegen | |
wieder zunehmen werden.““ | |
24 Aug 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.stmgp.bayern.de/ | |
[2] https://www.br.de/nachrichten/bayern/angriff-auf-br-reporter-am-rande-von-c… | |
[3] https://www.reporter-ohne-grenzen.de/ | |
## AUTOREN | |
Anne Frieda Müller | |
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