# taz.de -- Krieg in der Ukraine: Biden spricht von „Völkermord“ | |
> US-Präsident Biden verschärft seine Vorwürfe gegen Russland. Die Kämpfe | |
> im Osten der Ukraine nehmen zu. | |
Bild: Charkiw, 11. April: Ein Ukrainer sucht in einem U-Bahn-Wagen Schutz vor… | |
taz | Zum ersten Mal hat US-Präsident Joe Biden Russland „Völkermord“ in | |
der Ukraine vorgeworfen. „Ich habe es Völkermord genannt, denn es wird | |
klarer und klarer, dass Putin versucht, die Idee, überhaupt Ukrainer sein | |
zu können, einfach auszuradieren“, sagte Biden bei einem Besuch im | |
US-Bundesstaat Iowa. „Es kommen buchstäblich immer mehr Beweise für die | |
schrecklichen Dinge ans Licht, die die Russen in der Ukraine getan haben.“ | |
Hintergrund sind die sich häufenden Berichte über den Fund von | |
Massengräbern und Erschießungen von Zivilisten in den von russischen | |
Truppen [1][geräumten Gebieten] in der Ukraine. | |
Außerdem stößt in den USA eine Veröffentlichung der staatlichen russischen | |
Nachrichtenagentur RIA-Nowosti auf Entsetzen, die eine langanhaltende | |
russische Besatzung und Zerschlagung der gesamten Ukraine, die Tötung der | |
ukrainischen Eliten und für den Rest der Bevölkerung generalisierte | |
Zwangsarbeit und Umerziehung für eine Dauer von mindestens 25 Jahren | |
empfiehlt. Renommierte US-Historiker haben seitdem den Völkermordvorwurf | |
gegen Russland bekräftigt. | |
Russland wies Bidens Vorwurf als „inakzeptabel“ zurück. Ukraines Präsident | |
Wolodimir Selenski lobte Biden: „Die Dinge beim Namen zu nennen ist | |
wichtig, wenn man sich gegen das Böse behaupten will.“ In seiner | |
Videoansprache reagierte Selenski zudem auf Aussagen des russischen | |
Präsidenten Wladimir Putins vom Vortag, der Feldzug laufe „nach Plan“. Was | |
tauge ein Plan, der den Tod Zehntausender eigener Soldaten vorsehe, fragte | |
Selenski und sprach von 20.000 getöteten russischen Soldaten. | |
Die zunehmend dramatische Rhetorik begleitet eine Intensivierung der Kämpfe | |
im Osten der Ukraine, bei denen Russland allerdings nach wie vor keine | |
nennenswerten Geländegewinne erzielt. In der seit Wochen belagerten und zu | |
großen Teilen zerstörten Stadt Mariupol soll es den zuletzt in zwei | |
separaten Enklaven eingekesselten Verteidigern sogar gelungen sein, ihre | |
beiden Gebiete wiederzuvereinigen. | |
## 20.000 Tote in Mariupol | |
AFP-Journalisten sahen am Dienstag reihenweise abgebrannte Häuserruinen in | |
Mariupol. Die russischen Streitkräfte beanspruchen mittlerweile die | |
Kontrolle über das Zentrum und die Hafeneinrichtungen der Stadt. Die | |
verbleibenden ukrainischen Kämpfer haben sich in den weitläufigen | |
Industriegebieten verschanzt. Das Verteidigungsministerium in Moskau | |
vermeldete am Mittwoch, 1.026 ukrainische Soldaten hätten am | |
Iljitsch-Stahlwerk „freiwillig ihre Waffen niedergelegt und sich ergeben“. | |
Die Berichte wurden jedoch von ukrainischer Seite ebenso wenig bestätigt | |
wie Meldungen der Verteidiger von Mariupol über einen Einsatz von Phosphor | |
durch die russischen Angreifer am Vortag. | |
Noch befinden sich schätzungsweise 100.000 Zivilisten in Mariupol, ohne | |
Lebensmittel, Strom und Wasser und unerreichbar für medizinische | |
Versorgung. Die Zahl der Toten ist nicht bekannt. Der ukrainische | |
Gouverneur der Region Donezk, Pawlo Kyrylenko, sprach am Dienstag von | |
20.000 bis 22.000 Toten in Mariupol. | |
Eine Eroberung Mariupols würde US-Militärexperten zufolge 6.000 russische | |
Soldaten zum Einsatz an anderen Frontabschnitten freisetzen. Denn die aus | |
der Region um Kiew abgezogenen russischen Einheiten sind noch nicht im | |
Osten der Ukraine zum Einsatz gekommen, auch weil viele von ihnen derzeit | |
nicht kampffähig sind. So sind keine größeren russischen Vorstöße zu | |
verzeichnen, solange Mariupol noch umkämpft ist. | |
Es werden jedoch schwere russische Luftangriffe gemeldet, vor allem im | |
Großraum Charkiw. Sieben Menschen seien dort binnen eines Tages getötet | |
worden, mindestens 22 weitere seien bei den Angriffen verletzt worden, | |
erklärte Charkiws Regionalgouverneur Oleg Synegubow am Mittwoch. (mit rtr, | |
afp, dpa) | |
13 Apr 2022 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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