# taz.de -- Würdigung von Rudolf Duala Manga Bell: Schwaben erinnern an Justiz… | |
> Die Hinrichtung von Rudolf Duala Manga Bell 1914 war ein Mord der | |
> deutschen Kolonialherren. Nun wird der Duala-König gewürdigt. | |
Bild: Blick auf Ulm, wo Manga Bell zur Schule ging | |
Zwei schwäbische Städte schreiben in diesen Tagen Weltgeschichte. Sowohl | |
Aalen als auch Ulm haben beschlossen, einen Platz nach Rudolf Duala Manga | |
Bell zu benennen. [1][Der König des Duala-Volks in Kamerun] wurde am 8. | |
August 1914 von der deutschen Kolonialverwaltung wegen „Hochverrats“ in der | |
Provinzhauptstadt Duala hingerichtet, zusammen mit seinem Sekretär Adolf | |
Ngoso. | |
Dass dies ein Justizmord erster Güte war, mit dem die Kolonialherren den | |
Unmut der Bevölkerung über ihre rassistische Politik zum Schweigen bringen | |
wollten, war schon Zeitgenossen bewusst. Unter anderem SPD-Urgestein August | |
Bebel thematisierte die skandalösen Zustände im Reichstag. | |
Mit den Schwaben hat dies insofern zu tun, als Rudolf Duala Manga Bell seit | |
1891 in Aalen zur Schule ging: Ab 1896 besuchte er in Ulm ein Jahr das | |
Gymnasium und machte die Mittlere Reife. Er kehrte zwar ohne das vom Vater | |
gewünschte Studium der Rechtswissenschaft zurück, machte aber dafür in | |
Duala eine Ausbildung bei der Kolonialverwaltung. 1908 wurde er König. | |
Da war längst offenkundig geworden, dass die Deutschen nicht daran dachten, | |
sich an den „Schutzvertrag“ zu halten, den sie mit Führern der Duala, | |
darunter Rudolfs Großvater, geschlossen hatten. In dem Vertrag von 1884 | |
unterwarfen sich die Afrikaner deutscher Gesetzgebung und Verwaltung. Dafür | |
wurde ihnen garantiert, ihren Grund und Boden sowie ihr Monopol auf den | |
Handel mit dem Hinterland unangetastet zu lassen. | |
## Im Jahr 1910 begann die Vertreibung der Duala | |
Dessen ungeachtet rissen sich die Hamburger Handelsfirmen C. Woermann sowie | |
Jantzen & Thormählen, deren Vertreter Eduard Schmidt und Johannes Voss den | |
„Schutzvertrag“ mit den Afrikanern geschlossen hatten, den lukrativen | |
Zwischenhandel mit Elfenbein, Palmöl und Kautschuk gewaltsam unter den | |
Nagel.* Und ab 1910 begann die Vertreibung der Duala: Die Deutschen wollten | |
eine „europäische Siedlung“ an der Küste bauen, zu der Afrikaner nur als | |
Arbeitskräfte Zutritt haben sollten. | |
Dennoch glaubte König Rudolf immer noch an den Rechtsstaat: Er schrieb | |
Eingaben an den Kaiser und Petitionen an den Reichstag, in denen er auf | |
Einhaltung des Vertrags pochte. 1912 entsandte er Adolf Ngoso nach Berlin, | |
der in der Presse und bei SPD-Politikern Gehör fand, was zu der erwähnten | |
Reichstagsdebatte führte. Doch es half alles nichts: In einer Justizfarce | |
wurden Bell und Ngoso zum Tode verurteilt; bei Massakern Hunderte Afrikaner | |
ermordet. | |
Bis heute wird Bell in Kamerun als Held verehrt, [2][auch in Deutschland | |
fordern viele seine Rehabilitierung]. Nur die Bundesregierung ist | |
zögerlich: Auf eine im Mai eingereichte Petition von Prinzessin Marilyn | |
Douala Manga Bell, Urenkelin von Rudolf, habe sie bis heute nicht reagiert, | |
sagt Jean-Pierre Félix-Eyoum, ein Großneffe Rudolfs, der in München lebt. | |
Umso mehr habe man in Kamerun die Nachrichten aus Aalen und Ulm freudig | |
aufgenommen. „Die Menschen sind elektrisiert“, sagt Félix-Eyoum. Am 7. | |
Oktober, wenn in Ulm** die Umbenennung ansteht, wollten „Hunderte | |
Landsleute“ kommen. Leider sei man in Ulm darauf wohl nicht vorbereitet, so | |
der Großneffe. „Die wollen gar nicht feiern. Das ist für sie nur ein | |
Verwaltungsakt.“ | |
*In der ersten Version hieß es, dass sich „die Geschäftsleute Eduard | |
Schmidt und Johannes Voss, die den Vertrag auf deutscher Seite geschlossen | |
hatten, den lukrativen Zwischenhandel (…) gewaltsam unter den Nagel“ | |
rissen. Das ist missverständlich. Schmidt und Voss waren nicht die | |
Firmen-Eigentümer sondern Angestellte. Zwar handelten sie im Namen der | |
beiden erwähnten Firmen den „Schutzvertrag“ aus, aber ob sie persönlich | |
später dafür sorgten, dass ihre Firmen den Zwischenhandel an sich rissen, | |
ist der Autorin zumindest nicht bekannt. | |
**In der ersten Version des Textes hieß es, am 7. Oktober sei in Aalen die | |
Umbenennung geplant. Dies ist leider falsch, für Aalen gibt es noch keinen | |
Termin. Am 7. Oktober ist zunächst Ulm am Zug. | |
15 Aug 2022 | |
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## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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