Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kinoempfehlungen für Berlin: Klassiker und Trickwerke
> Bei Anime Berlin verknüpft Makoto Shinkai realistischen Alltag mit
> Fantasy. Das Theaterfilm-Festival zeigt Filme, die eigentlich Theater
> sind.
Bild: Szene aus „Weathering With You“ (2019) von Makoto Shinkai
Wie fühlt es sich an, wenn man sich plötzlich im Bewusstsein einer anderen
Person mit einem anderen Geschlecht wiederfindet? Das fragt sich das Anime
„Your Name“ (2016), eine überaus fantasievolle Geschichte, welche die
Dasein einer Oberschülerin aus einer ländlichen Kleinstadt und eines
Schülers aus Tokio miteinander verquickt.
Natürlich braucht es in der komplizierten Freundschafts- und
Liebesgeschichte von Regisseur [1][Makoto Shinkai] dazu hochemotional
aufgeladene Paralleluniversen mit komplex strukturierten Zeitebenen, aber
das Schöne an dieser Art des Animes ist, dass man auch immer etwas über die
Sorgen und Freuden von Teenagern an der Schwelle zum Erwachsenenleben
erfährt.
Das ist auch in Shinkais bislang letztem Film „Weathering with You“ (2019)
nicht anders, der ebenfalls auf kunstvolle Weise einen realistischen Alltag
mit Fantasy-Elementen verknüpft: Hier trifft der gerade aus der Provinz in
Tokio eingetroffene Hodaka auf eine sehr spezielle junge Frau – Hina ist
ein „Sonnenschein-Mädchen“ und kann das Wetter beeinflussen. Daraus könnte
man doch auch ein Geschäft machen, denken sich die beiden und bieten
alsbald Sonnenschein auf Bestellung an.
Doch wie fast immer gibt es nichts umsonst, auch kein schönes Wetter. Die
beiden Filme von Makoto Shinkai sind neben vielen Klassikern und neueren
Trickwerken [2][beim fünften Anime Berlin Festival (16.-29. Juni) zu sehen]
(„Your Name“, 16. 6., 22 Uhr, 19. 6., 18 Uhr, „Weathering with You“, 20.
6., 17.15 Uhr, Babylon Mitte).
Weit zurück in die deutsche Kinogeschichte führt „Der Student von Prag“
(1913) von Stellan Rye, mit dem das Doppelgänger-Motiv seinen Einzug in den
phantastischen Film hielt: Der arme Student Balduin verkauft 1820 in Prag
sein Spiegelbild an die Mephistopheles-Figur Scapinelli, um mit neu
gewonnenem Reichtum die Hand der von ihm geliebten Comtesse Margit zu
gewinnen.
Doch das Spiegelbild, ein nunmehr verselbstständigter Teil seines alten
Ichs, dem Balduin nicht entrinnen kann, vereitelt dies immer wieder. Als
der verzweifelte Balduin am Ende auf seinen „Doppelgänger“ schießt, tötet
er sich selbst.
Neben den Kameratricks und den Doppelbelichtungen der Doppelgänger-Szenen
spielten seinerzeit auch die Schauplätze des Films eine wichtige Rolle, um
sich vor allem vom Theater abzuheben: Das romantische Prag mit seinen engen
Gassen, dem jüdischen Friedhof, der Moldau und dem Blick auf die Altstadt
mit dem Hradschin bieten erhebliche Schauwerte.
Und nicht zuletzt waren seinerzeit auch Guido Seebers Kameraschwenks eine
Sensation – wie etwa der spektakuläre Panoramaschwenk gegen Ende der
Geschichte: Während im Vordergrund Balduin (Paul Wegener) auf der
vergeblichen Flucht vor seinem Spiegelbild erschöpft über eine auf einer
Anhöhe gelegene Wiese taumelt, schweift der Blick im Hintergrund über die
Altstadt Prags, bis der Hradschin ins Bild kommt (18. 6., 18.30 Uhr,
[3][Zeughauskino]).
Während man damals versuchte, sich mit der Kinokunst vom Theater
abzusetzen, arbeiten heute einige Menschen daran, beides wieder
zusammenzuführen: [4][Das Theaterfilm-Festival im Ballhaus Ost] präsentiert
an drei Abenden (17.-19.6.) elf ausgewählte Theaterfilm-Produktionen, die
das Medium der bewegten Bilder in oftmals experimenteller Weise zu den
klassischen Ausdrucksformen der Bühne hinzu addieren.
Eröffnet wird am 17. Juni mit dem Kurzfilm „Keshava / Tharayil“, der sich
in Eindrücken von Proben einem traditionellen indischen Tanz annähert;
spannend ist aber auch die Filmversion des Theaterprojekts „Arbeiterinnen /
Pracujące kobiety“, das sich basierend auf realen Interviews mit den
gebrochenen Arbeitsbiografien deutscher und polnischer Arbeiterinnen
auseinandersetzt („Keshava / Tharayil“, 17. 6., 18 Uhr, „Arbeiterinnen /
Pracujące kobiety“, 19. 6., 18.30 Uhr, Ballhaus Ost).
17 Jun 2022
## LINKS
[1] /Animationsfilm-Weathering-With-You/!5654013
[2] https://babylonberlin.eu/programm/festivals/anime-berlin
[3] https://www.dhm.de/zeughauskino/vorfuehrung/der-student-von-prag-8183/
[4] https://www.ballhausost.de/theaterfilm-festival/
## AUTOREN
Lars Penning
## TAGS
taz Plan
Kolumne Frisch gesichtet
Anime
Theaterfilm
Filmgeschichte
taz Plan
taz Plan
Spielfilm
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kinotipp der Woche: Gegen das Vergessen
Beim diesjährigen Jüdischen Filmfestival geht es in zahlreichen
Dokumentationen und Spielfilmen vor allem um das Erinnern.
Kinoempfehlungen für Berlin: Die Bildersammlerin
Das Kino Arsenal würdigt Agnès Varda mit einer Werkschau. Begleitend dazu
präsentiert das silent green sie auch als Installationskünstlerin.
Animationsfilm „Weathering With You“: Sie kann Regenwolken vertreiben
Der japanische Animationsfilm „Weathering With You“ verbindet eine
Coming-of-age-Romanze mit japanischer Mythologie. Er ist für zwei Tage im
Kino.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.