| # taz.de -- Neue Musik aus Berlin: Wenn Frequenzen sich reiben | |
| > Mikrotonales Erlebnis: Auf Catherine Lambs „Aggregate Forms“ | |
| > interpretieren JACK Quartet zwei neue Werke der Komponistin für | |
| > Streichquartett. | |
| Bild: Kennt sich mit Tonspiralen aus: Die Komponistin Catherine Lamb | |
| „Mikrotonalität“ klingt schwer wissenschaftlich. So, als wären das Töne, | |
| die so „klein“ sind, dass man sie nur mit speziellem technischen Gerät | |
| hörbar machen kann. Was selbstverständlich Quatsch ist. Die Töne, genauer | |
| Tonabstände, sind in solcher Musik zwar wirklich oft sehr klein, man kann | |
| sie aber mit fast jedem handelsüblichen Instrument erzeugen. Besonders gut | |
| geeignet sind Streichinstrumente. | |
| Die in Berlin lebende US-amerikanische Komponistin Catherine Lamb gehört zu | |
| der wachsenden Zahl an Musikern, die sich weniger um Melodien im | |
| herkömmlichen Sinn scheren als vielmehr die Vielstimmigkeit geringer und | |
| geringster Schwingungsunterschiede erkunden. | |
| Wo andere sagen würden, dass das Instrument verstimmt ist, wird es für sie | |
| erst interessant. Man hört bei ihr oft bloß minimale Tonschritte oder wie | |
| in ihrem „String Quartet (Two Blooms)“ vor allem die Reibungen von | |
| Frequenzen, die man mit an die üblichen Tonleitern gewöhnten Ohren gar | |
| nicht als verschiedene Töne wahrnehmen würde. | |
| Auf die Frage, warum man sich das anhören soll, antwortet man am besten | |
| mit: ausprobieren! Entweder man verabschiedet sich mit einem Urteil wie | |
| „Katzenmusik“, oder es öffnet sich ein neuer Kosmos. Die Musiker des JACK | |
| Quartet, die auf [1][„Aggregate Forms“] zwei Werke Lambs für | |
| Streichquartett interpretieren, spielen nicht „schief“, sondern müssen sehr | |
| präzise hören für die Nuancen, die Lamb ihnen abverlangt. Was dabei | |
| geschieht, ist auf unspektakuläre Weise grandios. | |
| 24 Apr 2022 | |
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| [1] https://www.kairos-music.com/cds/0018010kai | |
| ## AUTOREN | |
| Tim Caspar Boehme | |
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