Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Charité-Oberarzt über Lage in Kliniken: „Ein Bruchteil des Norm…
> Mit Omikron kommen die Krankenhäuser zurecht. Aber für Patient:innen
> mit verschiebbaren Eingriffen herrscht weiter der Ausnahmezustand, sagt
> Steffen Weber-Carstens.
Bild: Nach Omikron kommt der Patientenrückstau: Ärztin an der Berliner Charit…
taz: Der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft hat kürzlich Entwarnung
gegeben – er [1][rechnet nicht mehr mit einer Überlastung] der
Krankenhäuser durch die Omikron-Welle. Sehen Sie das auch so, Prof.
Weber-Carstens?
Steffen Weber-Carstens: Das ist eine Frage des Blickwinkels. Nach wie vor
sind die Krankenhäuser enorm belastet und decken nur einen Bruchteil ihres
Normalprogramms ab. Wir versorgen Notfälle, dringende Tumor-Operationen,
die wir nicht verschieben können, und natürlich die Covidpatienten. Aber
nahezu alle elektiven Behandlungen werden seit Monaten verschoben. Jetzt
kommen noch die Covidpatienten auf den Normalstationen dazu – allein in
Berlin über 1.000 – sowie die Infektionen beim Personal. Das ist eine
enorme Belastungssituation, die seit Monaten anhält.
Erwarten Sie noch eine Welle älterer Patient:innen auf den
Intensivstationen – vergleichbar zur aktuellen Situation in Israel?
Das passiert bereits. Laut den aktuellen Zahlen des Divi-Intensivregisters
sind 69 Prozent der Patienten, die wegen Sars-CoV-2 auf Intensivstationen
behandelt werden, über 60 Jahre alt.
Dabei sind die Inzidenzen in dieser Altersgruppe nach wie vor
vergleichsweise gering.
Offenbar schützt sich diese Gruppe bisher ganz gut. Hier in Berlin sinkt
die sehr hohe Gesamt-Inzidenz auch seit ein paar Tagen leicht, vielleicht
haben wir den Peak bereits erreicht. Ob es aber noch eine Verschiebung des
Infektionsgeschehens in die Gruppe der Älteren gibt, wird man sehen.
Nehmen Sie in der Charité noch Patient:innen aus anderen Bundesländern
auf?
Wir sind mit Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg im
sogenannten Kleeblatt Ost organisiert und unterstützen uns gegenseitig,
falls die intensivmedizinischen Kapazitäten zu knapp sind. Einmal pro Woche
besprechen wir uns zur akuten Situation und im Moment kommen alle diese
Bundesländer allein zurecht. Es gibt also keine Verlegungen bis auf eine
Ausnahme: Patienten aus Brandenburg mit akutem Lungenversagen werden zur
Ecmo-Therapie (maschinelle Lungenunterstützung, d. Red.) in die Charité
gebracht.
Die Krankenhäuser kommen also auf der einen Seite mit Omikron zurecht, auf
der anderen Seite sind wir vom Normalbetrieb noch weit entfernt. Seit wann
genau verschieben Sie jetzt elektive Eingriffe?
Seit dem 10. November, also seit genau drei Monaten. Das betrifft alle
Patientengruppen in jedem Fachgebiet.
Was wird benötigt, damit Kliniken wie die Charité wieder dahin kommen, dass
Behandlungen ohne lange Wartezeiten durchgeführt werden können?
Das Erste ist: Wir brauchen unser Personal zurück! Solange uns die Menschen
wegen eigener Infektionen ausfallen, werden wir diesen Engpass haben und
können gar nicht reagieren, selbst wenn das Infektionsgeschehen insgesamt
wieder leicht zurückgeht. Wir haben in der Charité seit Monaten Personal
zusammengezogen, um auf den Intensivstationen und jetzt auch auf den
Normalstationen die vielen Covidpatienten überhaupt so gut behandeln zu
können. Gerade im Pflegebereich brauchen wir alle: Da arbeiten
Intensivpflegekräfte neben Medizinstudenten und Pflegekräften von den
Normalstationen, zeitweise wurden auch Ärzte als Pflegekräfte eingesetzt.
Aber selbst wenn es in einigen Wochen weniger Covidpatient:innen und
Infektionen beim Personal gibt: Müssen wir uns an längere Wartezeiten bei
Krankenhausbehandlungen gewöhnen, weil es seit der Pandemie noch einmal
weniger Pflegekräfte gibt?
Tatsächlich wird aus anderen Kliniken berichtet, dass sie ohnehin nur noch
80 Prozent ihrer Betten betreiben können, weil sie so viel Personal
verloren haben. Das ist in der Charité ein bisschen anders: Wir haben netto
sogar dazugewonnen an Pflegekräften seit Beginn der Pandemie. Insofern
gehen wir durchaus davon aus, dass die Charité wieder in den Normalbetrieb
kommt. Wie viele Wochen das dauert, lässt sich nicht beantworten. Die
Pandemie hat in der Vergangenheit ja mehrfach ihren dynamischen Charakter
gezeigt.
Sie müssen dann ja auch erst einmal den Rückstau an verschobenen
Behandlungen aufarbeiten, nicht wahr?
Das war genau das, was wir nach den vorherigen Wellen, in denen ja auch
schon elektive Behandlungen verschoben werden mussten, gesehen haben. Wir
stimmen uns derzeit quasi täglich ab, wie die Kapazitäten sind und wer wie
dringend behandelt werden muss, damit sich nicht zu viel ansammelt. Aber
natürlich kommt es zu einem Rückstau, das ist gar keine Frage.
Sie haben vielleicht weniger unter Personalflucht zu leiden an der Charité,
aber dafür haben Sie auch die besonders schweren Patient:innen mit den
besonders langen Liegedauern. Wird auch das die Rückkehr zum Normalbetrieb
verzögern?
Im Rahmen des Save-Konzepts ist die Charité in der Region für die besonders
schweren Covid-19-Fälle eingeteilt, dafür fühlen wir uns verantwortlich.
Zeitweise hatten wir zeitgleich fast 160 Covidpatienten auf der
Intensivstation, das war in der Dimension – soweit ich weiß – einmalig. Mit
der Behandlung dieser Schwerstkranken sind unsere Kapazitäten noch einmal
länger gebunden als in anderen Kliniken, das ist richtig. Vom Normalbetrieb
sind aber alle Kliniken hier in Berlin noch ein gutes Stück entfernt – das
ist die Realität.
14 Feb 2022
## LINKS
[1] /Nachrichten-zur-Coronakrise/!5834391
## AUTOREN
Manuela Heim
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Gesundheit
Krankenhäuser
Charité
Omikron
GNS
Schwerpunkt Coronavirus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Plan zum Ende der Corona-Maßnahmen: Schritt für Schritt raus
Die Ministerpräsidentenkonferenz plant, tiefgreifende Corona-Maßnahmen zu
beenden. Schon Anfang März könnten Clubs wieder öffnen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.