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# taz.de -- Webb-Teleskop sendet erste Aufnahmen: „Bilder übertreffen Erwart…
> Am Himmel ist Revolution. Mit den ersten Bildern des James-Webb-Teleskop
> werden einmalige Blicke in die Frühzeit des Universums möglich.
Bild: Im Nasa-Jet-Propulsion-Laboratory in Pasadena werden die ersten Webb-Bild…
Die Astronomen geben ihren fliegenden Teleskopen gern menschliche Namen.
[1][Das Hubble-Weltraumteleskop,] von der Nasa und der europäischen
Weltraumbehörde ESA entwickelt und seit 1990 in Betrieb, ist nach dem
US-amerikanischen Astronomen Edwin Hubble benannt. Der Namensgeber für
seinen Nachfolger, das James Webb Space Telescope (JWST), ist der frühere
Nasa-Administrator James Edwin Webb.
In der Fachwelt war die Namensgebung nicht ganz unumstritten, denn der 1992
gestorbene James Webb war im Weltraumgeschäft lediglich als Manager, aber
nicht als Wissenschaftler tätig. Er soll in seiner in seiner Funktion als
oberster Nasa-Chef während der McCarthy-Ära zudem Mitarbeiter aufgrund
ihrer homosexuellen Orientierung entlassen haben, lautet ein Vorwurf.
Das JWST wurde als ein Gemeinschaftsprojekt der Nasa, der ESA und der
kanadischen Weltraumbehörde CSA rund 30 Jahre lang entwickelt und kostete
bislang rund 10 Milliarden Dollar (rund 8,8 Milliarden Euro). Am ersten
Weihnachtsfeiertag 2021 wurde es ins All gestartet und erreichte zum 24.
Januar 2022 seine 180 Tage dauernde Umlaufbahn um den etwa 1,5 Millionen
Kilometer von der Erde entfernten sogenannten zweiten Lagrange-Punkt.
In dieser Position trifft die für die Beobachtung störende
Infrarotstrahlung von Sonne, Erde und Mond aus der gleichen Richtung auf
das Teleskop und kann wirksam abgeschirmt werden. Zudem sind, im
Unterschied zu einem niedrigen Erdorbit wie bei Hubble, das in etwa 550
Kilometern Höhe um die Erde kreist, lange ununterbrochene Belichtungs- und
Beobachtungszeiten möglich. Noch ein Pluspunkt: die Begegnung mit störendem
Weltraumschrott entfällt.
Das James-Webb-Teleskop ist kein optisches Fernglas, sondern detektiert die
Infrarotstrahlung aus dem Weltall und benutzt dafür einen riesigen
Hauptspiegel mit einem Durchmesser von 6,5 Metern und mit vergoldeter
Oberfläche. Das JWST kann damit Wellenlängen im Bereich von 0,6 bis 28
Mikrometern untersuchen. Besonders weit entfernte Sterne und Galaxien
strahlen in diesem langwelligen Spektrum.
## Spiegel zusammensetzen, weil alles andere zu groß ist
Da es für die Raketentechniker nicht möglich war, einen Spiegel dieser
Größe in einem Stück ins All zu hieven, wurde er in 18 kleinere
Spiegelsegmente mit einem Durchmesser von jeweils 1,3 Metern zerlegt. Damit
die Teile dann doch wie ein einziger großer Spiegel wirken, müssen sie sehr
präzise ausgerichtet sein, nämlich bis auf 50 Nanometer genau, dem
Tausendstel Durchmesser eines menschlichen Haars. Nach einem Monat waren
die 18 Teile so zusammengefügt, dass sie wie ein ganzer Spiegel arbeiten
konnten. Dem Zusammensetzen schloss sich das Herunterkühlen und die
Inbetriebnahme der vier komplexen „Fokalinstrumente“ an.
Anfang Juni gab die Nasa bekannt, dass mehrere Mikrometeoriten den Spiegel
des JWST getroffen hatten. Das größte Objekt sei in ein Segment des
Hauptspiegels eingeschlagen und habe es beschädigt. Dennoch arbeite das
James-Webb-Teleskop noch auf einem Niveau, „das alle Anforderungen der
Mission übertreffe“, so die Nasa.
Im Infrarotbereich ist das JWST etwa hundertmal empfindlicher als das
Hubble-Teleskop. Für die Astronomen stehen vor allem drei Themen im
Vordergrund, die durch die empfindlichen Infrarotbeobachtungen erstmalig
möglich werden: die Suche nach Biomolekülen in den Atmosphären extrasolarer
Planeten, die Untersuchung tief in Gas und Staub versteckter
Sternentstehungsgebiete sowie die Fahndung nach dem ersten Licht im
Universum, das möglicherweise von der ersten Generation von Sternen und
Schwarzen Löchern 50 bis 300 Millionen Jahre nach dem [2][Urknall] stammt.
Vor zehn Tagen veröffentlichte die Nasa dann erste Bilder, die aus den
JWST-Daten generiert wurden – und nicht nur die Fachwelt war begeistert.
Auch nichtwissenschaftliche Himmelsgucker staunten über die Farbenvielfalt
und Dramaturgie der kosmischen Vorgänge um das Entstehen und Vergehen von
Sternen und Galaxien. Die Leiterin eines Observatoriums, das an der
Datenauswertung beteiligt ist, postete auf einer Social-Media-Plattform:
„Wir trinken aus einem Feuerwehrschlauch …“ Das James-Webb-Teleskop
liefere derzeit so viele Bilder und Daten, dass die Forscher gar nicht
hinterher kommen, sie alle zu verarbeiten.
## Weitere Indiz, dass außerirdisches Leben entstehen kann
Ein Bild zeigt die Spiralgalaxie Messier 74, die sich rund 32 Millionen
Lichtjahre von der Erde entfernt befindet. Der kosmische Nebel in
verschiedenen Lilatönen formt sich zu riesigen Armen einer Spirale, in
deren Zentrum ein hell leuchtender Punkt aufscheint. Weitere Aufnahmen
zeigen den Galaxienhaufen SMACS 0723 oder den Eta-Carinae-Nebel, eine
Region der Sternentstehung in unserer Milchstraße.
Eine Aufnahme gibt das Spektrum der Atmosphäre eines Planeten wieder, der
einen fernen Stern umkreist. Die Wissenschaftler hat dabei elektrisiert,
dass sich in der Lufthülle dieses Exoplaneten im aufgefächerten Licht unter
anderem Spuren von Wasserdampf finden. Ein weiteres Indiz für die
physikalischen Grundlagen zur Entstehung außerirdischen Lebens.
Auch das deutsche Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg
ist über die Nutzung von zwei Instrumenten beteiligt: das Instrument Miri
für Aufnahmen im mittleren Infrarotbereich und der Kalibrationskamera des
Spektrografen NIRSpec. MPIA ist ein führender Partner in dem
Zusammenschluss von europäischen Instituten, die das Miri-Instrument gebaut
haben, und hat außerdem wichtige Bauteile zu NIRSpec beigetragen.
## Neues Teleskop führt zum Durchbruch
„Nach Jahren intensiver Arbeit am Miri-Instrument konnten wir jetzt
zusammen mit den anderen Instrumenten ein Bild der Großen Magellanschen
Wolke erhalten, welches die exzellente Abbildungsqualität zeigt, die das
Teleskop erreicht“, erklärte MPIA-Direktor Thomas Henning. Auf die neuesten
Bilder sei man sehr gespannt.
„Viele Dinge, die wir dann sehen werden, können wir nur mit dem
James-Webb-Teleskop sehen, denn die Empfindlichkeit für diese Beobachtungen
ist um einen Faktor von tausend bis zehntausend besser als von der Erde
aus“, so Henning. Das verspreche „große Durchbrüche in der
Infrarot-Astronomie“.
„Die Bilder übertreffen alle Erwartungen“, sagt Helmut Hornung. Der
Max-Planck-Wissenschaftsredakteur rechnet mit weiteren spektakulären
Aufnahmen: „Das setzt natürlich voraus, dass das Teleskop gesund bleibt und
keine technischen Defekte auftreten“.
Die Technik sei unglaublich komplex, allein die Kühlung der
wissenschaftlichen Instrumente verlange einen großen Aufwand. Hornung: „So
müssen die Instrumente für ihre einwandfreie Funktion stabil und permanent
im Temperaturbereich von minus 266 bis minus 223 Grad Celsius gehalten
werden“.
22 Jul 2022
## LINKS
[1] /Neues-Nasa-Weltraumteleskop/!5499791
[2] /Voyager-2-am-Rand-der-Heliosphaere/!5636614
## AUTOREN
Manfred Ronzheimer
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