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# taz.de -- Massaker an Pfingsten in Nigeria: 85 Menschen getötet
> In Nigeria sterben beim Angriff auf eine Pfingstmesse Dutzende
> katholische Gläubige. Stecken Angreifer aus dem Fulani-Volk dahinter?
Bild: Die St. Francis-Kirche in Owo, Nigeria, nach dem Angriff
Berlin taz | Am Pfingstsonntag, einem der höchsten christlichen Feiertage,
hat sich der [1][islamistische Terror] in Nigeria spektakulär
zurückgemeldet. In der Stadt Owo im südwestnigerianischen Bundesstaat Ondo
töteten Angreifer während der Pfingstmesse in der katholischen
St-Francis-Kirche Dutzende von Menschen. Die Behörden des Bundesstaates
bestätigten am Pfingstmontag 21 Tote, doch zuvor hatten Ärzte von
mindestens 50 geborgenen Leichen gesprochen und lokale Politiker meldeten
85 Tote.
Als die Messe gerade zu Ende war, warf jemand Sprengstoff in die Kirche;
dann eröffneten Angreifer durch die Kirchenfenster hindurch das Feuer mit
Sturmgewehren. Andere kamen ins Gebäude und schossen, berichteten
Augenzeugen. Nigerias führende Tageszeitung Guardian schrieb: „Es war ein
schrecklicher Anblick mit Toten in der Kirche verstreut, Alte und Junge,
zumeist Frauen und Kinder. Manche Körper waren in Stücke gerissen und ihre
inneren Organe waren über den Boden gespritzt.“ Der Provinzgouverneur von
Ondo, Oluwarotimi Akeredolu, sprach von einem „schwarzen Sonntag“ für
Nigeria.
Einige Berichte machten Angreifer aus dem Fulani-Volk, ursprünglich ein
muslimisches Hirtenvolk, für den Terrorangriff verantwortlich. Das wäre ein
bewährtes Muster in Nigeria. Der mehrheitlich vom Yoruba-Volk besiedelte
Südwesten Nigerias um die Megastadt Lagos ist bisher zwar von den
Terroranschlägen verschont geblieben, die im Zentrum und im Norden des
Landes bereits viele Tausend Menschenleben gefordert haben.
Aus der dicht besiedelten Region um Owo wurden aber zuletzt Spannungen
zwischen der bäuerlichen Landbevölkerung und Fulani-Hirten gemeldet. In
anderen Landesteilen setzen radikale Christen alle Fulani mit
islamistischen Terroristen gleich und jagen sie – eine politisch heikle
Sache, da Nigerias Präsident Muhammadi Buhari selbst Fulani ist.
## Terror zieht vom Norden Nigerias in den Südwesten
Der Anschlag von Owo ereignete sich ausgerechnet am Tag bevor Nigerias
Regierungspartei APC (All Progressives Congress) in der Hauptstadt Abuja zu
ihrem Parteitag zusammentrat, um ihren Kandidaten für die Nachfolge Buharis
bei Nigerias [2][Wahlen 2023] zu bestimmen. Favoriten sind zwei
Südwestnigerianer – der ehemalige Gouverneur von Lagos, Bola Tinubu, und
der amtierende Vizepräsident, Yemi Osinbajo. Das Pfingstmassaker von Owo
zeigt nun, dass nicht nur das Präsidentenamt, sondern auch der Terror vom
Norden Nigerias nach Südwesten ziehen kann.
Die Menschenrechtsorganisation MURIC (Muslim Rights Concern) warnte, der
Angriff zeige, dass die islamistische Terrorgruppe Boko Haram sich in den
Südwesten Nigerias ausgebreitet habe, und rief Buhari dazu auf, auch in
diesem Landesteil die Armee einzusetzen. „Erfahrungsgemäß werden Moscheen
und weitere Kirchen die nächsten Ziele sein, denn so hat es im Norden
angefangen“, warnte die Gruppe. „Wir bitten um Schutz für alle Kirchen und
Moscheen.“
Traditionelle Vertreter des Yoruba-Volkes hingegen werteten den Angriff als
Zeichen dafür, dass es jetzt an der Zeit sei, die Eigenständigkeit des
Yoruba-Landes voranzutreiben. „Wir können nicht in einem Land mit
Charakteren leben, deren Vorstellung von gemeinsamer Staatsbürgerschaft in
Nigeria darin besteht, uns zu vernichten“, so die Yoruba-Sezessionsbewegung
„Oodua Worldwide“. Solche Töne dienen nicht nur der Mobilisierung zu
Racheangriffen, sondern auch als Warnung für Nigeria davor, 2023 keinen
Yoruba zum Präsidenten zu wählen. Afrikas größtes Land steht vor einem
explosiven Wahlkampf.
6 Jun 2022
## LINKS
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[2] /Vorwahlkampf-in-Nigeria/!5853606
## AUTOREN
Dominic Johnson
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