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# taz.de -- Streit um Garnisonkirche: In Potsdam bleibt es eisig
> Ein Kompromissvorschlag zum Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche
> steht auf der Kippe. Es geht auch um Arbeitsplätze für Künstler*innen.
Bild: Turm-Rohbau der Garnisonkirche von innen
Eine Lösung des 30 Jahre alten Konflikts um den [1][Wiederaufbau der
Potsdamer Garnisonkirche] ist wieder einmal in weite Ferne gerückt. Erst im
Dezember hatte Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) einen höchst
vernünftig klingenden Kompromiss mit der Stiftung für den Wiederaufbau als
Eigentümerin des Grundstücks und den Nutzern des benachbarten Kreativhauses
ausgehandelt.
Das Kreativhaus sollte nicht wie geplant abgerissen, sondern weitgehend
erhalten werden. Das Grundstück wollte die Stadt von der Stiftung
zurückpachten. Und: Das neu aufgebaute Ensemble aus Kreativhaus und
Kirchenresten sollte nicht originalgetreu sein, sondern mit der Geschichte
der Garnisonkirche brechen. Die Stadtverordnetenversammlung entschied sich
für eine Machbarkeitsstudie und einen Architektenwettbewerb.
Doch dann gab es einen Wechsel im Vorstand der Fördergesellschaft für den
Wiederaufbau, die nun wieder stramm ihre alten Maximalforderungen stellt.
Und auch in der Stiftung gehen einige wieder auf Distanz zum
Kompromissvorschlag. Die rund 200 Künstler*innen, die das Rechenzentrum
nutzen und deren Nutzungserlaubnis bis Ende 2023 geht, dürften sich freuen.
Die Garnisonkirche, 1701 bis 1703 vom preußischen König Friedrich Wilhelm
I. erbaut, ist das [2][Symbol schlechthin für die Vermählung preußischer
Eliten mit der braunen Revolution]. Sie ist der Ort, an dem 1933
Reichspräsident Paul von Hindenburg Adolf Hitler die Hand reichte. Als die
Stadt die Reste der im Krieg bombardierten Kirche 1968 sprengen ließ, da
sahen große Teile der DDR-Bevölkerung dies als überfällige
Giftmüllbeseitigung.
## Schönes Postkartenmotiv
Doch dann kam die Wende, und mit ihr viele Neupotsdamer wie Günther Jauch,
Wolfgang Joop, Christian Thielemans und Lea Rosh, die mit der
verschwundenen Garnisonkirche alles andere als Giftmüll assoziierten.
Einigen von ihnen mag es bis heute um den Wiederaufbau der historischen
Potsdamer Mitte gehen, um die Kirche als Teil eines schön anzusehenden
Postkartenmotivs mit den längst wiederaufgebauten Prunkbauten Stadtschloss
und Museum Barberini.
Anderen geht es um mehr, um Preußens Glanz und Gloria, um einen neuen
antidemokratischen Symbolort, um einen zentralen Identitätsort der NS-Zeit
auch. Der reaktionäre Geist, der beim [3][Wiederaufbau des Berliner
Schlosses in Berlins Mitte] wehte, ist Pipifax im Vergleich mit dem
Eissturm, der beim Wiederaufbau der Garnisonkirche pfeift.
Entsprechend groß sind die Proteste der Gegner, die immer wieder und
zuletzt 2014 in einem Bürgervotum mit 14.000 Unterschriften die Frage
stellten, ob man eine Kirche bauen muss, um die Ideologie, die sie
repräsentiert, zu widerlegen. Das Bürgervotum scheiterte.
Seit zwei Jahren wird am Wiederaufbau des Turms gearbeitet, ein Großteil
aus Steuergeldern finanziert. Auch die evangelische Kirche hat ihren Segen
dazu gegeben. Der Rohbau des Turms ist längst fertig. Die Stiftung plant
Eröffnung Anfang 2024. Bleibt also nur zu hoffen, dass das Geld für mehr
als das nicht zusammen kommen wird.
18 Jun 2022
## LINKS
[1] /Wiederaufbau-der-Garnisonkirche/!5858090
[2] /Streit-um-Garnisonkirche/!5622950
[3] /Humboldt-Forum-Berlin-eroeffnet/!5787899
## AUTOREN
Susanne Messmer
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Stadtgeschichte
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