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# taz.de -- Corona-Sommerwelle in Deutschland: Rückkehr der I-Frage
> Nach Wochen der Entspannung steigen in Deutschland die Coronazahlen
> wieder an. Auch die Immunisierungslücke ist unverändert zu groß. Und nun?
Bild: Studienergebnisse, die immerhin ermutigend klingen: Corona-Impfstoff von …
Berlin taz | Ein paar Wochen Entspannung, mehr war im dritten Corona-Sommer
nicht drin. Und mit der [1][stark wachsenden Zahl an Neuinfektionen] rückt
auch das unangenehme Thema Impfungen wieder in den Mittelpunkt.
Erst vergangene Woche hatte der Expertenrat der Bundesregierung noch eine
Strategie vorgeschlagen, um die „relevante Impflücke“ in Deutschland zu
schließen. Persönliche Einladungen, mobile Impfteams, Monitoringstrukturen
– bis zur befürchteten Herbstwelle sollte ein System geschaffen werden, das
die Zweifel der Ungeimpften ausräumt und allen BürgerInnen einen
bestmöglichen Schutz vor schwerer Erkrankung, Folgeschäden und Tod
vermittelt. Auch ohne eine allgemeine Impfpflicht.
Jetzt aber müsste es schneller gehen, viel schneller. Noch immer haben
knapp 20 Millionen Menschen in Deutschland keine einzige Dosis eines
Covid-Impfstoffs erhalten. Mehr als 33 Millionen Menschen, das sind 40
Prozent der Bevölkerung, sind trotz einer zweifachen Impfung nicht
umfassend durch einen Booster geschützt.
In der besonders gefährdeten Altersgruppe der über 60-Jährigen fehlt sogar
vier von fünf MitbürgerInnen die von der Ständigen Impfkommission –
zumindest für über 70-Jährige – empfohlene vierte Dosis. Rechnet man alles
zusammen, müssten für einen guten Impfschutz in der rollenden Welle zeitnah
65 Millionen Impfdosen verabreicht werden.
## Die verbesserten Impfstoffe kommen wohl zu spät
Kompliziert wird die Situation zudem durch die Varianten des Virus. Die
[2][für die aktuelle Welle verantwortliche Variante BA.5] unterwandert die
Immunität von vollständig Geimpften noch leichter als sein Vorgänger BA.2
und die ursprüngliche Omikronvariante. Das bedeutet zwar nicht, dass es bei
dreifach Immunisierten zu schweren Verläufen mit BA.5 kommt, aber Geimpfte
können sich noch häufiger anstecken und das Virus weitertragen. Ungenügend
geschützte Menschen, von denen es in Deutschland noch sehr viele gibt, sind
dadurch wieder stärker gefährdet. Erneut könnten die Krankenhäuser an ihre
Belastungsgrenzen kommen.
Gleichzeitig werden angepasste Impfstoffe entwickelt, die einen
zusätzlichen, in der Summe womöglich besseren Schutz vor neuen Varianten
und auch Ansteckungen bieten könnten. US-Hersteller Moderna hat soeben
erste Studienergebnisse vorgestellt, die ermutigend klingen. Das an Omikron
angepasste Spikevax erhöht demnach die Menge an Immunmolekülen, sogenannten
Antikörpern, die verschiedene Varianten des Erregers abwehren könnten.
Biontech erwartet ebenfalls Daten zu einem angepassten Imfpstoff.
Zudem hat ein Booster-Vakzin von Sanofi in zwei Studien positive Ergebnisse
gezeigt. Es richtet sich nicht gegen Omikron, sondern gegen die inzwischen
nicht mehr zirkulierende Beta-Variante. Dennoch scheint der Impfstoff das
Immunsystem besser gegen Omikron zu stimulieren als Impfungen, die auf dem
in China entdeckten Original basieren.
Nun kommen diese Impfstoffe nicht vor dem Spätsommer auf den Markt, und
ExpertInnen warnen davor, mit einer Impfung oder einem Booster so lange zu
warten. „Die Erfahrungen mit den bisherigen Impfstoffen gegen das Virus
zeigen, dass der Schutz vor schwerer Erkrankung sehr robust gegenüber den
Virusvarianten ist“, sagt Sebastian Ulbert vom Fraunhofer-Institut für
Zelltherapie und Immunologie in Leipzig.
## Das Vertrauen in die Vakzine dürfte weiter sinken
„Wir wissen nicht, ob sich diese Ergebnisse auch in klinischer Wirksamkeit
vor Übertragung und schwerer Erkrankung äußern werden“, sagt der britische
Pharmakologe Stephan Evans von der London School of Hygiene and Tropical
Medicine.
Was also tun? Für die meisten Fachleute steht fest, dass die verfügbaren
Impfungen für Immungesunde nach der dritten Dosis unverändert einen guten
Schutz bieten. Eine drei- oder bei älteren Mitmenschen vierfache
Immunisierung ist deshalb sinnvoll, auch wenn es mit den neuen Varianten
trotz Impfung immer häufiger zu Ansteckungen kommen kann.
Das gilt ebenso für den Fall, dass im Herbst eine völlig neue Variante
auftaucht. Sie könnte so leicht übertragbar sein wie BA.5, aber zugleich
sehr viel virulenter, also deutlich krankmachender. Darauf weist auch der
Expertenrat in seiner aktuellen Stellungnahme hin.
Sofern die angekündigte Impfkampagne der Bundesregierung erneut zu wenige
Menschen mobilisiert, könnten theoretisch noch Impfzertifikate in der
anlaufenden Reisesaison einen Anreiz bieten. So gilt das Zertifikat von
dreifach Geimpften inzwischen EU-weit ohne zeitliche Beschränkung. Wer nur
zweifach immunisiert ist, verliert das Zertifikat nach neun Monaten. Was
jedoch fehlt, sind die Einschränkungen. In fast allen Urlaubsländern,
einschließlich Spanien, Griechenland und Italien, ist die Einreise
inzwischen ohne einen Impfnachweis oder Test möglich. Allein Frankreich
besteht auf den Nachweis einer Impfung oder, bei Ungeimpften, auf einen
Test.
Unter diesen Voraussetzungen erscheint es schwierig, mit Impfungen für den
Sommer noch Schlimmeres zu verhindern. Zumal sich derzeit Berichte über
sogenannte Post-Vac-Syndrome häufen. Die Betroffenen berichten über
unspezifische Symptome nach einer Covid-Impfung. Wissenschaftliche Belege
für einen ursächlichen Zusammenhang gibt es zwar nicht. Das Vertrauen in
die Impfungen wird durch die Erzählungen jedoch weiter geschwächt.
US-Hersteller Moderna hat soeben erste Studienergebnisse vorgestellt, die
ermutigend klingen
15 Jun 2022
## LINKS
[1] /Nachrichten-zur-Coronakrise/!5861458
[2] /Neue-Omikron-Variante/!5856835
## AUTOREN
Kathrin Zinkant
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