| # taz.de -- Iranisches Atomprogramm: USA will Sanktionen abbauen | |
| > Washington macht einen Schritt auf Teheran zu. Das von Trump gekündigte | |
| > Atomabkommen mit dem Iran könnte erneuert werden. | |
| Bild: Irans Außenminister Hossein Amir-Abdollahian im Gespräch mit Präsident… | |
| Die Stimmung ist schlecht, die Aussichten sind trübe, doch es läuft gut: So | |
| lässt sich der Stand der Iran-Gespräche in Wien zusammenfassen. In der | |
| österreichischen Hauptstadt wird seit Monaten über eine Neuauflage des | |
| internationalen Atomabkommens verhandelt, das Iran am Bau von Atomwaffen | |
| hindern soll. Die USA hatten den Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) | |
| 2018 unter Donald Trump verlassen, woraufhin auch Iran gegen die ihm | |
| auferlegten Auflagen aus dem Deal von 2015 verstieß. | |
| Lange stritt man in Wien, wer nun den ersten Schritt machen muss. Macht | |
| Washington eine Zusage, mit dem Abbau der Iran-Sanktionen zu beginnen? Oder | |
| beschränkt Teheran sein Atomprogramm? Nun haben die USA einen sehr kleinen | |
| Schritt gewagt: Das US-Außenministerium kündigte einen Abbau bestimmter | |
| Sanktionen an. Teheran begrüßte dies am Samstag als „richtigen, aber nicht | |
| ausreichenden“ Schritt. Man warte, dass „etwas Greifbares geschieht“, sag… | |
| Außenminister Hossein Amir-Abdollahian. Auch die US-Seite betonte, es gehe | |
| lediglich darum, „technische Diskussionen“ in der letzten Phase der | |
| Verhandlungen zu „erleichtern“. | |
| Konkret geht es um die Wiederherstellung einer Ausnahmeregelung bei den | |
| US-Sanktionen, die es Drittstaaten und Privatunternehmen ermöglicht, mit | |
| Iran in bestimmten Aspekten des zivilen Atomprogramms zusammenzuarbeiten, | |
| ohne selbst Sanktionen befürchten zu müssen. Die Regelung ermöglicht etwa | |
| die Ausfuhr von Uran. Unter dem alten Abkommen wurde Irans Vorrat an | |
| schwach angereichertem Uran nach Russland sowie schweres Wasser nach Oman | |
| transportiert. Dafür brauchte es Kooperation mit Moskau und Maskat. | |
| Der jüngste Schritt der USA ist ein Hinweis, dass es tatsächlich noch zu | |
| einer Einigung im Atomstreit kommen könnte. US-Präsident Joe Biden hat | |
| versprochen, die USA in das JCPOA zurückzuführen, statt wie Trump auf | |
| „maximalen Druck“ gegenüber Iran zu setzen. Expert*innen sind sich | |
| jedoch einig, dass eine einfache Rückkehr zum Abkommen von 2015 | |
| ausgeschlossen ist. Iran hat sein Nuklearprogramm in den letzten Jahren | |
| weiterentwickelt. | |
| ## Vertrauen verspielt | |
| [1][Die gewonnenen Erkenntnisse über Urananreicherung und die Nutzung | |
| moderner Zentrifugen sind nicht rückgängig zu machen.] Außerdem ist | |
| jegliches Vertrauen verspielt. Für Iran blieb der erhoffte wirtschaftliche | |
| Aufschwung in der kurzen Phase zwischen 2015 und 2018 aus. Teheran fordert | |
| deshalb nun Garantieren, dass die USA sich nicht erneut aus einem möglichen | |
| neuen Abkommen zurückziehen. | |
| „Wenn es nicht genug Garantien gibt, dass (nicht) Trump oder ein anderer | |
| republikanischer Präsident in zwei Jahren wieder an der Macht ist, der aus | |
| dem Deal wieder aussteigt, welche Erwartungen soll Iran haben, dass ein | |
| ähnlicher oder der gleiche Deal Investitionen anzieht?“, fragt Luciano | |
| Zaccara von der kanadischen Denkfabrik [2][Institute for Peace and | |
| Diplomacy]. | |
| Dennoch glaubt er, dass es zu einer Einigung kommen wird, denn Iran brauche | |
| ein Abkommen. Die Kombination aus Sanktionen und Coronapandemie habe die | |
| Wirtschaft hart getroffen. „Ich erwarte nicht, dass dies in wenigen Wochen | |
| gelöst sein wird, aber ich bin optimistisch, denn beide Seiten wollen einen | |
| Deal“, so Zaccara in einer [3][Diskussion] der Denkfabrik am Freitag. | |
| „Es wird eine Wiederbelebung des JCPOA geben“, ist sich auch [4][Trita | |
| Parsi] vom Quincy Institute for Responsible Statecraft sicher. Allerdings | |
| werde das neue Abkommen ein „widerwilliger Deal“ sein. Anders als bei den | |
| Verhandlungen zu Zeiten Barack Obamas fehle eine konstruktive Atmosphäre. | |
| Der Ton sei harsch und beide Seiten seien sich einig, dass das neue | |
| Abkommen schlechter sein werde als das von 2015. | |
| ## Deal nicht von Dauer | |
| Sowohl Iran als auch die USA würden sich daher darauf vorbereiten, dass der | |
| neue Deal nicht von Dauer sein wird. „Es ist wahrscheinlich, dass der JCPOA | |
| wiederbelebt wird, aber auch, dass er nicht länger überleben wird als zwei | |
| oder drei Jahre.“ Iran könnte dieser Lesart zufolge die Zeit nutzen, um die | |
| Wirtschaft anzukurbeln und sich darauf vorzubereiten, langfristig mit | |
| US-Sanktionen zu leben. | |
| Gegner eines neuen Abkommens ist weiter Israel, das nicht Vertragspartei | |
| des von den USA, europäischen Staaten, der EU, Russland und China | |
| unterzeichneten JCPOA ist. „Die vorderste Bedrohung für den Staat Israel | |
| ist Iran“, [5][betonte] Regierungschef Naftali Bennett am Sonntag während | |
| einer Kabinettssitzung. „Wir als Kabinett sind dafür verantwortlich, uns | |
| der nuklearen Bedrohung entgegenzustellen, und verfolgen aufmerksam, was | |
| bei den Gesprächen in Wien passiert.“ | |
| Iran droht Israel mit Auslöschung, was im JCPOA aber keine Rolle spielt. | |
| Sowohl Israel als auch die US-Regierung unter Trump hatten deshalb | |
| gefordert, dass ein neues Abkommen nur zustande kommen dürfe, wenn Irans | |
| Unterstützung für antiisraelische Milizen in der Region – Hisbollah im | |
| Libanon und Huthis in Jemen – sowie dessen Raketenprogramm Gegenstand der | |
| Verhandlungen seien. Beide Punkte scheinen in Wien jedoch nicht verhandelt | |
| zu werden. | |
| 6 Feb 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Irans-Nuklearprogramm/!5818788 | |
| [2] https://peacediplomacy.blog/about-us/ | |
| [3] https://www.youtube.com/watch?v=yHxSKthfdZk&t=4s | |
| [4] https://quincyinst.org/author/tparsi/ | |
| [5] https://www.jpost.com/israel-news/politics-and-diplomacy/article-695645 | |
| ## AUTOREN | |
| Jannis Hagmann | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Konflikt zwischen USA und Iran | |
| Atomabkommen mit Iran | |
| Atomwaffen | |
| Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
| Joe Biden | |
| IAEA | |
| Schwerpunkt Emmanuel Macron | |
| Israel | |
| Existenzrecht Israels | |
| Schwerpunkt Iran | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Ausgesetztes Atomabkommen mit Iran: Pragmatismus auf den letzten Metern | |
| Die Verhandlungen über Irans Atomprogramm stehen kurz vor dem Abschluss. | |
| Aber auch sie werden vom russischen Vorgehen in der Ukraine überschattet. | |
| Atomverhandlung mit Iran: Macron drängt zu Kompromissbereitschaft | |
| Frankreichs Präsident Macron will den Iran im Atomstreit dazu bewegen, auf | |
| eine Verhandlungslösung einzugehen. Am Samstag telefonierte er mit | |
| Staatschef Ebrahim Raisi. | |
| Jemenitische Rebellen greifen Emirate an: Golfmetropolen im Visier der Huthis | |
| Jemens Huthis haben erneut Abu Dhabi angegriffen. Diesmal feuerten sie eine | |
| Rakete ab, während Israels Präsident Herzog zu Besuch war. | |
| Verhandlungen zum Atomprogramm: Iran akzeptiert Israel nicht | |
| Das drohende Scheitern der Verhandlungen in Wien war von Anfang an | |
| vorprogrammiert. Es liegt in Teherans Absicht begründet, Israel zu | |
| vernichten. | |
| Rüstungslieferungen trotz UN-Embargo: Geheime Waffen aus Iran | |
| Immer wieder haben die USA Rüstungslieferungen an die Huthis im Jemen | |
| abgefangen. Laut UN-Sicherheitsrat stammten sie offenbar aus Iran. |