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# taz.de -- Bundestag sagt Ja zu Nato-Erweiterung: Grünes Licht für Nordländ…
> Der Bundestag stimmt für den Nato-Beitritt von Finnland und Schweden. Nur
> die Linksfraktion votiert dagegen – wegen des Deals mit der Türkei.
Bild: Der Bundestag am Freitag: Abstimmung zum Beitritt Schwedens und Finnlands…
Berlin taz | Mit breiter Mehrheit hat der Bundestag grünes Licht für die
Aufnahme Finnlands und Schwedens in die Nato gegeben. Bei der Abstimmung am
Freitag votierte nur die Linksfraktion gegen das entsprechende Gesetz zur
Ratifizierung des Beitritts.
„Wir erleben, wie europäische Geschichte geschrieben wird“, sagte
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) in der
Plenumsdebatte. „Der historische Schritt von Finnland und Schweden stärkt
die Nato und damit uns alle.“ Sie verwies darauf, dass die beiden
nordischen Länder dadurch Jahrhunderte alte Traditionen aufgeben.
Bislang sei ihre Neutralität „Staatsräson und stolze diplomatische Praxis“
gewesen. Von so einer grundsätzlichen Überzeugung verabschiede man sich
nur, wenn etwas wirklich Einschneidendes geschehen sei. „Der brutale
Angriffskrieg Putins auf die Ukraine ist ein solches einschneidendes
Ereignis“, sagte Lambrecht.
Sowohl die Redner:innen der Regierungs- als auch der beiden größeren
Oppositionsfraktionen sprachen sich unisono für den Nato-Beitritt Finnlands
und Schwedens aus. Die deutsche Zustimmung sei ein „wichtiges Signal an
Russland, dass wir es nicht dulden, dass zwei Oststeepartner bedrängt und
erpresst werden“, sagte der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende
Johann Wadephul.
Die Sicherheit im Ostseeraum werde „durch den Beitritt der beiden Länder
enorm ansteigen“, sekundierte der Vize-FDP-Fraktionschef Alexander Graf
Lambsdorff. Angesichts der angespannten Sicherheitslage in Europa bestehe
zwar kein Anlass zum Jubel, „zu einem realpolitischen Willkommen schon“,
sagte der AfD-Ehrenfraktionschef Alexander Gauland.
Von der Bundestagsdebatte gehe die „klare Botschaft“ aus, dass Finnland und
Schweden „sowas von herzlich Willkommen sind in unserem
Verteidigungsbündnis“, verkündete die stellvertretende
Grünen-Fraktionsvorsitzende Agnieszka Brugger. Darüber könne auch der
„irrlichternde Beitrag“ Gregor Gysis nicht hinwegtäuschen.
## Streit über Deal Finnlands und Schwedens mit der Türkei
Gysi hatte unmittelbar vor der Grünen die Ablehnung der Linksfraktion
begründet. Angesichts der russischen Aggression müsse zwar das
Sicherheitsbedürfnis von Finnland und Schweden respektiert werden, sagte
der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion. Deswegen hätte er trotz
seiner grundsätzlich kritischen Haltung gegenüber der Nato eigentlich eine
Enthaltung empfehlen wollen.
Doch das sei aufgrund der schriftlichen Zusagen Finnlands und Schwedens an
die Türkei zu Lasten der Kurd:innen und türkischer
Regierungsgegner:innen nun nicht mehr möglich. „Erdogan wird noch
dreister werden nach seinem Erfolg“, sagte Gysi. Der Preis, der an die
Türkei gezahlt werden müsse, sei „zu hoch“.
Der SPD-Abgeordnete Michael Roth wies die Vorwürfe Gysis schroff als
„abenteuerlich“ zurück. „Die Gregorschen Märchenstunden sind immer wied…
unterhaltsam“, kanzelte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses seinen
linken Parlamentskollegen ab. Finnland und Schweden seien „ein Leuchtfeuer
der Freiheit, der Menschenrechte und der Demokratie“. Deswegen sei es
„völlig inakzeptabel“, empörte sich Roth, diesen Staaten zu unterstellen,
sie würden internationales oder europäisches Recht schleifen, „weil es eine
Vereinbarung mit Herrn Erdogan gibt“.
## Schwierige Beitrittsverhandlungen
Ganz so einfach ist es indes nicht. Zur Verärgerung der anderen Alliierten
hatte die türkische Regierung zunächst den Start des Beitrittsprozesses
mehrere Wochen herausgezögert. Sie begründete dies unter anderem mit der
angeblichen Unterstützung Schwedens und Finnlands von Organisationen wie
der kurdischen Arbeiterpartei PKK, der syrischen Kurdenmiliz YPG und der
Gülen-Bewegung. Zudem warf die Türkei ihnen vor, Waffenlieferungen an
Ankara gestoppt zu haben.
Erst als beide Länder in der vergangenen Woche [1][am Rande des
Nato-Gipfels in Madrid in einem trinationalen Memorandum der Türkei
zusicherten], auf mehrere ihrer zentralen Forderungen einzugehen, gab diese
den Widerstand gegen den Start des Aufnahmeverfahrens auf.
Allerdings droht Präsident Recep Tayyip Erdogan weiterhin damit, dass er
die Beitrittsprotokolle dem Parlament nicht zur Ratifizierung vorlegen
werde, wenn Schweden und Finnland nicht ihr Wort hielten. Konkret nannte er
dabei beispielsweise ein angebliches Versprechen Schwedens, mehr als 70
„Terrorist:innen“ auszuliefern.
## Linkspartei folgt schwedischer Schwesterpartei
„Das vermeintliche Mehr an Sicherheit für zwei Länder wurde auf Kosten der
Menschen in den kurdischen Gebieten und türkischer Oppositioneller
erkauft“, sagte die Linksparteivorsitzende Janine Wissler der taz. Erdogan
habe dem Beitritt von Schweden und Finnland nur zugestimmt, weil ihm im
Gegenzug Waffenlieferungen, erleichterte Ausweisungen Oppositioneller und
ein Ende der Unterstützung der YPG und Rojava zugesagt worden seien. „Das
halten wir für skandalös“, sagte Wissler.
Sie verwies darauf, dass die Linke mit ihrem Abstimmungsverhalten im
Bundestag der Linie ihrer Schwesterpartei in Schweden gefolgt sei. „Im
schwedischen Parlament haben Linke und Grüne gegen den Nato-Beitritt
gestimmt“, sagte Wissler der taz.
Nach Auskunft Wisslers hat es im Vorfeld der Bundestagsdebatte auch einen
intensiven Austausch mit den finnischen Genoss:innen gegeben. Die sind
inzwischen von ihrer traditionellen Anti-Nato-Haltung abgerückt und haben
mehrheitlich für den Beitritt ihres Landes zum transatlantischen Bündnis
gestimmt.
8 Jul 2022
## LINKS
[1] /Nato-Beitritt-von-Finnland-und-Schweden/!5864582
## AUTOREN
Pascal Beucker
## TAGS
Gregor Gysi
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