Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Schwimm-WM in Budapest: „Ich muss nur schneller schwimmen“
> Schwimm-Olympiasieger Florian Wellbrock reist als Langstrecken-Favorit
> zur Weltmeisterschaft nach Budapest. Aber ihn belastet das kein bisschen.
Bild: Schwimmt im ruhigen Wasser: Florian Wellbrock bei den Olympischen Spielen…
taz: Herr Wellbrock, am Freitag beginnen in Budapest die Schwimm-WM, vor
knapp einem Jahr wurden Sie Olympiasieger. Fühlen Sie sich sehr unter
Druck? Welches Gefühl überwiegt?
Florian Wellbrock: Erleichterung – oder Seelenfrieden, wie immer man das
nennen will. Weil ich einfach einen Haken an diesen Titel Olympiasieger
machen konnte. Das ist eigentlich für alle Athleten in olympischen
Sportarten ein Kindheitstraum. Und dass ich mir diesen Traum im letzten
Jahr erfüllen konnte, das tut schon sehr gut.
Was hat die Goldmedaille noch verändert?
Der Olympiasieg hat mich ein bisschen stolzer gemacht, aber auch leichter.
Das ist ein bisschen so, als wäre Last von meinen Schultern abgefallen. Ich
habe extrem lange auf dieses Ziel [1][hingearbeitet] und gehofft, dass es
endlich funktioniert. An diesem Tag das olympische Gold abgeholt zu haben,
das löst irgendwie erst einmal alle Sorgen und Probleme in Luft auf.
Die US-Turnerin Simone Biles berichtete von psychischen Problemen nach den
großen Erfolgen.
Gerade was das Mediale, den äußeren Druck angeht – das nehme ich eigentlich
gar nicht so wahr. Ich setze mich selber ein bisschen unter Druck. Bei
Simone Biles ist es eine ganz andere Situation. Sie hat 2016 vier
Goldmedaillen geholt. Und bei ihr war es in Tokio dann so: Entweder sie
gewinnt, oder alle sind unzufrieden. Wenn man in eine solche Position
geschoben wird, ist es noch mal eine ganz andere Herausforderung als die,
die ich gerade zu bewältigen habe.
2024 in Paris ein weiteres Olympiagold zu erkämpfen ist für Sie also eine
vergleichsweise kleine Herausforderung?
Das kann man schon ungefähr so in Worte fassen. Es wäre dann eben ein
anderer olympischer Titel. Aber das setzt mich jetzt nicht mehr oder
weniger unter Druck. Die Situation in Paris wird dann ähnlich sein. Da
müssen wir einfach schauen, dass wir im Becken ein bisschen schneller
schwimmen als in Tokio.
Sie sind im Alter von 17 Jahren von Bremen ins Internat nach Magdeburg
gegangen. Fiel Ihnen dieser [2][Wechsel] eigentlich schwer? Und war er für
Sie alternativlos?
Sowohl als auch. Es war alternativlos – denn wenn ich mich weiterentwickeln
wollte, konnte ich nicht in Bremen bleiben. Aber der Wechsel ist mir schon
auch schwergefallen. Zu Hause hatte ich wirklich eine Übermutti, die sich
um alles gekümmert, mir alles abgenommen hat. Im Internat dagegen musste
ich mich auf einmal um Dinge wie Wäschewaschen und Einkaufengehen kümmern.
Eigentlich ganz lapidare Dinge. Aber die muss man mit 17 erst mal
bewerkstelligen.
Bei der WM in Budapest treten Sie auf vier Strecken an. Was wollen Sie da
erreichen? Oder ist das nur eine Durchgangsstation zu den Olympischen
Spielen in Paris 2024?
Wenn man das große Ganze betrachtet, ist dieses Jahr schon eine
Durchgangsstation – und Paris ist wieder das große Ziel. Jetzt bei der WM
habe ich natürlich die Mission Titelverteidigung über 1.500 Meter und auch
über die 10 Kilometer vor der Brust. Das wird schon Herausforderung genug.
Gibt es das perfekte Rennen?
Die zehn Kilometer von Tokio waren perfekt. Das war ein Rennen, das es in
der Geschichte so noch nie gegeben hat. Und ich bin gespannt, wann und ob
es so etwas wieder geben wird. Was mich noch antreibt, ist der Gedanke, ob
die Titelverteidigung möglich ist. Oder die Frage: Bin ich in Paris in der
Lage, olympisches Gold auch im Becken zu holen? Wie weit kann ich meine
eigene Bestzeit noch herunterschrauben? Kann ich über die 1.500 Meter den
Europarekord und irgendwann den Weltrekord brechen? Da sind die Gedanken,
die mich antreiben – und die mich weiterhin motivieren.
Sie schwimmen pro Jahr 3.000 bis 3.500 Trainingskilometer, aber Sie
bezeichnen das Wasser als Ihre „Traumwelt“. Geht das zusammen?
Auf jeden Fall. Ich finde es einfach immer wieder schön, in dieses, ich
sage mal: fremde Element hineinzuspringen. Diese Schwerelosigkeit zu
fühlen, dass ich mehr oder weniger schwebe. Die Geräuschkulisse unter
Wasser ist eine ganz andere. Das sind einfach Dinge, die ich unheimlich
schön finde. Und deswegen spreche ich gern von einer Traumwelt.
14 Jun 2022
## LINKS
[1] /Weltrekord-im-Schwimmen/!5821132
[2] /Fuehrungskrise-bei-deutschen-Schwimmern/!5762039
## AUTOREN
Andreas Morbach
## TAGS
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Schwimm-WM
Schwimmen
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Schwimmen
Schwimmen
Schwimmen
Schwimmen
Schwimm-WM
## ARTIKEL ZUM THEMA
Rekord-Schwimmerin Ledecky vor Olympia: Unauffällige Ausnahmeerscheinung
Katie Ledecky ist vor den US-Olympiaausscheidungen bestens in Form, um dann
auch bei den Sommerspielen in Paris groß abzuräumen.
Vor der Schwimm-EM in Rom: Bald trinken sie Wodka
Im Schwimmbecken sind Florian Wellbrock und Michailo Romantschuk
Konkurrenten. Doch der Deutsche und der Ukrainer fühlen sich nicht so.
Lukas Märtens bei der Schwimm-WM: Im Dauerkraulmodus
Bei der Schwimm-WM in Budapest holt Lukas Märtens die erste deutsche
WM-Medaille über 400 Meter Freistil seit 2011. Auch die mentale Stärke
stimmt.
Schwimm-WM nach Olympia: Weltmeisterschaft zweiter Wahl
Bei der Schwimm-WM in Budapest fehlen einige Ausnahmekönner. Das liegt
nicht nur am Ausschluss Russlands.
Weltrekord im Schwimmen: Andauernd ausdauernd
Florian Wellbrock, einer der Schwimmer des Jahres, knackt bei der
Kurzbahn-WM den Weltrekord über 1.500 Meter. Das Preisgeld: 50.000 Dollar.
Schwimm-EM in Budapest: Auf bessere Zeiten
Die Coronakrise prägt auch die Schwimm-EM in Budapest. Viele Aktive blicken
deshalb schon weiter – auf die Olympischen Spiele 2024 in Paris.
Schwimmweltmeister Florian Wellbrock: Erst Gold, dann Reset
Florian Wellbrock wird bei der Schwimm-WM Weltmeister über 10 Kilometer.
Auf dieser Strecke ist es sein erster großer internationaler Titel.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.