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# taz.de -- Frauenbildungsstätte nach der Flut: Eine Katastrophe nach der ande…
> Sturm, Lockdown und dann noch die Flut: Das Kollektiv lila_bunt hat seit
> der Übernahme der Frauenbildungsstätte nur Krisenjahre erlebt.
Bild: Der überflutete Hof der Frauenbildungsstätte „lila_bunt“ in Zülpich
Zülpich taz | „Erst kam ein Sturm, dann die Pandemie und jetzt die
Flutkatastrophe“, fasst Linda Kagerbauer die letzten drei Jahre in der
Frauenbildungsstätte in Zülpich zusammen. Kagerbauer ist Mitglied des
queer-feministischen Kollektivs lila_bunt, dass 2019 die Leitung des
Bildungshauses übernommen hat.
Die Bildungsstätte hatte gerade erst nach [1][dem Lockdown] wiedereröffnet,
als [2][die verheerende Flut] das Haus in eine Baustelle verwandelte. „Aus
dem kleinen Bach, der vor dem Bildungshaus fließt, wurde in der Flutnacht
ein reißender Fluss, der den gesamten Innenhof flutete“, erzählt Sinah
Klockemann, ebenfalls lila_buntes Mitglied. Der entstandene Schaden beläuft
sich auf eine knappe halbe Millionen Euro.
Das lila_bunt, wie die Tagungsstätte seit der Übernahme heißt, hat einst,
mitten auf dem Land in Nordrhein-Westfalen, feministische Geschichte
geschrieben. 1979 kamen zwanzig Kölner Student*innen mit der Vision nach
Zülpich, die erste feministische Bildungsstätte Deutschlands – von Frauen
für Frauen – zu gründen.
Kurzerhand übernahmen sie einen alten Bauernhof, bauten ihn nach
nachhaltigen Standards um. Ein Erfolgsmodell. Mehr als 50.000 Menschen
reisten seitdem für feministische Seminare in das kleine Dorf an.
Vergleichbare Projekte in anderen ländlichen Regionen Deutschlands
scheiterten, unter anderem an der ablehnenden Haltung der lokalen
Bevölkerung.
## Queer-feministische Handwerker*innen am Werk
Auch in Zülpich herrschte zunächst Skepsis gegenüber dem ersten weiblich
geführten Bildungshaus der Bundesrepublik. „Anfangs war es für die lokale
Dorfbevölkerung wohl sehr gewöhnungsbedürftig, Frauen zu sehen, die
beispielsweise ihre Kinder in der Öffentlichkeit stillen“, sagt Klockemann.
„Dabei war es eine bewusste Entscheidung, im ländlichen Raum eine
feministische Bewegung und queeres Leben sichtbar zu machen“, ergänzt
Kagerbauer.
Auch wenn sich die Dorfbevölkerung im Laufe der Jahrzehnte an die
Feminist*innen von nebenan gewöhnt haben, löste der Generationenwechsel
2019 noch einmal Vorbehalte aus. „Die Vorgänger*innen hatten nicht mehr
viel Aufsehen erregt, weil es vor allem ältere, weiße Frauen waren.“ Das
änderte sich mit dem Einzug des lila_bunten Kollektivs.
Klockemann berichtet, dass es Fälle von Transfeindlichkeit und Rassismus
auf dem Weg in die Bildungsstätte gab. „Um den Ort sicher zu halten, machen
wir unsere Inhalte zwar öffentlich, aber vor Ort auch hinter geschlossenen
Türen.“
## Bundesweite Anreise, um mitzuhelfen
Als die Flut das grüne Eingangstor der Bildungsstätte zerstört, gab es
keine Türen mehr. „Die gesamte Nachbarschaft hat sich gegenseitig total
unterstützt.“ Auch die damaligen Gründerinnen eilten nach der Flut nach
Zülpich, um mitzuhelfen.
Es reisten außerdem Menschen aus ganz Deutschland an, darunter auch viele
queer-feministische Handwerker*innen, die auch im restlichen Dorf
mitangepackt haben. „Die Flut hat Menschen zusammengebracht, die sich an
diesem Ort vielleicht gar nicht getroffen hätten. Durch das gemeinsame
Schuttschippen sind Beziehungen entstanden, die wahrscheinlich kein
Theorieseminar der Welt entstehen lassen hätte.“
Es waren vor allem die vielen privaten Spenden, die dabei halfen, das
zerstörte Haus wiederaufzubauen. An einigen staatlichen Fluthilfen ist das
Kollektiv bislang gescheitert, die Anträge seien zu bürokratisch. Nun, ein
Jahr nach der Flut, hat das lila_bunt wieder seine grüne Pforte für
Tagungsgäste geöffnet. „Das Schönste wäre, wenn das lila_bunt jetzt erst
mal eine Weile geöffnet bleibt.“
15 Jul 2022
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Coronavirus/!t5660746
[2] /Erster-Jahrestag-der-Flutkatastrophe/!5864295
## AUTOREN
Sonja Smolenski
## TAGS
Frauenhäuser
Feminismus
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Flutkatastrophe in Deutschland
Katastrophenschutz
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