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# taz.de -- Forstwirt über Waldbrandgefahr: „Nur aus Hitze entsteht kein Bra…
> Ursache für die meisten Waldbrände ist menschliche Fahrlässigkeit.
> Besonders anfällig sind Nadelholzforste, erklärt der Forstwirt Raimund
> Engel.
Bild: Waldbrand Mitte Juli in Thiendorf nördlich von Dresden
Die Deutschlandkarte des Deutschen Wetterdienstes, die den
Waldbrandgefahrenindex abbildet, ist am Mittwoch in weiten Teilen tiefrot:
In Brandenburg, aber auch in Teilen Bayerns, Baden-Württembergs,
Mecklenburg-Vorpommerns, Niedersachsens, Schleswig-Holsteins oder
Sachsen-Anhalts gilt die höchste Gefahrenstufe. Das hat kaum einer so gut
vor Augen wie Raimund Engel, Forstwirt und Waldbrandschutzbeauftragter des
Landes Brandenburg. Denn nirgendwo anders in Deutschland brennt es in den
Wäldern so oft wie in Brandenburg. „Ab mittags habe ich keine Zeit mehr“,
sagt Engel am Telefon. Bis 11 Uhr etwa sei Ruhe, dann gehe es mit den
Bränden wieder los, derzeit jeden Tag.
taz: Herr Engel, was mache ich, wenn ich einen Waldbrand entdecke?
Raimund Engel: Sie rufen sofort den Notruf – die 112. Am besten geben Sie
dann den Ort an, wo es brennt, so genau wie möglich. Es hilft nicht, wenn
Sie sagen, hier riecht es nach Rauch. Die Feuerwehr leitet Ihre Nachricht
dann an uns, an die Waldbrandzentralen in Brandenburg weiter, fragt: „Habt
ihr da was – und wo?“ Wir scannen die Landschaft dann noch mal ab.
Das muss schnell gehen – wie funktioniert das?
Wir haben auf ehemaligen Wachtürmen und auf Mobilfunkmasten Kameras
installiert, sodass der gesamte Wald Brandenburgs von oben überwacht werden
kann. Das haben angrenzende Bundesländer auch. Die Kameras drehen sich
ständig um 360 Grad, dabei machen sie alle 10 Grad mehrere Fotos. Die
Aufnahmen laufen ständig in den Waldbrandzentralen ein. Dort sitzen
Mitarbeiter vor vielen Monitoren. Jeder hat die Fotos von 12 Kameras im
Blick.
Die werten die Bilder permanent aus?
Die Kameras, wir nennen Sie Sensoren, sind mit einer intelligenten Software
verknüpft, sodass sie automatisch melden, ob eine Rauchwolke über den
Bäumen aufsteigt. Das lässt sich an der Farbe, der Form und daran erkennen,
wie schnell die Wolke aufsteigt. Wenn die Software selbst etwas erkannt
hat, taucht auf dem mittleren Monitor eines Mitarbeiters eine Warnmeldung
auf. Dann kann der Mitarbeiter einen kurzen Film sehen, was in den
vergangenen Sekunden passiert ist – und noch mal prüfen, ob es sich sich um
eine Staubwolke vom Traktor handelt oder ob dort tatsächlich ein Brand ist.
Wie oft hat es in diesem Jahr schon gebrannt?
Es ist erst Mitte Juli, und in Brandenburg gab es in diesem Jahr schon 350
Waldbrände. Da werden sicher noch mehr als 100t hinzukommen. Das sind
Zahlen, wie wir sie in den extrem trockenen und heißen Jahren 2018 und 2019
auch hatten. 2019 kamen wir zum Beispiel auf 400 Brände.
Nimmt die Zahl der Brände über die Jahre zu?
2003 hatten wir sogar 700 Brände. Das hängt immer davon ab, wie sich die
Wetterlage entwickelt, wie der Wind steht, ob Regen kommt.
Welche Rolle spielt der Klimawandel?
Nur aus Hitze entsteht ein Brand nicht. Es gibt Leute, die ein Feuer
vorsätzlich legen, um den Waldbesitzern zu schaden oder sich mächtig zu
fühlen. In der Regel ist aber fahrlässige Brandstiftung die Ursache von
Waldbränden. In Brandenburg besteht ein ganzjähriges Rauchverbot in
Wäldern. Da halten sich nur nicht alle dran. Dann wirft ein Spaziergänger
seine noch glühende Zigarettenkippe achtlos weg, der Autofahrer schnippt
sie aus dem Fenster. Manchmal gibt es auch einen Funkenflug, wenn Bauern
mit ihren Mähdreschern das Korn ernten. Wenn der Boden dann trocken ist,
der Wind stark, kann sich das rasant ausbreiten.
Wer trägt die Kosten?
Bei Bränden, die eine Woche dauern, sind teilweise zweihundert
Einsatzkräfte pro Tag da. Und die müssen dann auch noch Tag für Tag
ausgetauscht werden. Bisher zahlt das meist die Gesellschaft, weil man der
Brandstifter nur selten habhaft wird.
Haben Sie genug Löschflugzeuge?
Wir greifen zurück auf Einsatzmittel der Bundespolizei und der Bundeswehr –
das klappt bisher gut. Es ist aber vor allem wichtig, gut ausgebildete
Leute zu haben und gute Technik. Zum Beispiel brauchen wir keine Fahrzeuge,
die die Berufsfeuerwehren in den Städten haben. Für den Wald müssen sie
geländegängig sein und viel Wasser transportieren können, das wir aus
großen Brunnen holen, die schon mal einige Kilometer entfernt sind.
Wie gefährlich werden die Brände den Menschen?
Erst Mitte Juni haben Waldbrände die Orte Treuenbrietzen und Beelitz
bedroht. Da musste die Einsatzleitung mehrere Wohngebiete evakuieren. So
was überlegt sich eine Einsatzleitung sehr genau, aber es geht dann um den
Schutz der Einwohner, die auch unter der starken Rauchbelastung leiden.
Was raten Sie, um Waldbrände zu vermeiden?
Langfristig muss der Anteil von Laubholz in den Wäldern steigen.
Nadelholzforste sind besonders anfällig für Brände. Wer dort einmal
spazieren geht, weiß, wie heiß es dort werden kann. Laubbäume hingegen
sorgen für ein kühleres Waldklima, im Laubwald ist es 2 bis 3 Grad kälter.
Das hat mit den Blättern zu tun, sie speichern mehr Feuchte.
20 Jul 2022
## AUTOREN
Hanna Gersmann
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Waldbrände
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