# taz.de -- Aus für „BerlKönig“: Nett, aber verzichtbar | |
> Der BerlKönig ist tot, es lebe der Rufbus: Ein Service für Berlins | |
> Außenbezirke und Mobilitäts-Eingeschränkte macht viel mehr Sinn. | |
Bild: Tschüs BerlKönig – durch Nacht und Wind reiten jetzt wieder andere | |
1,85 Millionen, ist das viel? Kommt drauf an. Zum Beispiel hat der in | |
dieser Woche eingestellte [1][Ridepooling]-Service „BerlKönig“ in den | |
gesamten vier Jahren seiner Existenz 1,85 Millionen Fahrgäste befördert. | |
Klingt eigentlich ganz gut. Den Blick jetzt auf BVG und S-Bahn zu lenken, | |
die dasselbe Pensum an einem halben Tag erledigten, ist natürlich auch nur | |
halb seriös. Aber es rückt einmal die Dimensionen grade. | |
Waren die – physisch von FahrerInnen und digital von einem Algorithmus | |
gesteuerten – Kleinbusse ein Erfolg? Viele fanden das [2][schon früher | |
öfters totgesagte Zusatzangebot], das die BVG zusammen mit dem privaten | |
Dienstleister ViaVan auf die Straße gebracht hatte, ganz nett. Viele andere | |
haben es nie genutzt und konnten das großenteils auch gar nicht, weil es | |
auf die östliche Innenstadt beschränkt war, abgesehen von Sondereinsätzen | |
im Corona-Lockdown. | |
Ein offenes Geheimnis ist, dass sich das Ganze nie auch nur ansatzweise | |
gerechnet hat, obwohl die Fahrten gar nicht mal so billig waren (billiger | |
als ein Taxi aber meistens schon). Wie viel der Co-Betreiber ViaVan genau | |
zugeschossen haben, veröffentlicht dieser nicht, aber die Rede war von 43 | |
Millionen Euro, die das Land hätte jährlich zuschießen müssen, wäre der | |
BerlKönig fortgeführt und auf ganz Berlin ausgeweitet worden. Angesichts | |
der ohnehin teuren Mobilitätswende sahen die meisten VerkehrspolitikerInnen | |
darin keinen Sinn. | |
Für ViaVan hat sich das kostspielige Experiment aber offenbar gelohnt: Das | |
Startup hat die Ausschreibung des Rufbusses gewonnen, der ab Herbst | |
anfänglich in Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick | |
Fahrgäste einsammelt und zum nächsten Bahnhof oder – was deutlich mehr | |
kostet – an ein Wunschziel bringt. Auch die „Alternative Barrierefreie | |
Beförderung (ABB) betreut ViaVan. Dabei handelt es sich um ein Angebot für | |
Menschen mit eingeschränkter Mobilität, das etwa zum Einsatz kommen soll, | |
wenn an einer U-Bahn-Station der Fahrstuhl ausgefallen ist. | |
## Das füllt echte Lücken | |
13 Millionen Euro hat die Koalition für Rufbus und ABB in diesem und dem | |
kommendem Jahr in den Haushalt eingestellt. Gut angelegtes Geld, möchte man | |
sagen: Denn im Gegensatz zu einem On-Top-Service wie dem BerlKönig, der in | |
der ohnehin gut vernetzten Innenstadt auch noch mit Diensten wie Uber | |
konkurrierte, füllen die beiden Neuen durchaus schmerzliche Lücken. | |
Denn wer im dünn besiedelten Außenbezirk erst einen weiten Weg zur | |
Haltestelle oder zum Bahnhof zurücklegen muss, wo dann der Fahrplan auch | |
nicht gerade üppig bestückt ist, den gewinnt man nicht so leicht als | |
ÖPNV-Stammkunden. Und wer auf Barrierefreiheit angewiesen ist, der guckt | |
derzeit oft genug in die Röhre oder fährt gleich Auto. Hier kann | |
Ridepooling zeigen was es kann – und der Verkehrswende auf die Räder | |
helfen. | |
23 Jul 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Ridepooling | |
[2] /Berliner-Rufbus-vor-dem-Aus/!5665069 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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