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# taz.de -- Islamistischer Terror in Afrika: Nigerias Angst vor dem IS
> Unsicherheit breitet sich aus: In Nigerias Hauptstadt Abuja schließen die
> Schulen, in der Metropole Lagos gilt die höchste Terroralarmstufe.
Bild: Am 6. Juli wurde ein Gefängnis bei Abudja von Boko Haram angegriffen und…
Cotonou taz | Jetzt sind in Nigerias Hauptstadt Abuja sowie im
angrenzenden Bundesstaat Nasarawa auch noch die Schulen dicht. Vergangene
Woche forderte die Stadtregierung alle privaten Betreiber dazu auf, weil es
Hinweise auf mögliche Angriffe durch die Terrorgruppen Boko Haram und ISWAP
(Islamischer Staat in der Westafrikanischen Provinz) gebe.
Neben Abuja als Anschlagsziel ist auch von der Hafenmetropole Lagos die
Rede, Afrikas größter Stadt. Dort rief die Polizei am Wochenende die
höchste Alarmstufe aus und rief alle Bewohner zu erhöhter Wachsamkeit auf.
Abuja galt in den letzten Jahren, seit Boko Haram nach Nordosten
zurückgedrängt wurde, als vergleichsweise sicher. Wie stark sich allerdings
ISWAP mittlerweile aus dem Norden Nigerias ausgedehnt hat, zeigte der
[1][Anschlag auf das Gefängnis in Kuje] am Stadtrand von Abuja Anfang Juli.
Knapp zwei Drittel der fast 1.000 Inhaftierten konnten fliehen. Viele sind
bis heute nicht gefasst worden. Abuja war getroffen wie nie zuvor.
Von der neuen Sicherheitsmaßnahme in Abuja kurz vor den Ferien sind eher
Kinder aus der Mittel- und Oberschicht betroffen, da sich die Masse der
Bevölkerung ein Leben in der Hauptstadt gar nicht leisten kann. Ansonsten
leiden vor allem in den ärmeren Gegenden im Norden Nigerias Mädchen und
Jungen unter terrorbedingten Schulschließungen.
## 2021 wurden mindestens 1.500 Schüler*innen entführt
Im Mai sagte das UN-Kinderhilfswerk Unicef, dass 18,5 Millionen
Schüler*innen in Nigeria keinen Zugang zu Bildung haben, die Mehrheit
davon Mädchen. Seit Dezember 2020 wurden mehr als 11.000 Schulen
geschlossen, meist in entlegenen Dörfern ohne Sicherheitskräfte. Soll der
Unterricht dennoch fortgesetzt werden, sind die Kinder und Jugendlichen
gezwungen, in die Städte zu gehen.
Ziel der Angriffe ist es oft, Menschen zu verschleppen und Lösegeld zu
erpressen. Auch damit finanzieren sich Terrorgruppen. 2021 wurden in
Nigeria mindestens 1.500 Schüler*innen gekidnappt, 16 starben. Dieses
Jahr wurden laut der Sicherheitsfirma SB Morgen allein in der ersten
Jahreshälfte mindestens 3.000 Menschen verschleppt.
Auch spektakuläre Fälle geraten häufig schnell wieder in Vergessenheit.
Dazu gehört der Überfall auf einen Zug zwischen Abuja und Kaduna Ende März.
Die Strecke aus der Hauptstadt in die Millionenstadt knapp 200 Kilometer
nördlich wurde 2016 eingeweiht und galt als sichere Alternative zur
unsicheren Straße. Doch am 28. März wurde ein Zug nach Kaduna nahe Katari
gestoppt. Acht Menschen wurden ermordet, zahlreiche Fahrgäste verschleppt.
Bis heute halten die Entführer laut Medienberichten 43 Personen gefangen.
Ein vor Kurzem veröffentlichtes Video soll zeigen, wie einige Opfer brutal
mit Stöcken verprügelt werden, während sie in Gewahrsam der Kidnapper im
Busch liegen. Nachdem die Aufnahme verbreitet wurde, organisierten
Angehörige in Abuja einen Sitzstreik.
## Landesweite Proteste bleiben diesmal aus
Das monatelange Verschwinden der Bahnreisenden erinnert an die
Verschleppung Hunderter Schülerinnen aus dem Dorf [2][Chibok] durch Boko
Haram im Jahr 2014. Die Massenentführung aus einer weiterführenden Schule
schaffte weltweit einen Eindruck, wie brutal Boko Haram agiert. Bis heute
bleiben mehr als 100 der Chibok-Geiseln verschwunden.
Einigermaßen überraschend war Ende Juli eine Twitter-Nachricht der
nigerianischen Armee, dass Soldat*innen zwei der vermissten Schülerinnen
gefunden haben. Auch Schülerin Leah Sharibu wurde 2018 in Dapchi im
Bundesstaat Yobe verschleppt. Versprechen, sie zu befreien, hat die
Regierung von Präsident Muhammadu Buhari bisher nicht eingehalten.
Unter dem Motto „[3][Bring Back Our Girls]“ hatte die
Chibok-Massenverschleppung Proteste in Nigeria ausgelöst, die dazu
beitrugen, dass der damalige Präsident Goodluck Jonathan 2015 die Wahlen
gegen den seither regierenden Buhari verlor.
Diesmal sorgt die erneute Ausbreitung von Gewalt aber nicht für landesweite
Proteste. Die Demonstrationen im Herbst 2020, als zahlreiche
Nigerianer*innen Willkür und Gewalt durch die Polizei nicht mehr
hinnehmen wollten, sind eine Ausnahme geblieben.
2 Aug 2022
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## AUTOREN
Katrin Gänsler
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