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# taz.de -- Lynchmord an Studentin in Nigeria: Sprachnachricht als Mordmotiv
> Im nigerianischen Sokoto wird eine Studentin gelyncht, weil sie den Islam
> beleidigt haben soll. Die Verhaftung ihrer Mörder löst weitere Unruhen
> aus.
Bild: Lynchstimmung hinter friedlicher Fasasde: Das Shehu Shagari College in So…
Cotonou taz | [1][Randalierende junge Männer] sind am Samstag durch die
Stadt Sokoto im Nordwesten Nigerias gezogen. In der Nähe des Palasts von
Sultan Sa’ad Abubakar, Oberhaupt der muslimischen Gemeinschaft von Nigeria,
sollen sie Brände gelegt haben, außerdem bestätigt die katholische Diözese
von Sokoto auf die katholische Kathedrale der Stadt und eine weitere
Kirche.
Die bekannte nigerianische Bloggerin Linda Ikeji hat ein [2][Foto] von
einer Gruppe von jungen Männern gepostet, die ein Pappschild in die Luft
recken: „Lasst unsere muslimischen Brüder frei. Muslime sind keine
Terroristen“, ist darauf zu lesen.
Die „muslimischen Brüder“ sind zwei junge Männer, die am Freitag nach dem
Mord an der Studentin Deborah Samuel verhaftet wurden. Am Donnerstagmorgen
versuchte sich die junge Frau mithilfe der Hochschulleitung des
Shehu-Shagari-College noch, in einem Raum in Sicherheit zu bringen. Doch
ein wütender Mob zerrte sie aus dem Zimmer und auf den Hof. Die meisten
nigerianischen Zeitungen verschweigen, wie Deborah Samuel getötet wurde.
In sozialen Medien kursieren Videos, deren Echtheit sich nicht überprüfen
lassen: die Studentin wird geschlagen, gesteinigt. Als ihr Körper leblos
auf dem Boden liegt, stapeln junge Männer drei Autoreifen über sie. In die
wackelige Handy-Kamera zeigt jemand eine Schachtel Streichhölzer. Im
Hintergrund sind Allahu-Akbar-Rufe (Gott ist groß) zu hören.
## Gouverneur verhängt Ausgangssperre
Auslöser für den Lynchmord soll eine Sprachnachricht in einer
WhatsApp-Gruppe gewesen sein. In der Gruppe, in der sich Studierende
ausgetauscht hatten, soll sie sinngemäß auf Hausa, der am meisten
verbreiteten Sprache im Norden Nigerias, gesagt haben: Diese Gruppe wurde
für den Austausch über Termine und Prüfungen geschaffen, aber nicht für
„nonsense religious posts“. Das und möglicherweise schon vorherige
Sprachnachrichten empfanden andere als Gotteslästerung.
Nach der Ermordung Samuels randalierten Studierende weiter auf dem Campus.
Am Samstag verhängte Gouverneur Aminu Tambuwal eine vorerst 24-stündige
Ausgangssperre.
Landesweit ist der Lynchmord scharf verurteilt worden. Nigerias Präsident
Muhammadu Buhari ließ durch einen Sprecher betonen, dass die Ermordung
„besorgniserregend“ sei. Alle Zusammenhänge müssten unparteiisch und
umfassend untersucht werden. Auch sei es nicht das Recht von Gläubigen, das
Verhalten einer anderen Person zu beurteilen.
## Lynchmorde „gehören in die Steinzeit“
Lynchmorde würden in die Steinzeit gehören, sagte Ishaq Akintola, Direktor
der muslimischen Gruppierung Muric, die in den vergangenen Jahren immer
wieder scharf gegen christliche Bewegungen gewettert hat.
Während in Nigerias Süden überwiegend Christ*innen leben, ist der Norden
muslimisch geprägt. In zwölf Bundesstaaten gilt die Scharia. Unruhen nach
angeblicher Prophetenbeleidigung und Gotteslästerung gab es schon öfter.
2016 wurden im Bundesstaat Niger vier Personen getötet, weil sich ein
christlicher Händler angeblich abfällig über Prophet Mohammed geäußert
hatte.
Auch haben Scharia-Gerichte harte Strafen wegen Blasphemie verhängt. 2020
sollte Yahaya Sharif-Aminu für ein Lied, das er in einer WhatsApp-Gruppe
geteilt hatte, mit dem Tod bestraft werden. Dieses Urteil ist zwar
aufgehoben worden. Nach derzeitigem Stand kann das Verfahren aber erneut
aufgenommen werden.
15 May 2022
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=GNWtOZotsvQ
[2] https://www.lindaikejisblog.com/2022/5/blasphemy-sokoto-youths-stage-protes…
## AUTOREN
Katrin Gänsler
## TAGS
Nigeria
Islam
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Schwerpunkt Islamistischer Terror
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