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# taz.de -- Petition der Woche: Online geht's auch
> Eine Sonderregel ermöglichte psychologische Videosprechstunden während
> der Pandemie. Nun ist diese ausgelaufen.
Bild: Therapie? Sollte weiterhin online möglich sein
Wenn Anne Gildemeier einen [1][Therapietermin hat], klappt sie ihren Laptop
in Belgien auf. Ihre Therapeutin Kathrin Schallenberg schaltet sich aus
Münster zu. Via Videosprechstunde schauen sie sich gemeinsam Bildmaterial
von blutigen Spritzen an. Anschließend sprechen sie über die
angstbehafteten Reize, denen sich Gildemeier, die eigentlich anders heißt,
ausgesetzt hat. „Ich war überrascht, wie gut das funktioniert“, sagt
Gildemeier.
Seit 2019 sind psychotherapeutische Sitzungen auch als Videosprechstunden
möglich. Knapp 20 Prozent aller Sitzungen dürfen Therapeut:innen online
abhalten. Zunächst wurde diese Möglichkeit kaum genutzt, pandemiebedingt
wurde sie dann fast zur neuen Gewohnheit. Denn während der Pandemie haben
die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Spitzenverband der
Gesetzlichen Krankenkassen (GKV-SV) die Begrenzung der Videosprechstunden
vorübergehend aufgehoben – Sitzungen können unbegrenzt online abgehalten
werden.
Anne Gildemeier beginnt ihre Therapie Anfang 2021 in Münster – zunächst in
der Praxis Schallenbergs. Aufgrund des Infektionsrisikos bietet die
Therapeutin ihr die Online-Videosprechstunde als Alternative an. Auch als
Gildemeier ihr Auslandssemester antritt, kann sie die Therapie fortsetzen.
Kathrin Schallenberg ist von dem Format überzeugt: „Das baut Hürden ab.
Besonders für Menschen, denen es vielleicht aufgrund einer Sozialphobie,
einer Depression oder einer körperlichen Erkrankung schwerfällt, das Haus
zu verlassen.“ Hinzu kommt der Wegfall langer Fahrtwege, Barrierefreiheit
für Menschen mit physischen Einschränkungen und die Vermeidung von
Therapiepausen bei Ortswechseln oder Quarantänepflicht.
## Die Präsenzpflicht hemmt die Kontaktaufnahme
Mit Ende der pandemischen Lage ist am 1. April auch die
Coronasonderregelung von KBV und GKV-SV ausgelaufen. Nun ist es
Psychotherapeut:innen immerhin gestattet, 30 statt wie zuvor 20
Prozent ihrer Sitzungen online abzuhalten. Zu wenig, findet Schallenberg.
Sie befürchtet eine weitere Verschlechterung der Versorgungslage,
zusätzlich zu dem gestiegenen Bedarf an [2][pandemiebedingten
Psychotherapieplätzen]. „Die erste Sitzung, bei der unter anderem das
gegenseitige Kennenlernen und die Diagnostik erfolgt, darf man jetzt nicht
mehr online durchführen. Das schafft Hindernisse, die für einige kaum oder
nicht überwindbar sind.“
Schallenberg hat den Kontakt mit der KBV gesucht, die Vorteile der
Videosprechstunden geschildert – ohne Erfolg. Auf Anfrage der taz teilt die
KBV mit, man wolle „perspektivisch eine neue Regelung herbeiführen“ sowie
„einen Vorschlag entwickeln und in die Verhandlungen mit den Krankenkassen
einbringen“.
So lange will Schallenberg nicht warten. [3][Sie hat eine Petition
initiiert], adressiert an die KBV und den GKV-Spitzenverband. Dort verlangt
sie die Zulassung von psychotherapeutischen Videosprechstunden ohne
Begrenzung, mehr als 40.000 Menschen haben innerhalb von vier Wochen
bereits unterzeichnet. Parallel hat Schallenberg weitere Stellen
kontaktiert, darunter auch die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe.
Die teilt ihre Ansicht: Einer Wiederaufnahme der Sonderregelungen stehe sie
„grundsätzlich positiv gegenüber“.
24 Apr 2022
## LINKS
[1] /Stellenwert-von-psychischer-Gesundheit/!5833887
[2] /Pandemie-und-Psyche/!5825229
[3] https://www.change.org/p/an-die-kbv-erlauben-sie-weiterhin-unbegrenzt-die-p…
## AUTOREN
Frederike Grund
## TAGS
psychische Gesundheit
Therapeut
Petition der Woche
Psychotherapie
Psychologie
psychische Gesundheit
Schwerpunkt Coronavirus
Kinderschutz
Flüchtlingspolitik
psychische Gesundheit
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