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# taz.de -- Anti-Doping-Kämpferin Berendonk wird 80: Die Aufklärerin
> Die einstige Leichtathletin und Anti-Doping-Pionierin Brigitte Berendonk
> feiert 80. Geburtstag. An den „sauberen Sport“ glaubt sie nach wie vor
> nicht.
Bild: Kämpfte gegen monströse Auswüchse des Sports: Berendonk beim Hans-Brau…
Als eine der ersten Sportlerinnen überhaupt kritisierte im Jahr 1969 die
damalige Diskuswerferin und Kugelstoßerin Brigitte Berendonk öffentlich den
Dopingbetrug im Leistungssport. In der Wochenzeitung DIE ZEIT schrieb sie
einen bemerkenswerten Artikel mit der Überschrift „Züchten wir Monstren? –
Die hormonale Muskelmast“, in der Berendonk vor der schlimmen
Anabolikaseuche und dem Ende des fördernswerten Leistungssports warnte.
Ein kritischer Geist und eine Mahnerin ist Berendonk, die am Montag ihren
80. Geburtstag feiert, bis heute geblieben. Angesichts der Dopingfälle im
Weltsport bilanziert sie: „Einige erfolgsgierige Menschen im Sport sind
nach wie vor auf dem falschen Weg.“ Mit Blick auf Sportgroßereignisse
bedauert sie, „dass, so wie zu meiner Sportlerzeit, saubere Athleten gegen
Betrüger antreten müssen“. [1][Zahlreichen Funktionären aus dem Sport und
der Politik] wirft sie „Halbherzigkeit und Opportunismus“ vor. „Auch daran
hat sich leider nur wenig geändert.“
Berendonk, im thüringischen Dankmarshausen nahe Eisenach geboren und aus
einer Arztfamilie stammend, war 1958 über Westberlin in die Bundesrepublik
geflüchtet. Zuvor war sie DDR-Meisterin in der B-Jugend im
leichtathletischen Vierkampf geworden. Bei den Olympischen Spielen in
Mexiko-Stadt 1968 hatte die Diskuswerferin Berendonk „die massiven,
körperlichen Verwandlungen“ besonders ihrer Konkurrentinnen aus Osteuropa
bemerkt. „Der nahezu wahnwitzige Muskelzuwachs einhergehend mit zunehmender
Vermännlichung, erzeugt durch Anabolika, war unverkennbar.“
Doch selbst in Westdeutschland ignorierten die Sportfunktionäre und
Politiker größtenteils die Mahnungen. Herausgefordert von den zahlreichen
Erfolgen des Ostblocks wollte die Bundesrepublik Schritt halten. Für
Brigitte Berendonk, die spätere Oberstudienrätin für Englisch und Sport am
Hölderlin-Gymnasium in Heidelberg, sowie ihrem Mann, dem Molekularbiologen
und Dopingaufklärer Werner Franke, war dies ein Unding. Sie trugen
unzählige Fakten und Dokumente zum Dopingbetrug in der DDR, aber auch in
der Bundesrepublik und der restlichen Welt zusammen.
## Brisante Dokumente
Ihr wohl größter Coup war nach der Wiedervereinigung die Rettung von einst
streng geheimen DDR-Doping-Dissertationen und Forschungsarbeiten aus dem
Tresorraum der Militärmedizinischen Akademie im brandenburgischen Bad
Saarow der in Auflösung befindlichen DDR-Volksarmee. Diese brisanten
Dopingdokumente konnten sie gegen den Widerstand der Ex-NVA-Offiziere und
der damals überall aktiven Reißwölfe für die Nachwelt sichern. Das 1991
erschienene Buch „Doping – von der Forschung zum Betrug“ der Autorin
Berendonk [2][in Zusammenarbeit mit ihrem Mann] fand weltweite Beachtung.
„Wer wissen will, was war, der kann es nachlesen“, sagt sie.
Gefreut hat sie sich darüber, dass sich einige Sportler für ihre
Aufklärungsarbeit bedankt haben. Darunter die frühere DDR-Schwimmerin und
Staffel-Europameisterin Karen König oder der mehrfache bundesdeutsche
Diskus-Meister Alwin Wagner. Für ihr jahrzehntelanges Engagement gegen
Doping erhielt das Ehepaar Franke-Berendonk im Jahr 2004 das
Bundesverdienstkreuz.
Mit Seniorensport, Wandern oder Gehen im Stadion, Dehn- und Muskelübungen
sowie gesunder Ernährung halte sie sich fit. Den runden Geburtstag wird sie
„mit der Familie in Thüringen in der Nähe von Jena verbringen“.
2 May 2022
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## AUTOREN
Thomas Purschke
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