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# taz.de -- Pogrom in Rostock-Lichtenhagen: Ruf nach Konsequenzen
> Am Jahrestag der Angriffe in Rostock-Lichtenhagen von 1992 fordern
> Politik und Zivilgesellschaft mehr Einsatz gegen Rassismus – und für
> Geflüchtete.
Bild: Szene der Angriffen in Rostock-Lichtenhagen im August 1992
Berlin taz | Es sind Worte der Mahnung – und der Appelle. [1][30 Jahre nach
den rassistischen Angriffe] auf das Sonnenblumenhaus in
Rostock-Lichtenhagen, die frühere Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber,
forderten am Montag Politiker:innen und Zivilgesellschaft
Konsequenzen. Rechtsextreme und Randalierer hatten mit Steinen und
Brandsätzen das damals von Vietnames:innen bewohnte Haus attackiert –
und die Polizei sich phasenweise zurückgezogen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach von einer „schrecklichen Tat“. „Wo
Menschen Schutz suchten, wurden sie angegriffen.“ Die Angriffe sollten
mahnen, „jeden Tag gegen Hetze und Rassismus zu kämpfen“.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nannte die Angriffe ein „Fanal“.
Sie gehörten „zu den [2][schlimmsten rassistischen Ausschreitungen]“ der
deutschen Nachkriegsgeschichte. „Es ist bis heute erschütternd, dass kaum
einer gegen den Mob einschritt.“ Schaulustige hätten die Angreifer gar noch
angestachelt, die Politik und Gesellschaft zu geringe Empathie gezeigt.
Und Sicherheitskräfte hätten nur „zögerlich und halbherzig“ eingegriffen.
„Dass kein Mensch starb, war reines Glück“. Faeser betonte: Der
Rechtsextremismus sei auch derzeit „die größte Bedrohung unserer
Demokratie“, die man „mit aller Entschlossenheit“ bekämpfe.
## „Eine Schande, ein Tiefpunkt“
Die Beauftragte der Bundesregierung für Antirassismus, Reem Alabali-Radovan
(SPD), sagte der taz: „Der Pogrom von Rostock-Lichtenhagen war eine
Schande, ein Tiefpunkt in der Geschichte unseres wiedervereinigten Landes.
Der Schock sitzt bis heute tief.“ Viele Menschen hätten auch Jahrzehnte
danach noch Angst vor rassistischen Aufmärschen und Attacken.
Heute sei die Gesellschaft stärker und gefestigter. „Dennoch mahnt der
Pogrom: Wir müssen alle Antirassist*innen und die wehrhafte Demokratie
sein. Gleichzeitig müssen wir [3][noch bestehende rassistische Strukturen
aufbrechen]“, so Alabali-Radovan. Dafür arbeite sie als
Antirassismus-Beauftragte.
Die Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) wiederum plädierte für eine
lebendige Erinnerungskultur „an dieses dunkle Kapitel deutscher Gegenwart“.
Dazu gehörten Orte des Gedenkens, wissenschaftliche Einrichtungen und
Bildungsangebote. Das Leid der Opfer müsse mehr öffentliche Beachtung
finden.
## Forderung nach Bleiberechtsregelung
Zivilgesellschaftliche Gruppen wie Pro Asyl und die Amadeu Antonio Stiftung
geht das nicht weit genug. Sie forderten ein konsequentes Handeln gegen
rassistische Gewalt, die Auflösung von Massenunterkünften für Geflüchtete
und eine Bleiberechtsregelung für Opfer rassistischer Gewalt.
Die Ereignisse 1992 in Rostock-Lichtenhagen waren „ein Pogrom mit Ansage“,
sagte Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung. Bis
heute fehle eine richtige Aufarbeitung, stattdessen folgte „eine
jahrzehntelange Verharmlosung rechter Gewalt“. Günter Burkhardt,
Geschäftsführer von Pro Asyl, nannte die Angriffe auch den bundesweiten
Auftakt für die „Demontage des Asylrechts“.
Die Ausschreitungen begannen am Abend des 22. August 1992. Ein Mob
attackierte über vier Nächte lang die Unterkunft, Feuerwehrfahrzeuge wurden
blockiert. Im Haus anwesende Vietnames:innen mussten sich selbst über
das Dach retten.
Am Donnerstag will Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Rostock mit
Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) der Ausschreitungen gedenken.
Dafür wird er auch das Sonnenblumenhaus besuchen. Am Samstag wollen dann
zivilgesellschaftliche und Antifa-Gruppen in Rostock demonstrieren.
„Erinnern heißt verändern“, lautet ihr Slogan. Rassismus, auch
institutioneller, sei bis heute aktuell. Auch das Bündnis fordert einen
Abschiebestopp für Opfer rassistischer Gewalt und dezentrale
Unterbringungen für Geflüchtete.
22 Aug 2022
## LINKS
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## AUTOREN
Konrad Litschko
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