# taz.de -- Frauenfinale in Wimbledon: Politisches Rasentennis | |
> Eine Moskauerin, die für Kasachastan spielt, gewinnt das Turnier in | |
> Wimbledon. Als Russin hätte sie nicht antreten dürfen. | |
Bild: Küsschen: Elena Rybakina mit dem Siegerinnenteller von Wimbledon | |
Die Geschichte war vor dem Finale der Frauen in Wimbledon doch eigentlich | |
schon geschrieben. Sie galt [1][Ons Jabeur], der Favoritin aus Tunesien, | |
der ersten Frau aus dem arabischen Raum in einem Grand-Slam-Finale. Doch | |
sie hat verloren – gegen Elena Rybakina. Nach deren 3:6, 6:2, 6:2-Erfolg | |
über Jabeur stand fest, dass zum ersten Mal eine Kasachin in Wimbledon | |
gewinnen konnte. | |
Eine Kasachin? Schön wär’s – werden sich die Turnierorganisatoren des All | |
England Lawn Tennis and Crocket Clubs gedacht haben. Denn Rybakina wurde | |
1999 in Moskau geboren als Tochter waschecht russischer Eltern. | |
Und [2][Spielerinnen aus Russland und Belarus waren ja ausdrücklich nicht | |
erwünscht] beim edlen Rasenturnier von Wimbledon. Eine sportliche Sanktion | |
war das wegen des russischen Kriegs gegen die Ukraine. Und nun hat eine | |
gewonnen, die bis 2018 für Russland gespielt hat, die beim kasachischen | |
Verband Aufnahme gefunden hat, nachdem man in Russland nicht mehr an ihr | |
Talent geglaubt hat. Wie sagt man so schön? Ausgerechnet. So bemerkenswert | |
ist wohl selten eine Sanktion auf sportlichem Wege verpufft. | |
## Auch schon unter kasachischer Flagge für Olympia am Start | |
Natürlich musste sich Rybakina Fragen zu ihrer russischen Herkunft stellen. | |
Und immer wieder sagte sie, dass sie ja nun Kasachin sei, dass sie | |
Länderkämpfe für Kasachstan bestritten habe, dass sie unter kasachischer | |
Fahne bei Olympia angetreten sei. Und während sie alles tat, um nichts über | |
Russland, Wladimir Putin oder den Krieg gegen die Ukraine zu sagen, | |
posaunte Schamil Tarpischtschew, der Präsident des russichen | |
Tennisverbands, dass Rybakina „Produkt Russlands“ sei. | |
Und natürlich meldete sich auch wieder eine Duma-Abgeordnete zu Wort. | |
Swetlana Schurowa, Eisschnelllauf-Olympiasiegerin von 2006 und für die | |
Partei Einiges Russland im Parlament, meinte: „Wir drücken allen, die | |
früher zur UdSSR gehörten, die Daumen. Wenn wir aus welchem Grund auch | |
immer nicht überzeugen können, feuern wir Kasachstan, Weißrussland und | |
andere an.“ Die Sowjetunion, soso. In Wimbledon ist schon lange nicht mehr | |
so politisch gespielt worden. | |
Ein politisches Spiel dürfen natürlich nicht alle spielen. Als Aktivisten | |
mit T-Shirts auf der Anlage aufkreuzten, auf denen die Fragen „Where is | |
[3][Peng Shuai]?“ aufgedruckt war, hat man sie des Courts verwiesen. Nach | |
dem Wohlergehen einer chinesischen Spielerin, die in Wimbledon mal im | |
Doppelwettbewerb gewonnen hat, zu fragen, über deren Schicksal gerätselt | |
wird, seit sie einen hohen KP-Funktionär der Vergewaltigung bezichtigt hat, | |
das war dann wohl doch zu politisch. | |
10 Jul 2022 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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