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# taz.de -- Klimagelder in Deutschland stocken: Ein Vertrauensbruch
> Die Bundesregierung hatte eine Aufstockung der Klimaschutzgelder für
> ärmere Länder zugesagt. Im neuen Bundeshaushalt findet sich davon nichts.
Bild: Der globale Süden kämpft mit den Folgen der Klimakrise: In Indien etwa …
Berlin taz | Es war ein Lichtblick der internationalen Diplomatie zum
Klimaschutz aus dem vergangenen Jahr: Auf dem G7-Gipfel im britischen
Cornwall, dem Treffen der führenden Industrieländer, versprach die
Bundesregierung, die deutschen [1][Klimagelder für Länder im Globalen Süden
beträchtlich aufzustocken]. Bis zum Jahr 2025 würden die Zahlungen auf
jährlich 6 Milliarden Euro anwachsen, hieß es. Zuletzt waren es knapp über
4 Milliarden Euro.
Jetzt ist der Beschluss des Bundeshaushalts für 2022 in der entscheidenden
Phase: Am Mittwoch geht er in die sogenannte Bereinigungssitzung des
Haushaltsausschusses im Bundestag – aber die Bundesregierung scheint
überhaupt keine Steigerung der Klimafinanzierung zu planen. Das zeigt eine
Kleine Anfrage des Linken-Abgeordneten Ralph Lenkert an die
Ampel-Regierung.
Die Antwort ist zwar noch nicht öffentlich, sie liegt der taz aber vor. Der
Umweltpolitiker hatte wissen wollen, ob die Ampel-Koalition zu dem
Versprechen der vorherigen Bundesregierung stehe und wie sich das im
Haushalt widerspiegele.
Die Antwort aus Robert Habecks (Grüne) Wirtschafts- und Klimaministerium:
„Entsprechend des zweiten Regierungsentwurfes für den Bundeshaushalt 2022
wird die Bundesregierung schätzungsweise circa 4,17 Milliarden Euro an
öffentlicher internationaler Klimafinanzierung aus Haushaltsmitteln und
Schenkungsäquivalenten aus KfW-Entwicklungskrediten bereitstellen.“ Das
entspricht in etwa der Größenordnung von 2021.
## OECD hat Finanzierungslücke festgestellt
Eine ähnliche Zahl hatte auch die Klimasonderbeauftragte des Auswärtigen
Amts, die frühere Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan, kürzlich im
[2][Interview] mit der taz genannt. Sie sprach von „knapp 4,2 Milliarden
Euro“.
Die [3][Zahlungen sind wichtig]: Viele arme Länder haben in ihren
Klimazielen angegeben, was genau sie nur mit Geld von außen schaffen
würden. Fließt das nicht, leidet also der Klimaschutz. Außerdem gilt es als
fair, dass emissionsintensive und reiche Industrieländer wie Deutschland
andere Staaten bei Klimaschutz und Anpassung an die Folgen des Klimawandels
unterstützen.
Die Industrieländer haben deshalb längst versprochen, das zu tun, nämlich
mit insgesamt 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr ab 2020. Wer nun wann wie
viel gibt, ist aber nicht vereinbart – das basiert auf freiwilligen
Versprechungen wie dem von Deutschland auf dem britischen G7-Gipfel. Im
vergangenen Herbst hatte der Industrieländerclub OECD festgestellt, dass
die Summe im Jahr 2020 schon mal nicht zustande gekommen sei.
Den genauen Betrag überhaupt zu beziffern, ist gar nicht so leicht – nicht
nur auf internationaler Ebene, sondern auch in jedem einzelnen Land. Im
Bundeshaushalt steht nicht einfach der Posten „Klimafinanzierung“ und
dahinter eine Zahl. Stattdessen zählen Anteile aus allen möglichen
Ausgabestellen hinein. Finanziert beispielsweise das
Entwicklungsministerium in Botsuana ein Programm für eine dürreresistente
Landwirtschaft, könnte das zur Klimafinanzierung gehören.
Solche Projekte gibt es aber auch in der sonstigen
Entwicklungszusammenarbeit, für die es wiederum Extrageldzusagen gibt. Was
nun in welchen Topf zählt, ist also nicht immer eindeutig. Deshalb ist es
wichtig, von welcher Zahl denn eigentlich die Bundesregierung ausgeht.
## Zahlt der Bund alles auf einmal?
Linken-Politiker Lenkert ist nicht zufrieden mit der Antwort auf seine
Frage. „Das Tempo der Anhebung muss im nächsten Haushalt deutlich zunehmen,
denn eigentlich müssten die Mittel um 500 Millionen Euro je Jahr angehoben
werden, damit Deutschland die Verpflichtung von 6 Milliarden Euro ab 2025
erfüllt“, sagt er. Diese konkreten Schritte hatte die Bundesregierung
allerdings nicht versprochen. Theoretisch würde sie ihr Versprechen auch
halten, wenn sie im Jahr 2025 das ganze Geld auf einmal liefern würde.
Das hält Jan Kowalzig von der Entwicklungsorganisation Oxfam allerdings
nicht für glaubhaft. Auch die Eckwerte für den Bundeshaushalt 2023 würden
noch nicht auf eine Steigerung hindeuten. Er spricht von einem
Vertrauensbruch gegenüber den ärmeren Ländern.
„Und das ausgerechnet im Jahr des deutschen G7-Vorsitzes“, so der
Klimaexperte. „Wenn das so bleibt, steht Deutschland international blamiert
da.“ Selbst die vollen 6 Milliarden Euro würden einer Oxfam-Analyse nach
noch nicht dem entsprechen, was bei Deutschlands Klimawandelverantwortung
und Finanzkraft angemessen wäre – dafür wären 2025 jährliche 8 Milliarden
Euro nötig.
Die Ampel-Koalition sieht sich selbst nicht im Hintertreffen. „Die
Bundesregierung steht weiterhin zu der Ankündigung aus 2021, die
Klimafinanzierung aus Haushaltsmitteln perspektivisch von 4 auf mindestens
6 Milliarden Euro jährlich bis 2025 zu erhöhen“, heißt es in der Antwort
auf Lenkerts Anfrage.
Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) hat sich allerdings schon
längst über die finanzielle Ausstattung ihres Hauses beklagt, über das ein
Großteil der Klimafinanzierung läuft. Ihr Vorgänger Gerd Müller (CSU) habe
bei der Budgetplanung nicht über seine eigene Amtszeit hinaus gedacht,
sagte Schulze dem Redaktionsnetzwerk Deutschland schon im Dezember. Das
Ministerium sei „dramatisch unterfinanziert“.
17 May 2022
## LINKS
[1] /G7-Treffen-und-Klimaschutz/!5774780
[2] /Jennifer-Morgan-ueber-Klimaschutz/!5849287
[3] /Staatssekretaer-ueber-Hilfe-fuer-arme-Laender/!5809378
## AUTOREN
Susanne Schwarz
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