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# taz.de -- Dürre in Spanien: Die Hitze Sevillas hat jetzt Namen
> Auf der Iberischen Halbinsel ist es heiß, es herrscht eine Wetterlage wie
> seit 1.200 Jahren nicht. Spanien leidet unter dem Klimawandel.
Bild: Unglaublich, es beginnt zu regnen: Nachbarn sitzen vor einem Haus in Rond…
Berlin taz | Bei Orkanen oder Taifunen ist das weltweit längst üblich: In
Sevilla bekommen nun auch Perioden mit anhaltenden unerträglichen
Temperaturen einen Namen. Zoe, Yago, Xenia, Wenceslaus und Vega sollen die
nächsten Hitzewellen in der Hauptstadt Andalusiens in genau dieser
absteigenden alphabetischen Reihenfolge heißen.
Die Namen sind nur ein Teil der Maßnahmen, die in der unter der Hitze
ächzenden südspanischen Stadt ergriffen werden: Das Projekt Prometeo
Sevilla entstand auf Initiative des Adrienne Arsht-Rockefeller Foundation
Resilience Center des Atlantic Council in Washington. Hier werden
Strategien zur [1][Bewältigung der Herausforderungen entwickelt, die durch
den Klimawandel] auf die Bevölkerung zukommen. Hitze wird, so der
Projektansatz, im Vergleich zu anderen Naturkatastrophen tendenziell
unterschätzt. „Wir sind die erste Stadt der Welt, die einen Schritt
unternimmt, der uns hilft, zu planen und Maßnahmen zu ergreifen, wenn
solche Wetterereignisse auftreten“, sagt Antonio Muñoz,
sozialdemokratischer Bürgermeister von Sevilla.
Ziel des Projekts, an dem auch das spanische Wetteramt sowie Universitäten
und Forschungseinrichtungen teilnehmen, ist es, Hitzewellen besser
vorhersagen zu können, die Bevölkerung vor den gesundheitlichen
Auswirkungen der Hitzewellen zu warnen und ihnen Verhaltensrichtlinien an
die Hand zu geben. Sevilla ist nur der Anfang: Prometeo will in den
kommenden acht Jahren 500 Millionen Menschen mit einen Programm für den
Umgang mit starker Hitze zu erreichen.
Das spanische Wetteramt AEMET spricht dann von einer Hitzewelle, wenn die
Höchsttemperaturen mindestens 3 Tage in Folge 10 Prozent über einem
langjährigen Schwellenwert liegen. Durch den Klimawandel geschieht das
immer häufiger. Die erste [2][Hitzewelle] durchlebte Spanien in diesem Jahr
bereits im Mai, die zweite im Juni. Die Temperaturen stiegen früher als
üblich in Mittelspanien auf 35 Grad, in Südspanien gar über 40 Grad.
Sevilla ist besonders stark betroffen: Im vorigen Jahr wurde hier im
August eine Rekordtemperatur von knapp 48 Grad gemessen.
## Hitzeopfer werden jetzt gezählt
Jahrelang ignorierte Spanien das Phänomen Hitze weitgehend. Es galt einfach
als normal. Während etwa das Nachbarland Frankreich seit den 1970ern
Statistiken veröffentlicht, aus denen die erhöhte Sterblichkeit durch
besonders heiße Sommer hervorgeht, zählt Spanien meist nur diejenigen als
Hitzetote, die eindeutig an einem Hitzschlag starben. So gab es völlig
unterschiedliche Schlagzeilen im ersten besorgniserregenden Rekordsommer
2003. Frankreich vermeldete damals 15.300 Tote, Spanien gerade einmal 141.
In der Covid-Krise wurde beim Thema Hitzetote die Methode geändert. Spanien
gibt nun auch Zahlen zur erhöhten Sterblichkeit in Hitzewellen bekannt.
Allein in der Hitzewelle im Juni verstarben danach 714 Personen mehr als
normal – 208 davon in und um die Hauptstadt Madrid.
Die Gesundheit der Bevölkerung ist nicht das einzige Problem. Der
Klimawandel bringt auch einen [3][Rückgang der Niederschläge] mit sich. In
diesem Jahr sind Spaniens Stauseen Anfang Juli gerade einmal noch zu 46
Prozent gefüllt. Im Zehnjahresmittel waren es 67 Prozent. In der Südhälfte
des Landes sind die Stauseen sogar schon zu zwei Dritteln leer. Da es dank
warmer Winter immer weniger schneit, liegt in hohen Gebirgslagen nur noch
wenig Schnee, sodass auch von dort kein Wasser zu erwarten ist. Auch im
benachbarten Portugal ist es so trocken wie seit 20 Jahren nicht mehr.
Der Grund für immer länger anhaltende Trockenperioden sind besonders große
Hochdruckgebiete im Winter über den Azoren-Inseln. Dadurch werden die
Regenwolken weiter in den Norden getrieben. Auf der Iberischen Halbinsel
bleibt es trocken. Dieses Ausnahmephänomen tritt laut einer Studie der
US-amerikanischen Woods Hole Oceanographic Institution derzeit immer
häufiger auf. Laut einer Simulation breitet sich das Azorenhoch so weit aus
wie seit 1.200 Jahren nicht. Die Autorin der Studie, Caroline Ummenhofer,
erklärte, sie könne dies „eindeutig den menschengemachten Emissionen
zuordnen“.
## 76 Tage Trockenheit
Der Bauernverband COAG hat untersucht, was Spanien dank Klimawandel
erwartet. „Der Countdown läuft. Auswirkungen des Klimawandels auf die
spanische Landwirtschaft“, heißt die Untersuchung. Demnach ist Andalusien
die am stärksten vom Klimawandel betroffene autonome Gemeinschaft –
vergleichbar mit einem Bundesland – auf der Iberischen Halbinsel. Bereits
2030 soll es dort im Schnitt jährliche Trockenperioden mit einer Dauer von
76 Tagen geben, gefolgt von 68 Tagen in Extremadura und 64 in der Region
Murcia.
Mit verheerenden Folgen für die Landwirtschaft, denn Wasser für Gemüse und
Obstanbau wird immer knapper. Weine verlieren durch ansteigenden
Zuckergehalt an Qualität. Getreide wächst durch die höheren Temperaturen
immer schneller, verliert aber vor allem in der Südhälfte des Landes durch
fehlende Niederschläge an Qualität und Gewicht. Dies wiederum wirkt sich
auf die Viehzucht aus, die schlechtere Ware zu höheren Preisen beziehen
wird. Der Agrar- und Lebensmittelsektor ist mit 5,8 Prozent des BIP und
einem Exportvolumen von 50 Milliarden Euro einer der Motoren der spanischen
Wirtschaft.
Je trockener das Land, umso höher ist auch das Risiko für Waldbrände. Im
vergangenen Jahr brannten über 85.000 Hektar Wald und Buschland ab, über
ein Viertel mehr als 2020. Dieses Jahr waren es bis Frühlingsende bereits
25.000 Hektar. Die Feuer werden immer stärker und breiten sich
explosionsartig aus. So wurde im August 2021 aus einem Brand eines Pkws auf
einer Landstraße nahe der zentralspanischen Stadt Ávila in wenigen Stunden
ein riesiger Brandherd, der schließlich 22.000 Hektar Wald und Weideland
verschlang.
9 Jul 2022
## LINKS
[1] /Folgen-der-Erderhitzung/!5773008
[2] /Extreme-Temperaturen-und-Klimawandel/!5861822
[3] /Folgen-des-Klimawandels/!5462563
## AUTOREN
Reiner Wandler
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