Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- USA schließen Botschaft in Kiew: Diplomatie ohne Diplomaten
> Die USA verlegen ihre Botschaft von Kiew nach Lwiw. Doch statt
> Absetzbewegungen braucht die Ukraine jetzt Präsenz – auch
> zivilgesellschaftliche.
Bild: „Don't be a pussy!“, Femen-Aktivistin vor der US-Botschaft in Kiew de…
Die Diplomat:innen der US-Botschaft in [1][Kiew] brechen ihre Zelte ab.
Über 200 Botschaftsangehörige sollen nun in das westukrainische Lwiw,
gerade mal eine Autostunde von Polen entfernt, umziehen. Deutschland will
vorerst seine Botschaft in Kiew offen halten, hat aber wie viele andere
Botschaften in der [2][Ukraine] auch, sein Personal reduziert und
gleichzeitig das Konsulat vom ostukrainischen Dnipro nach Lwiw verlegt.
Die Message, die bei diesen Evakuierungen rüberkommt, könnte eindeutiger
nicht sein: Die Ukraine ist ein sinkendes Schiff, eine heiße Kartoffel. Und
was macht man mit einer heißen Kartoffel? Man lässt sie einfach fallen.
Dieses Signal einer Absetzbewegung ist in seiner Aussagekraft stärker als
alle Beteuerungen von Solidarität und Unterstützung. Gerade, weil eine
Invasion der Ukraine durch Russland keinesfalls so sicher wie das Amen in
der Kirche ist, muss man gerade jetzt den potentiellen Imageverlust, den
Russland bei einem Angriff erleiden würde, so hoch wie möglich ansetzen.
Diplomaten, die sich jetzt nach Lwiw absetzen, schauen weg, halten einem
Angreifer den Weg frei, gehen an einen Ort, wo sie nicht gebraucht werden.
Jetzt ist die Stunde der Diplomatie und bei wichtigen Verhandlungen ist es
nicht ratsam, nur auf den Online-Kontakt angewiesen zu sein, es braucht die
Anwesenheit geschulter Kräfte vor Ort.
Doppelte Botschaften kommen auch aus Deutschland. Olaf Scholz hat bei
seinem kürzlichen Kiew-Aufenthalt viel von Solidarität, Gemeinsamkeiten und
Werten gesprochen. Doch so schnell wie er gekommen ist, war er dann auch
wieder weg. Nicht einmal übernachtet hat seine Delegation in Kiew. Als sei
man nach Tschernobyl gereist. Und was sind schon die großspurig von Scholz
in Kiew versprochenen Milliönchen, verglichen mit den
Milliarden-Geschäften, die Deutschland mit Russland im [3][Energiebereich]
macht!
Eines haben die Evakuierung der US-Diplomaten aus Kiew und der sechs Meter
lange Verhandlungstisch von Wladimir Putin gemeinsam: Diplomaten und
PolitikerInnen gehen derzeit auf Abstand. Dabei ist gerade jetzt Nähe
gefragt. Daher müsste es eigentlich genau andersherum laufen: Botschaften
sollten ihr Personal aufstocken, internationale Organisationen wie die OSZE
sollten noch mehr Präsenz zeigen, Präsident Biden sollte die jüngste
Einladung von Präsident Selenski, kurzfristig nach Kiew zu reisen, annehmen
und Bundeskanzler Scholz sollte mal für eine Woche nach Kiew kommen.
Weil die PolitikerInnen zunächst an ihre eigene Haut denken, könnte jetzt
die Zivilgesellschaft das Vakuum füllen. Wie wäre es mit einem Konzert der
in der Ukraine und Russland populären Musikband Rammstein mitten in Kiew
oder Charkiw? Wie wäre es mit einem internationalen Kongress in der Nähe
der Grenze zu Russland? Signale sind genau so wichtig wie Sprache, und sie
müssen jetzt auch von der Zivilgesellschaft kommen.
15 Feb 2022
## LINKS
[1] /Scholz-zu-Besuch-in-Moskau/!5831873
[2] /Konflikt-zwischen-Russland-und-Ukraine/!5831196
[3] /Brennelementefabrik-in-Lingen/!5832981
## AUTOREN
Bernhard Clasen
## TAGS
Ukraine-Konflikt
USA
Russland
Kyjiw
Ukraine-Konflikt
Wladimir Putin
Ukraine-Krise
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Ukraine
## ARTIKEL ZUM THEMA
US-Reaktionen auf Ukrainekrise: Zunächst nur kleine Sanktionen
Die USA reagieren rhetorisch scharf auf die Anerkennung der
„Volksrepubliken“ durch Russland, halten sich aber die Hintertür zur
Diplomatie offen.
Gespräch zwischen Putin und Scholz: Ganz ordentlich gelaufen
Beim Gespräch zwischen Scholz und Putin gab es kaum Annäherung. Aber
immerhin ist eine gesichtswahrende Lösung des Ukraine-Konflikts in Sicht.
Russland-Nato-Krise: Kiew fordert Ultimatum von Scholz
Kanzler Scholz besucht Moskau. Die USA schließen ihre Botschaft in Kiew.
Und die Linkspartei bringt Merkel als Vermittlerin ins Gespräch.
Konflikt zwischen Russland und Ukraine: In der Vorkriegszeit
Jeden Tag gibt es neue düstere Vorhersagen darüber, wann ein Krieg in der
Ukraine beginnen könnte. Warum die Stimmung so bedrohlich erscheint.
Konflikt zwischen Russland und Ukraine: Reden, reden, reden
Bei seiner US-Visite musste Kanzler Scholz Zweifel an Deutschlands Rolle
aus dem Weg räumen. Die schwierigen Verhandlungen stehen aber noch bevor.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.