| # taz.de -- Neuer PLO-Generalsekretär al-Sheikh: Näher am Chefsessel | |
| > Hussein Al-Sheikh ist neuer Chef der palästinensischen PLO. | |
| > Kritiker*innen werfen Präsident Abbas vor, mit der Personalie seine | |
| > Macht zu festigen. | |
| Bild: Wird mitunter auch als „palästinensischer Gentleman“ bezeichnet: Hus… | |
| Tel Aviv taz | Hussein al-Sheikh ist mit seiner Ernennung zum | |
| Generalsekretär der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) einen | |
| großen Schritt näher an den palästinensischen Chefsessel herangerückt. In | |
| der Nacht von Montag auf Dienstag übergab ihm der Exekutivausschuss der | |
| PLO, die Dachorganisation verschiedener palästinensischer Fraktionen, | |
| diesen Posten. | |
| Al-Sheikh gilt als einer der engsten Berater des 86-jährigen, kränkelnden | |
| Palästinenserpräsidenten Mahmoud Abbas – und als dessen potentieller | |
| Nachfolger. Al-Sheikhs Amtsvorgänger Saeb Erekat war 2020 nach einer | |
| Infektion mit dem Coronavirus gestorben. | |
| Der 61-Jährige, der bisher für die zivile und sicherheitspolitische | |
| Koordination mit Israel zuständig war, ist bei einigen westlichen und | |
| israelischen Politiker*innen durchaus beliebt und wird mitunter auch | |
| als „palästinensischer Gentleman“ bezeichnet. Erst Ende Januar traf er sich | |
| mit dem israelischen Außenminister Yair Lapid in dessen Wohnsitz in Israel. | |
| Dabei fing alles ganz anders an. Bereits als Jugendlicher trat al-Sheikh | |
| der heute im Westjordanland regierenden Fatah-Partei bei, wurde in seiner | |
| Jugend elf Mal von israelischen Streitkräften inhaftiert, und war bei der | |
| ersten Intifada von 1987 bis 1993 Mitglied der sogenannten Vereinten | |
| Nationalen Führung des Aufstands. | |
| Doch mit dem Wandel der Fatah in den 1990er Jahren veränderte sich auch die | |
| politische Ausrichtung von al-Sheikh. Im Rahmen des Osloer | |
| Friedensprozesses erkannte die Fatah 1993 unter ihrem Vorsitzenden Jassir | |
| Arafat das Existenzrecht Israels an, bekannte sich zum Friedensprozess und | |
| schwor dem Terrorismus als politisches Mittel ab. | |
| ## Abbas regiert autoritär weiter | |
| 1994 wurde im Zuge der Friedensverhandlungen die Palästinensische | |
| Autonomiebehörde (PA) gegründet. Al-Sheikh war dort im Nachrichtendienst | |
| beschäftigt, im Bereich der sogenannten präventiven Sicherheit. Dieser | |
| wurde eingerichtet, um die innerpalästinensische Opposition gegen die | |
| Friedensabkommen mit Israel zu bekämpfen, vor allem die von Seiten der | |
| Hamas. Viele Palästinenser*innen werfen der PA jedoch seit ihrer | |
| Gründung vor, dass sie nicht der palästinensischen Befreiung diene, sondern | |
| eine Institution sei, die den palästinensischen Aktivismus gegen die | |
| israelische Besatzung einzudämmen versuche. | |
| Im August 2009 wurde al-Sheikh in das Zentralkomitee der Fatah gewählt. Im | |
| Komitee für den Wiederaufbau des Gazastreifens, das nach dem Gazakrieg | |
| 2014 eingerichtet wurde, arbeitete er Hand in Hand mit israelischen und | |
| ägyptischen Vertreter*innen. Zwischen 2013 und 2019 hatte er außerdem den | |
| Ministerposten für die Koordination ziviler Angelegenheiten inne. | |
| So beliebt al-Sheikh unter einigen westlichen Vertreter*innen und bei | |
| Abbas ist, so sehr wird seine Ernennung von seinen Gegner*innen | |
| kritisiert. Mehrere palästinensische Gruppierungen boykottierten die | |
| Konferenz vom Montag. Sie werfen Abbas vor, [1][seine Macht in der PLO | |
| weiter festigen] zu wollen, indem er sich mit Loyalist*innen umgibt. | |
| Neben al-Sheikh gehört zu diesen auch Mohammed Mustafa, dem der Posten des | |
| Sprechers der PLO übergeben wurde. Er löst damit Hanan Ashrawi ab, die im | |
| vergangenen Jahr zurückgetreten und zu einer Kritikerin von Abbas geworden | |
| ist. | |
| Auch [2][viele zivile Palästinenser*innen] fühlen sich nicht mehr von | |
| ihrer zunehmend autoritär agierenden Führung vertreten und sind wütend über | |
| die Art der Ernennung. Sie warten nach wie vor auf Wahlen. Obwohl Abbas’ | |
| Amtszeit offiziell 2009 endete, regiert er autokratisch weiter. Hoffnung | |
| auf einen Wandel hatte er zuletzt im April 2021 mit einer wiederholten | |
| [3][Absage der Wahlen] zunichte gemacht. | |
| 8 Feb 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Judith Poppe | |
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