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# taz.de -- Kopftuch im Kampfsport: Die Wettkampfordnung geht vor
> Eine Karateschülerin trat bei einem Wettbewerb mit Kopftuch an. Das sei
> nicht erlaubt, fand der Kampfrichter – und gab ihr null Punkte.
Bild: „Karate beginnt mit Respekt und endet mit Respekt“
Oldenburg taz | Wenn ein Sportwettbewerb „German Open“ heißt, muss das
nicht heißen, dass dort Offenheit herrscht. Am 11. Juni war das in
Oldenburg auf einem Kampfsportevent der [1][International Budo Federation
Deutschland] zu sehen. Bei der Vorführung einer 16-jährigen muslimischen
Shōtōkan-Karateka der Kampfkunstschule Budo Nüttermoor aus Leer kam es zum
Eklat: Der Bundeshauptkampfrichter gab ihr in der Solodisziplin
„Formen“, einem stilisierten, im Ablauf fest vorgeschriebenen Kampf gegen
imaginierte Gegner, null Punkte. Nicht wegen ihrer Leistung, sondern wegen
ihres Kopftuchs, das laut Wettkampfordnung regelwidrig sei.
Hardwig Tomic, der Trainer des Mädchens und als ehemaliges Mitglied der
Nationalmannschaft und Assistenzbundestrainer kein Niemand, protestierte
scharf. Es half nichts. In der Folgedisziplin „Kampf“ trat die 16-Jährige
dann nicht mehr an. Dort hätte sie einen Kopfschutz tragen können.
„Karate beginnt mit Respekt und endet mit Respekt“, hat der japanische
Meister Funakoshi Gichin in seinen 20 Verhaltensregeln gesagt, auf die sich
die Karatewelt [2][gern beruft]. Tomic möchte zu der Entscheidung des
Kampfrichters öffentlich keine Stellung nehmen. Auch die Betroffene ziehe
es vor, sich nicht zu äußern, sagt er. Ärger mit Verband und Kampfrichtern
hat kein Sportler gerne.
Bülent Uçar, Direktor des Instituts für Islamische Theologie der
Universität Osnabrück, versteht die Entscheidung des Kampfrichters nicht.
„Um in solchen Fällen voranzukommen, müssten sich das gesellschaftliche
Klima und die Sicht auf religiösen Minderheiten grundsätzlich verändern“,
sagt er. „Häufig wird ausgeblendet, dass Religionsfreiheit ein elementares
Menschenrecht sowie verbrieftes Grundrecht ist.“
Die Schura, der Landesverband der Muslime in Niedersachsen, wertet das
Verhalten des Kampfrichters als „diskriminierend und demütigend“. Ähnliche
Sportarten wie Taekwondo seien da „fortgeschrittener“. Er habe jedoch
Hoffnung, dass der Kampfsportverband aus dem Vorfall lerne, sagt
Schura-Sprecher Enes Esatbeyoğlu. Die Schura sei überzeugt, dass die
International Budo Ferderation „dafür Sorge tragen wird, dass sich alle
Sportler:innen willkommen und in ihren Rechten respektiert fühlen“.
Auf Fragen der taz zu dem Vorfall äußerte sich die International Budo
Federation bis Redaktionsschluss nicht. Auf ihrer [3][Website] heißt es,
sie verstehe sich als „Teil einer internationalen Gemeinschaft, in der es
schon immer selbstverständlich war und ist, das sich alle Menschen
vorurteilsfrei und gleichberechtigt begegnen“. Man verwahre sich „gegen
jedweden Vorwurf im Sinne von Diskriminierung oder gar Rassismus“.
Auch auf den konkreten Vorfall wird dort eingegangen. Der mit der
Turnierleitung beauftragte Kampfrichter habe erst unmittelbar vor dem Start
der Veranstaltung von dem „Problem“ erfahren und „zu diesem Zeitpunkt kei…
andere Entscheidung treffen“ können. Für die Sportlerin bedauere man die
Konsequenzen sehr und werde den Vorfall „in geeigneter Weise aufarbeiten“.
24 Jun 2022
## LINKS
[1] https://de-de.facebook.com/IBFDeutschlandeV/
[2] https://karate-do-prien.de/meanings/gichin-funakoshi
[3] https://www.ibf-deutschland.de/
## AUTOREN
Harff-Peter Schönherr
## TAGS
Schwerpunkt Stadtland
Kampfsport
Kopftuch
Diskriminierung
Kampfsport
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Niedersachsen
Kruzifix
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