# taz.de -- Iran und das Attentat auf Salman Rushdie: Was bringen noch mehr San… | |
> Iranische Medien feiern das Messerattentat auf den Schriftsteller. Manche | |
> fordern noch härtere Maßnahmen gegen Teheran – doch das ist kurzsichtig. | |
Bild: Der Anschlag auf Rushdie ist für die iranische Regierung ein Propagandae… | |
Wir wissen nicht, ob Iran den Auftrag für das Attentat auf Salman Rushdie | |
gegeben hat. Oder ob den Täter nur die Fatwa von 1989 angestiftet hat. Aber | |
die Hetze, die iranische Medien anstimmen, macht klar, worum es ging: die | |
versuchte Exekution eines Häretikers. | |
Iranische Zeitungen verhöhnen das Opfer mit triumphalem Tonfall als | |
[1][„Satan“ und „Feind Gottes“ und feiern den Täter.] Mit der Fatwa ge… | |
den Schriftsteller benutzt die iranische Führung ein Herrschaftsmittel, das | |
typisch für Diktaturen ist: Der Hass gegen einen äußeren Feind lenkt von | |
eigenem Versagen, von Korruption und Unfähigkeit ab. | |
Für die Führung in Teheran ist dieser Anschlag ein Propagandaerfolg zur | |
rechten Zeit. Die wirtschaftliche Lage ist miserabel. Die Inflation ist | |
2022 extrem (fast 50 Prozent bei Nahrungsmitteln), das Wachstum bescheiden. | |
Die Kluft zwischen Arm und Reich wächst, ebenso wie der Braindrain: Gut | |
Ausgebildete verlassen den Iran. | |
Für das Regime ist die gärende Unzufriedenheit, die sich regelmäßig in | |
Protestbewegungen Luft macht, bedrohlich. [2][In Teheran regieren | |
Hardliner.] Die Repression hat in den letzten Jahren zugenommen. | |
Intellektuelle wie Jafar Panahi werden willkürlich eingesperrt. Das | |
Attentat auf Rushdie passt in dieses Bild. Wer stört, wird verfolgt, | |
bedroht, vernichtet. | |
## Westliche Doppelmoral | |
Muss der Westen jetzt auf dieses Attentat reagieren? Gerade weil es nicht | |
nur einem Schriftsteller galt, sondern Liberalität, Geist, der Freiheit an | |
sich? Dies ist nicht die erste Gewalttat in Sachen „Satanische Verse“. Die | |
Fatwa kostete Rushdies japanischen Übersetzer das Leben, in der Türkei | |
starben 37 Menschen, als Islamisten auf der Jagd nach dem türkischen | |
Übersetzer ein Gebäude abfackelten. Der Impuls, nach dieser Tat nun nicht | |
einfach zur Tagesordnung überzugehen, ist naheliegend. Der britische | |
Tory-Politiker Rishi Sunak [3][fordert Sanktionen gegen Iran.] | |
Doch es spricht nicht viel dafür, dass noch mehr Sanktionen Gutes bewirken | |
würden. Deutschland hat 2021 Waren im Wert von 1,5 Milliarden Euro nach | |
Iran exportiert. Das ist nicht viel. Nach Serbien exportierte Deutschland | |
dreimal so viel. | |
Das Sanktionsregime gegen Teheran ist äußerst rigide. Iran ist schon lange | |
vom internationalen Zahlungsverkehr Swift und dem Import von | |
Hightechprodukten abgekoppelt. Zudem betreibt der Westen eine | |
doppelgesichtige Sanktionspolitik. Scharf gegen den Iran, weich gegen das | |
repressive Saudi-Arabien, das als Verbündeter gilt, dessen Öl man braucht. | |
Der Ruf nach noch mehr Sanktionen ist verständlich, aber kurzsichtig. Nicht | |
zu vergessen: Die ultrakonservativen Hardliner sind in Teheran auch | |
mithilfe von Trump an die Macht gekommen. Der entfachte ein Feuerwerk von | |
Drohungen, Provokationen und immer neuen Sanktionen gegen den Iran. Genutzt | |
hat das nichts, im Gegenteil. | |
15 Aug 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/nach-attacke-auf-rushdie-was-beka… | |
[2] https://www.tagesschau.de/ausland/asien/raisi-iran-amtseinfuehrung-101.html | |
[3] https://www.spiegel.de/ausland/salman-rushdie-rishi-sunak-britischer-premie… | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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