# taz.de -- Wahlen in Nordirland: Beginn einer „neuen Ära“ | |
> Die Pro-Wiedervereinigungspartei Sinn Féin wird stärkste Kraft im | |
> nordirischen Regionalparlament. Die Regierungsbildung aber dürfte | |
> schwierig werden. | |
Bild: Angehende Regionalregierungschefin, die für die Wiedervereinigung einste… | |
BELFAST afp | Die irisch-nationalistische Partei Sinn Féin wird erstmals in | |
der 100-jährigen Geschichte der britischen Provinz Nordirland [1][stärkste | |
Kraft im Regionalparlament in Belfast]. Nach Auszählung fast aller Stimmen | |
gewann die Sinn Féin mindestens 27 der 90 Sitze in Stormont. Die | |
pro-britische DUP gestand am Samstag die Wahlniederlage gegen die Sinn Féin | |
ein. Deren Spitzenkandidatin Michelle O'Neill verkündete den Beginn einer | |
„neuen Ära“. | |
„Dies ist heute ein sehr wichtiger Moment des Wandels“, sagte O'Neill. Die | |
45-Jährige dürfte nun die erste Regionalregierungschefin werden, die für | |
eine Wiedervereinigung mit der Republik Irland einsteht. „Ich werde eine | |
Führung anbieten, die integrativ ist, die Vielfalt feiert, die Rechte und | |
Gleichheit für diejenigen garantiert, die in der Vergangenheit | |
ausgeschlossen, diskriminiert oder ignoriert wurden“, kündigte sie an. | |
DUP-Chef Jeffrey Donaldson gestand seine Niederlage ein. „Im Moment sieht | |
es so aus, als ob Sinn Féin als stärkste Partei (aus den Wahlen vom | |
Donnerstag) hervorgehen wird“, sagte er dem Sender Sky News. Er bekräftigte | |
zugleich seine Ablehnung einer Regierungsbeteiligung seiner Partei, solange | |
es keine Änderungen am Nordirland-Protokoll gibt, das im | |
[2][Post-Brexit-Abkommen mit der EU die Zollvorschriften für die Region | |
regelt]. | |
Das [3][Nordirland-Protokoll] sieht Zollkontrollen im Warenaustausch | |
zwischen Nordirland und dem restlichen Vereinigten Königreich vor. Die | |
Regierung in London hatte dem zugestimmt, um Kontrollen an der | |
inneririschen Grenze zu verhindern, da dies den Friedensprozess in der | |
ehemaligen Unruheregion gefährden könnte. Die DUP lehnt die vorgesehenen | |
Warenkontrollen ab und fordert die ersatzlose Streichung des Protokolls. | |
## Von der IRA ins Parlament | |
Die Regierungsbildung dürfte sich nun schwierig gestalten, denn die | |
Regionalregierung in Belfast muss gemäß dem Friedensabkommen von 1998 von | |
katholischen Nationalisten und protestantischen Unionisten gemeinsam | |
geführt werden. „Das Volk hat gesprochen, und unsere Aufgabe ist es nun, zu | |
handeln. Ich erwarte, dass auch andere aufstehen“, sagte O'Neill dazu. | |
Die Sinn Féin galt früher als politischer Arm der paramilitärischen | |
Irisch-Republikanischen Armee (IRA) und steht weiterhin für die Abhaltung | |
eines Referendums über eine Wiedervereinigung des britischen Nordirlands | |
mit der Republik Irland ein. Im Wahlkampf für die Regionalwahl stellte die | |
Partei dieses Anliegen aber hintan und konzentrierte sie sich auf soziale | |
Themen wie steigende Lebenshaltungskosten. O'Neill kündigte nun eine | |
„gesunde Diskussion“ über die irische Wiedervereinigung an. | |
Neben der Sinn Féin ist die konfessionsübergreifende Alliance-Partei der | |
große Gewinner der Regionalwahlen. Sie landete hinter der DUP auf Platz | |
drei. Partei-Vorsitzende Naomi Long forderte, die alten Spannungen zu | |
überwinden. „Wir meinen es ernst damit (....). Wir sind nicht daran | |
interessiert, Spielchen zu spielen.“ | |
8 May 2022 | |
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[1] /Regionalparlamentswahl-in-Nordirland/!5844655 | |
[2] /Politikerin-ueber-Nordirland-Protokoll/!5822052 | |
[3] https://ec.europa.eu/info/strategy/relations-non-eu-countries/relations-uni… | |
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