Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Autor über Quantenmechanik: „Eine irre Idee“
> Die Quantenmechanik hat die Wissenschaft durchgeschüttelt. Von den
> menschlichen Konsequenzen handelt Tobias Hürters Buch „Zeitalter der
> Unschärfe“.
Bild: Fliegt laut Quantenmechanik eventuell mit zwei Tempi zugleich: Ball vor d…
taz: Herr Hürter, warum wurde vor 100 Jahren so heftig über die
Quantenmechanik gestritten?
Tobias Hürter: Wenn man sich die Welt intuitiv vorstellt, denkt man doch:
Jeder Gegenstand hat seinen bestimmten Ort. Wenn ich meinen Handschuh nicht
finde, gehe ich dennoch davon aus, dass er an einem bestimmten Ort ist.
Laut [1][Quantenmechanik], in deren Rahmen die Unschärferelation formuliert
wurde, kann der Handschuh aber an zwei Orten zugleich sein. Und ein Ball,
der durch die Luft fliegt, kann mehrere Geschwindigkeiten gleichzeitig
haben. Der Ort des Handschuhs und der Zustand des Balls sind also unscharf.
Das ist die Unschärferelation, das Kernstück der Quantenmechanik. Für die
Forscher, die diese Theorie in den 1920ern entwickelten, war dieser Gedanke
unerhört. Sie haben sich gewehrt und gesagt: Die Welt kann nicht sein, wie
die Theorie sagt, die wir gerade entwickeln. Selbst Albert Einstein, ihr
Mitbegründer, hat bis zu seinem Tod versucht, sie zu widerlegen.
Ist Ihr Buch eine Porträtsammlung oder ein physikalisches Erklärstück?
Weder noch. Ich möchte vielmehr zeigen, wie die ForscherInnen – darunter
[2][Marie Curie] und [3][Lise Meitner] – miteinander umgingen. Wie sie
gestritten und gerungen haben. Ich will zeigen: Wie kommt so eine
großartige, irre Idee in die Welt? Und das in einer Zeit mit Veränderungen
auf allen Ebenen. Das Buch beginnt 1895 mit Max Planck im preußisch
geprägten Deutschland. Da war die Welt noch „in Ordnung“, moralische und
politische Maßstäbe waren klar. Am Ende des Buchs, 1945, nach dem Zweiten
Weltkrieg, gab es die Atombombe, die verschiedenen politischen Systeme,
neue Lebensformen. Alles war unschärfer geworden.
Welche ForscherInnen unterstützten einander, welche bekämpften sich?
Niels Bohr, der auch frühere Formen der Quantenmechanik entwickelt hatte,
war eine Vaterfigur für Werner Heisenberg, der später die Unschärferelation
formulierte. Bohr hat für seine Schützlinge gesorgt, sie zu sich nach
Kopenhagen geholt, ihnen Stellen verschafft. Für eine Gegnerschaft in
Freundschaft stehen dagegen Bohr und Einstein. Bohr verteidigte die
Quantenmechanik, Einstein griff sie an. Über viele Jahre glaubte Einstein
immer wieder, jetzt habe er endlich die Quantenmechanik widerlegt. Und
immer wieder hat Bohr die Widerlegung widerlegt.
Apropos Atombombe. War diesen klugen Köpfen klar, wohin ihre Erkenntnisse
führen können?
Das ist die dunkle Seite dieser Geschichte, und die wollte ich auch nicht
aussparen. Ich glaube, es ist vielen zu spät klar geworden, dass sie sich
mit dem Teufel verbündet haben. Heisenberg hat unter den Nazis das
[4][deutsche Atomprogramm], das [5][„Uranprojekt“], wesentlich
vorangetrieben. Auf der anderen Seite waren die Physiker, die das
Manhattan-Projekt – das Atomprojekt der USA – vorangetrieben und die Bombe
tatsächlich gebaut haben. Niels Bohr gehörte dazu. Diese Entwicklung hat
die Freundschaft zu Heisenberg zerstört.
16 Feb 2022
## LINKS
[1] /Jerme-Ferrari-ueber-Roman-Das-Prinzip/!5018682
[2] /Regisseurin-ueber-Marie-Curie/!5693768
[3] /Archiv-Suche/!327583&s=lise+meitner&SuchRahmen=Print/
[4] /Carl-Friedrich-von-Weizsaecker/!5089651
[5] /Archiv-Suche/!513880&s=werner+heisenberg&SuchRahmen=Print/
## AUTOREN
Petra Schellen
## TAGS
Physik
Forschung
Atombombe
Lesung
Hamburg
Computer
Physik
Forschungsförderung
## ARTIKEL ZUM THEMA
Quanten im Forschungslabor: „Das nächste große Ding“
Computer auf Basis der Quantentechnologie werden die derzeitigen
Rechnersysteme ablösen. Die Bundesregierung will den Anschluss nicht
verlieren.
Die Wahrheit: Quanten im Kopf
Die Welt der Physik ist ganz märchenhaft, wenn man sich einmal durch die
stachelbewehrte Dornenhecke des Verstehens gequält hat.
Universum und Materie: Große Geräte für große Forscherfragen
Teilchenbeschleuniger und Teleskope: Rund 15 Milliarden Euro stehen in den
nächsten 10 Jahren für den Betrieb von Großforschungsanlagen bereit.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.