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# taz.de -- Selenskis Rede an Israels Parlament: Mord braucht keine Vergleiche
> Selenski vergleicht den Krieg mit der „Endlösung“. Demokratien haben
> diese Geschichtsklitterung nicht nötig – und es beleidigt die
> Holocaust-Opfer.
Bild: Ein zerstörtes Wohnhaus mit Brandspuren in Mariupol
Über [1][Mariupol liegt dunkler Rauch]. Auf den wenigen Bildern, die uns
noch erreichen, sieht man brennende Apartments in großen Wohnblöcken.
Andere Wohnungen zeigen sich schwarzen Höhlen gleich, sie sind vom Feuer
verzehrt, ohne Fenster und unbewohnbar. Die russische Militärmaschine hat
nicht nur Wohnhäuser getroffen, sondern auch eine Geburtsklinik und das
städtische Theater. Niemand kennt die Zahl der Toten unter den Zivilisten.
Für sie werden Massengräber ausgehoben.
In Charkiw, der Großstadt im Nordosten der Ukraine, ist am vergangenen
Freitag der Holocaust-Überlebende [2][Boris Romantschenko] bei einem
Angriff auf ein mehrgeschossiges Wohnhaus ums Leben gekommen. Der
96-Jährige hatte die Konzentrationslager Buchenwald, Peenemünde, Dora und
Bergen-Belsen überlebt und war Vizepräsident des Internationalen Komitees
Buchenwald-Dora. So also sieht die Befreiung eines Landes von Nazis aus,
wie der russische Präsident Wladimir Putin seinen Angriffskrieg begründet.
Mit gezielten Militärschlägen gegen Frauen, Männer und Kinder. Diese
Kriegsverbrechen sind so beabsichtigt wie offensichtlich.
Und doch sollten wir uns davor hüten, vorschnell Vergleiche zu ziehen.
Schon gar nicht mit dem Holocaust, dem sechs Millionen Jüdinnen und Juden
zum Opfer fielen, ja dessen Ziel die Ermordung eines ganzen Volkes war.
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat am Sonntagabend [3][bei
einer Videoansprache ausgerechnet nach Israel einen solchen Vergleich
gezogen und von einer „Endlösung“] in der Ukraine gesprochen, dem
Nazi-Codewort für die Vernichtung der Juden. Das ist historisch falsch. Es
beleidigt die Opfer von damals, die damit im Nachhinein funktionalisiert
werden – und sei es für einen Verteidigungskrieg. Und es ziemt sich schon
gar nicht für Deutsche, die dieses singuläre Verbrechen begangen haben.
Wladimir Putin hat mit seiner Behauptung, man müsse in der Ukraine den
Nazismus niederringen, für eine neue Qualität im Ranking der irrsinnigsten
Begründungen für einen Angriffskrieg gesorgt. Tatsächlich soll diese
schamlose Lüge an den Kampf der Sowjetunion gegen den Nationalsozialismus
erinnern. So versucht der russische Präsident, die eigene Bevölkerung
hinter sich zu einen und sein Tun zu rechtfertigen – ein billiges, aber
wirksames Propagandamanöver.
Demokraten sollten solcherart Geschichtsklitterung nicht nötig haben. Es
genügt, die Bilder aus Mariupol, Charkiw und Kiew zu sehen, und es reicht,
die Erklärungen aus Moskau zu hören, um zu wissen, wer hier die Verbrecher
sind. Ohne Vergleiche.
21 Mar 2022
## LINKS
[1] /Krieg-in-der-Ukraine/!5840065
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Boris_Romantschenko
[3] https://www.youtube.com/watch?v=BJ459umCHFo
## AUTOREN
Klaus Hillenbrand
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Mariupol
Bergen-Belsen
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Ukraine
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