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# taz.de -- Die Wahrheit: Witzlose Zeiten
> Ein Kollateralnutzen des momentanen Krieges ist der neue Sarkasmus,
> obwohl es beim Humor wahnsinnig schwer ist, allen gerecht zu werden.
Bild: Was die Lachmöwe wohl vom Humor der Menschen in diesen dunklen Kriegszei…
Erste Frage: Haben wir gerade witzlose Zeiten? Weil „die Lage“ so schlimm
ist? Weil die Nachrichten so deprimierend, die Bilder so grauenhaft sind?
Ja, doch, kann man so sagen. Einerseits. Andererseits heißt es aber doch
immer: „Lachen ist die beste Medizin.“ Also, was jetzt? Besser mal einen
guten Witz machen, weil das die Abwehrkräfte stärkt? Nächste Frage: Was ist
ein guter Witz? Kommt unter anderem drauf an, wer ihn erzählt. Und wem er
erzählt wird.
„Tumor ist, wenn man trotzdem lacht.“ Sollte der Onkologe zur
Stimmungsaufhellung besser nicht seinem Chemopatienten sagen. Falsche
Richtung. Umgekehrt geht aber ganz gut. Weiß ich aus Erfahrung.
In Humorangelegenheiten ist es aber auch wahnsinnig schwer, sich in fremde
Menschen hineinzuversetzen. Man hat doch manchmal überhaupt keine Ahnung
davon, was in anderen Kreisen von den Zuhörern als komisch empfunden wird.
Ist ja oft schon von Dorf zu Dorf sehr unterschiedlich. Es gibt Witze, die
sollte man als Dortmunder zum Beispiel nicht in Gelsenkirchen erzählen. Und
umgekehrt. Und noch weiter weg wird es ganz unübersichtlich.
In – ich drehe mal gerade meinen beleuchteten Globus – und: Finger drauf,
stopp. In … wie heißt das? Äthiopien? Ja. In Äthiopien herrscht gerade eine
sehr große Hungersnot. Laut einem Bericht der Vereinten Nationen benötigen
in dem afrikanischen Land aktuell 26 Millionen Menschen humanitäre Hilfe.
Vier Millionen Menschen sind innerhalb von Äthiopien auf der Flucht. Nach
neuesten UN-Schätzungen stehen alleine in der umkämpften Region Tigray über
400.000 Menschen am Rande einer Hungersnot. 13 Prozent aller Kinder unter
fünf Jahren sind in Tigray unterernährt – genauso wie die Hälfte aller
schwangeren und stillenden Frauen.
## Worüber lachen Äthiopier?
Ich habe überhaupt keinen Schimmer, ob und worüber da noch gelacht wird.
Aber ich könnte mir vorstellen, dass, wenn man denen in Äthiopien erzählte,
in Russland würden gerade alle Filialen von McDonald’s geschlossen, um das
Putin-Regime in die Knie zu zwingen – ich könnte mir vorstellen, dass das
in Äthiopien für Comedy gehalten wird.
Kürzlich war ich dabei, als ein paar Deutsche in Anwesenheit von
Ukrainerinnen, die gerade mit ihren Verwandten in Odessa telefoniert
hatten, darüber diskutierten, ob die hohen Benzin- und Dieselpreise die
Solidarität der Deutschen mit dem ukrainischen Volk gefährdeten. Ich hatte
den Eindruck, dass die den Deutschen zuhörenden Ukrainer das auf eine Art
komisch fanden. Mir war so, als ob sie darüber lachten. Nicht laut. Eher
gequält. Sie verzogen die Münder. Sie lachten so, wie halt gelacht wird,
wenn es jemandem zum Heulen zumute ist.
„Der schwarze Humor ist eine Form von Notwehr im Zeitalter der
Desillusionierung und des Nihilismus“, schrieb der große Sarkast André
Breton mitten im Zweiten Weltkrieg 1940 im Vorwort zu seiner „Anthologie
des schwarzen Humors“. Sarkasmus ist wohl auch heute das einzige Mittel,
den drohenden Dritten Weltkrieg zu ertragen.
Vorletzte Frage: Hat der russische Staatspräsident Humor? Wenn ja, letzte
Frage: Worüber lacht Wladimir Wladimirowitsch Putin? Ich kenne keinen, aber
es gibt doch angeblich Witze, bei denen dem Zuhörer das Lachen im Halse
stecken bleibt. Das wäre dann in dem Fall wirklich ein guter.
18 Mar 2022
## AUTOREN
Fritz Eckenga
## TAGS
Die Wahrheit
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Krieg
Satire
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Queen Elizabeth II.
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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Kolumne Die Wahrheit
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