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# taz.de -- Das Ende von „Nachsitzen“: Über das Dasein als Kolumnistin
> Kolumnist*innen werden als Aushängeschild des Mediums wahrgenommen.
> Gleichzeitig bekommen sie in der Regel aber wenig Lohn und Schutz.
Bild: Nach drei Jahren beendet Melisa Erkurt ihre Kolumne bei der taz
Bitte nicht bei mir beschweren, wenn euch was beim Spiegel nicht passt. Ich
hab da nix zu melden, also ich bin da nur freie Autorin und das ist in der
Hierarchie auch nur knapp über Leserbriefschreiber“, [1][twitterte die
Autorin und Spiegel-Kolumnistin Margarete Stokowski] einmal.
Kolumnist*innen sind in der Regel nicht bei dem Medium angestellt, für
das sie schreiben, sie genießen also keine positiven Aspekte eines
Anstellungsverhältnisses, keine Sicherheit, keinen Schutz und müssen auch
im Urlaub liefern. Gleichzeitig werden sie von Leser*innen als das
Aushängeschild des Mediums wahrgenommen, denn im Gegensatz zu den
Berichten, Reportagen und Interviews der anderen Redakteur*innen, ist neben
ihrem Text ihr Foto abgebildet und die Kolumnist*innen vertreten meist
kontroverse Meinungen, die in Erinnerung bleiben und für die sich die
anderen Journalist*innen zu objektiv halten, obwohl sie natürlich
genauso starke Meinungen haben, die nur subtiler einfließen lassen, wie in
der Wahl ihrer Interview-Partner*innen oder Themen.
Kolumnist*innen werden eher schlecht bezahlt und kriegen ziemlich viel
Hass ab. Die Redaktionen profitieren von den Klicks, die ihnen die starken
Meinungsstücke bringen, können sich im Ernstfall aber gleichzeitig von den
Kolumnist*innen distanzieren. Weil Kolumnist*innen immer in
denselben regelmäßigen Abständen einen neuen, innovativen Text und Take
liefern müssen, werden sie oft persönlich. Dieser Drang, in regelmäßigen
Abständen und innerhalb der immer gleichen Zeichenanzahl stets etwas Neues
bringen zu müssen, verleitet manche dazu, polemisch und verallgemeinernd zu
werden – nicht selten zulasten marginalisierter Gruppen.
## Die meisten schreiben Kolumnen aus Existenzgründen
Ich wage aus Mangel an neuen Ideen jetzt auch einmal eine steile These
zulasten einer von manchen mittlerweile als marginalisiert angesehenen
Gruppe: Nur weiße, wohlhabende Männer schreiben eine Kolumne des Prestiges
wegen, der Rest macht es aus Existenzgründen. Viele Kolumnist*innen
sind Freiberufler*innen, die von regelmäßigen Honoraren abhängig sind.
[2][Ich habe an dieser Stelle fast drei Jahre] lang jede dritte Woche und
gleichzeitig für eine österreichische Wochenzeitung jede Woche eine Kolumne
geschrieben. Ich musste also nicht nur darauf achten, Themen von anderen
nicht wiederzukäuen, sondern auch meine eigenen nicht. Ich weiß schon, ich
spreche gerade aus einer sehr privilegierten Situation heraus und gerade
als Arbeiter*innenkind konnte ich mein Glück lange nicht fassen, nicht
so schuften zu müssen wie meine Eltern und ein Publikum zu haben, das sich
für meine Worte interessiert.
Aber um welchen Preis? Möchte ich wirklich ständig Meinung von mir
preisgeben, die für immer im Internet bleibt, selbst wenn ich sie mal
ändern sollte und somit nicht mehr mir gehört? Für mich zahlt sich das
nicht mehr aus. Danke fürs Lesen – machen Sie es gut.
8 Aug 2022
## LINKS
[1] https://twitter.com/marga_owski/status/1523739671129640960?s=20&t=0T9Ak…
[2] /Kolumne-Nachsitzen/!t5622131
## AUTOREN
Melisa Erkurt
## TAGS
Kolumne Nachsitzen
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