# taz.de -- Wahl in Nordirland: Noch nicht in trockenen Tüchern | |
> Nach ihrem Wahlsieg stellt die Sinn Féin die Regierungschefin | |
> Nordirlands. Ob O´Neill das ihr zustehende Amt antreten kann, hängt von | |
> der DUP ab. | |
Bild: Michelle O´Neill, Spitzenkandidatin der Sinn Féin, hat Anspruch auf den… | |
Das Wort „historisch“ kommt im Zusammenhang mit Nordirland häufig vor. | |
Diesmal ist es allerdings gerechtfertigt. Zum ersten Mal ist [1][Sinn Féin, | |
der ehemalige politische Flügel der inzwischen aufgelösten | |
Irisch-Republikanischen Armee (IRA), bei Wahlen stärkste Partei] geworden | |
und stellt mit Michelle O’Neill die Erste Ministerin der Regionalregierung. | |
Genau das sollte verhindert werden, als Nordirland vor 101 Jahren gegründet | |
wurde. Man hatte damals eine Grenze gezogen, die sechs der neun | |
Grafschaften der Provinz Ulster umfasste – ein Gebiet, in dem die | |
Unionisten eine bequeme Zweidrittelmehrheit hatten. Damit ist es vorbei. | |
Für die [2][Democratic Unionist Party (DUP)], die für die Union mit | |
Großbritannien eintritt und bisher den Ersten Minister stellte, ist das | |
eine Katastrophe. Zwar war O’Neill bisher als Stellvertreterin vollkommen | |
gleichberechtigt, aber die DUP hatte ihren Anhängern vorgegaukelt, dass die | |
Union mit Großbritannien sicher sei, solange man den Ersten Minister | |
stellte. Nun droht in nicht allzu ferner Zukunft ein Referendum über die | |
irische Wiedervereinigung. | |
Vorerst wird O’Neill ihr Amt aber gar nicht antreten können, denn die DUP | |
wird keinen Stellvertreter nominieren. Das ist laut [3][Belfaster Abkommen | |
von 1998] jedoch vorgeschrieben, um die Alleinherrschaft einer Partei zu | |
verhindern, denn das hat schon mal ins Verderben geführt. | |
Der DUP ist das [4][Nordirland-Protokoll des Brexit-Vertrags] ein Dorn im | |
Auge, weil Nordirland dadurch in der EU-Zollunion bleibt und eine Grenze | |
zwischen Nordirland und dem Unionisten-Mutterland Großbritannien entstanden | |
ist. Um dieses Problem zu lösen, bedürfte es der Hilfe des britischen | |
Premierministers Boris Johnson, doch den interessiert die Krisenprovinz | |
herzlich wenig. | |
Aber selbst wenn es eine Lösung gäbe, wäre eine nordirische Regierung noch | |
lange nicht in trockenen Tüchern. Ob man sich vorstellen könne, bei einer | |
Regierung unter der Ersten Ministerin O’Neill mitzumachen, wurden die | |
DUP-Chefs gefragt. Sie verweigerten die Antwort. Dass man diese Frage | |
überhaupt stellen muss, sagt einiges über das Demokratieverständnis dieser | |
Partei. | |
8 May 2022 | |
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## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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