Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Leipzig gewinnt den DFB-Pokal: Zwischenziel abgehakt
> Erst im Elfmeterschießen holt sich RB Leipzig gegen den SC Freiburg den
> DFB-Pokal. Beim Konzernklub bewirkt das Anspannung ob der künftigen
> Ziele.
Bild: Leipziger Ausgelassenheit: RB-Trainer Domenico Tedesco und Sportdirektor …
Berlin taz | Gerade als die Leipziger dabei waren, das lang ersehnte Gefühl
der Leichtigkeit auszukosten, kam die jähe Ernüchterung. Willi Orban hatte
nach dem gewonnen Elftmeterschießen im Freudentaumel seinen
fliegengewichtigen Trainer [1][Domenico Tedesco] noch in die Höhe gehoben,
als wolle er schon mal für die Pokalübergabe üben. Und während die knapp
geschlagenen Freiburger sich noch von ihren Fans feiern ließen, schienen
die neuen Pokalsieger die Siegerehrung gar nicht mehr abwarten zu können
und versammelten sich in der Nähe des dafür vorgesehenen Podests.
Doch plötzlich wurde es still im Stadion. Man hörte nur einen Hubschrauber
am Himmel. Ein Fotograf am Seitenrand war kollabiert und musste notärztlich
behandelt werden. Die Ehrung wurde verschoben, bis der Notleidende
stabilisiert werden konnte, und zahlreiche Handylichter signalisierten,
dass es Wichtigeres gibt als einen DFB-Pokalsieg.
Wie wichtig ein [2][Fußballspiel] im Profigeschäft werden kann und was die
dort entstehenden Druckverhältnisse so mit den Beteiligten machen, das
konnte man an diesem Samstag im Berliner Olympiastadion wie unter einem
Vergrößerungsglas studieren. [3][Christian Streich], der Trainer des so
knapp vor der Überraschung stehenden Außenseiters, hatte einen
federleichten Umgang mit der Niederlage. „Ich schaffe es nicht mal mehr,
mich zu ärgern“, erklärte er und versicherte dann: „Morgen schon und
übermorgen, weil wir ja verloren haben.“ Bei jedem Bundesligaspiel sei er
doppelt so angespannt. Er müsse dann daran denken, sich wegen des enormen
Drucks „immer wieder runterzuholen“. Nur der Blick auf die nächste Saison
schien seine Stimmung an diesem Abend zu trüben. „Dann kommen wieder die
wahnsinnsanstrengenden Bundesligaspiele. Am liebsten würde ich die ganze
Zeit nur Pokalendspiele spielen.“
Sein Gegenüber Domenico Tedesco, der RB Leipzig nach zwei gescheiterten
Finalversuchen in Berlin zum ersten Vereinstitel in der noch jungen
Geschichte des Konzernvereins coachte, wirkte dagegen selbst im bekundeten
Höhenflug seiner Gefühle („Ich bin überglücklich“) noch bleiern schwer.
Während Streich die drei Aluminiumtreffer der Freiburger in der
Verlängerung von der Metaebene aus betrachtete („Deshalb rennt die ganze
Welt in die Stadien. Fußball ist unberechenbarer als andere Sportarten“),
machten Tedesco die Details der Partie noch mächtig zu schaffen, die ihn
„auf 180 gebracht hätten“. Schiedsrichter Sascha Stegemann, beklagte er,
habe viele Fifty-Fifty-Entscheidungen gegen Leipzig entschieden.
## Geschäftspläne des Brausekonzerns
Der Druck schien von Tedesco nur langsam abfallen zu wollen. Die
Konzernerwartungen von RB, die nur einen Sieger an diesem Abend vorsahen,
lasteten sichtbar schwer auf dem ganzen Team. Vom sonst so typischen frühen
Pressing der Leipziger war in der ersten Hälfte wenig zu sehen. Chancen
ergaben sich vornehmlich aus Freiburger Patzern. Erst als die Favoriten
durch Rückstand (19. Minute) und Unterzahl (57.) in die Außenseiterrolle
schlüpften, löste sich die Verkrampfung, während die Freiburger wiederum
mit der Situation nicht klarkamen, plötzlich Vorteile ausspielen zu können.
Diese Kombination bescherte den Zuschauern ein hochdramatisches
Fußballspiel.
Die Lamettafäden, die am Ende auf den erwarteten Sieger herunterflatterten,
verbreiteten dagegen nur begrenzten Glanz. Der Traum der Fußballromantiker,
dass ein weiteres Mal in dieser Saison nach den Erfolgen etwa von Eintracht
Frankfurt die Minderbemittelten triumphierten, war ausgeträumt. Es war ja
auch ein wenig ein Kampf der Fußballkulturen, der in Berlin ausgetragen
wurde. Das machte sich wenige Kilometer vor dem Olympiastadion schon
bemerkbar, als ein Großteil der 30.000 Freiburger Anhänger bei ihrem selbst
organisierten Fanmarsch, am von RB Leipzig organisierten Fanfest vorbeizog.
Dort wurde das Publikum mit einer Motocross-Stunt-Show unterhalten.
Formidable Fußball-Shows mit Trophäenübergaben wird RB, so steht es
zumindest in den Geschäftsplänen des Brausekonzerns, künftig vermehrt
veranstalten.
Die Glückserwartungen werden immer höher veranschlagt. Nachdem auf der
Meisterfeier des FC Bayern die Unzufriedenheit kaum kaschiert wurde,
Borussia Dortmund sein Unbehagen mit dem zweiten Platz durch eine
Trainerentlassung dokumentierte, ist die Genussspanne über den ersten Titel
bei RB Leipzig auch recht begrenzt. Der erschöpfte Domenico Tedesco sah am
Samstag nicht so aus, als ob ihn die Vorstellung, die ganze Zeit nur
Pokalendspiele zu spielen, beglücken könnte. Schließlich müsste er sie
möglichst alle gewinnen.
22 May 2022
## LINKS
[1] /Hoffenheims-Nachwuchstrainer/!5350787
[2] /Interessenkonfilkte-bei-RB-Leipzig/!5853938
[3] /Freiburgs-Trainer-Streich-ueber-Fussball/!5301774
## AUTOREN
Johannes Kopp
## TAGS
Fußball
DFB-Pokal
RB Leipzig
AfD Sachsen
Fußball
Kolumne Press-Schlag
Union
SC Freiburg
## ARTIKEL ZUM THEMA
DFB-Sieg von RB Leipzig: Red Bull im Pokal
AfD-Chef Chrupalla versucht, den DFB-Sieg Leipzigs politisch zu
vereinnahmen. Eines teilen Partei und Verein: die Sehnsucht nach
Normalisierung.
DFB-Pokalsieg von RB Leipzig: Zwanghafte Performance
RB Leipzig gewann den DFB-Pokal, weil er musste. Zum Glück gibt es noch
Clubs, die nicht zum Siegen verdammt sind.
Interessenkonfilkte bei RB Leipzig: Von Ochsen und Bullen
Wenn der SC Freiburg gegen RB Leipzig am Samstag im DFB-Pokalfinale spielt,
dann müssen Fragen der Integrität geklärt werden.
Die Wochenvorschau für Berlin: Berlin muss Rot sehen!
Im Olympiastadion treffen sich der SC Freiburg und RB Leipzig zum Kampf um
den DFB-Pokal. Ansonsten empfiehlt sich wie immer Musik.
SC Freiburg verbietet Logo-Nutzung: Stiller Protest gegen RB Leipzig
Der SC Freiburg untersagt im Vorfeld des DFB-Pokalfinales RB Leipzig die
Nutzung seines Vereinslogos für gemeinsame Fanartikel.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.