# taz.de -- Radverkehr in Hamburg: Sichere Fahrt für freie Radler | |
> Zwei Jahre alt ist die Einigung zwischen Senat und der Volksinitiative | |
> „Radentscheid Hamburg“. Im Verkehrsausschuss wurde ein Fazit gezogen. | |
Bild: Ab hier bitte auf dem Bürgersteig weiterfahren: Radweg auf der Hamburger… | |
HAMBURG taz | Zwei Jahre ist es her, dass die angestrebte | |
[1][Volksinitiative „Radentscheid Hamburg“] vorzeitig mit einer Einigung | |
gestoppt wurde. Doch was hat das für die Entwicklung des Radverkehrs in | |
Hamburg gebracht? Die Initiativengruppe sowie der Senat ziehen ein erstes, | |
sehr unterschiedliches Fazit. | |
Glücklich sind die Fahrradaktivist:innen nicht, das zeigte sich am | |
Mittwochabend im Verkehrsausschuss der Bürgerschaft. Dagegen präsentierte | |
sich Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) zufrieden, weil die Initiative | |
positive Auswirkungen auf die Politik gehabt hat: „Die Strategie des Senats | |
basiert auf der Einigung mit der Initiative.“ | |
Günther Reimers, Sprecher der Initiative, bemängelte, dass der Senat bei | |
der Entwicklung des Radverkehrsnetzes weiter vor allem die Umsetzung von | |
Maßnahmen im Blick hat: „Doch Maßnahmen sind keine Ziele, sondern mit ihnen | |
sollen Ziele erreicht werden.“ Die Initiative formuliert das Ziel, den | |
Radverkehr in erster Linie so sicher zu machen, dass mehr Menschen das Rad | |
nutzen. | |
Ausschussmitglieder der rot-grünen Regierungsfraktionen betonten hingegen, | |
dass bereits einige beschlossene Maßnahmen schon umgesetzt worden seien. | |
## Einigung mit dem Hamburger Senat | |
Die Radaktivist:innen meldeten 2019 die Volksinitiative an – | |
tragischerweise an einem Tag, an dem im Stadtteil Stellingen ein Radfahrer | |
von einem abbiegenden Laster getötet wurde. Konkretes Ziel der Initiative | |
war ein Hamburger Radnetz nach niederländischem Vorbild: Kreuzungen sollen | |
für Radfahrende baulich geschützt sein, ebenso sollen die Radstreifen an | |
den Hauptstraßen gut abgetrennt vom motorisierten Verkehr sein, der Belag | |
solle sich farblich von angrenzenden Flächen absetzen. | |
Mit der Umsetzung eines geforderten 12-Punkte-Plans solle damit ein | |
„dichtes, barrierefreies Radfahrnetz für alle“ entstehen. | |
Früh nach Anmeldung der Volksinitiative begannen die Verhandlungen zwischen | |
den rot-grünen Regierungsfraktionen und den Aktivist:innen. Schon nach | |
sechs Monaten, im April 2020, war in den Verhandlungen eine Einigung | |
erzielt worden. Ein abschließender Volksentscheid war damit seitens der | |
Politik abgewendet. | |
Die Aktivist:innen zeigen sich heute mit dem Ergebnis weiterhin mäßig | |
zufrieden. Zwar konnten sie dem Senat abringen, dass Radstreifen besser | |
abgetrennt sind vom Autoverkehr. Und auch war eine zentrale Forderung | |
angenommen, dass keine Radstreifen mehr zwischen zwei Autostreifen | |
verlaufen soll – sogenannte Radstreifen in Mittellage. | |
Andererseits bemängeln sie, dass es kaum Zusagen über Finanzierungen und | |
konkrete zeitliche Vereinbarungen der auszubauenden Strecken gebe. „Unser | |
Ziel war, ein gutes Streckennetz für Kinder, Pendler und Ältere zu | |
ermöglichen“, sagt Reimers heute. „Da sind wir auch heute noch lange | |
nicht.“ | |
## Bündnis für Rad- und Fußverkehr nimmt Fahrt auf | |
Vor drei Wochen verkündete Verkehrssenator Anjes Tjarks die wichtigsten | |
Radverkehrskennzahlen aus dem vergangenen Jahr. So nahm der Fahrradverkehr | |
im Vergleich zu 2020 massiv ab. Im Vergleich zum Vor-Pandemie-Jahr 2019 | |
ergab sich ein anderes Bild: Demgegenüber legte der Radverkehr um 23 | |
Prozent zu, während sich der Autoverkehr um 19 Prozent verringert habe. | |
Und beim Ausbau des Radverkehrsnetzes scheint es mittlerweile voran zu | |
gehen: Tjarks gab bekannt, dass 56 Kilometer Radweg neu gebaut oder saniert | |
wurden. Das ist zwar etwas weniger als im Jahr zuvor, allerdings deutlich | |
mehr als in den Jahren 2015 bis 2019. Da waren es durchschnittlich rund 35 | |
Kilometer. Vom eigens gesteckten Ziel, rund 60 bis 80 Kilometer neuer | |
Radweg jährlich, ist Tjarks dennoch entfernt. | |
Um das mittelfristig aber hinzubekommen, erneuerte der Senat sein Bündnis | |
für den Radverkehr Ende vergangenen Jahres. Darin haben sich Senats- wie | |
Bezirksbehörden verpflichtet, gemeinsam den Radverkehr auszubauen, es wurde | |
auch um die Belange von Fußgänger:innen erweitert. Verbände, | |
Initiativen und Organisation sollen derzeit noch eingebunden werden. | |
Reimers überzeugt das Bündnis nicht: „Die Verantwortung etwa für | |
Schulradwege wurden in die Bezirksbehörden verschoben, doch Tjarks muss | |
diese auch in die Lage versetzen, das umzusetzen“, bemängelt Reimers. | |
27 Feb 2022 | |
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## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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