# taz.de -- Norwegen und Russland im Olympia-Streit: Verbotene Fragen | |
> Ein Skilanglaufrennen steht im Schatten einer Fehde zwischen Norwegen und | |
> Russland. Wie beim russischen Eiskunstlaufteam geht es um Doping. | |
Bild: Mit letzter Kraft: Alexander Bolschunow muss dieses Mal mit Platz zwei vo… | |
ZHANGJIAKOU taz | Ein Langlaufrennen gegen die Zeit ist eine brutale | |
Angelegenheit – für alle. Der Sieger bricht im Ziel meist ebenso erschöpft | |
zusammen wie der Letzte. Nicht anders war das nach den olympischen 15 | |
Kilometern, die am Freitagnachmittag im klassischen Stil zu laufen waren. | |
Alle hatten alles gegeben. Der Sieger Iivo Niskanen aus Finnland sowieso, | |
aber auch der wackere Jonathan Soto Moreno aus Mexiko, der mit der letzten | |
Startnummer ins Rennen gegangen war und es auf Platz 94 als Vorletzter | |
beendet hat. | |
Eigentlich schön. Denn wenn alle ihr Bestes geben, dann müssten eigentlich | |
alle mit sich im Reinen sein. Waren sie aber nicht. Der zweitplatzierte | |
Russe Alexander Bolschunow war grantig. Er hatte Gold gewinnen wollen, so | |
wie im Skiathlon ein paar Tage vorher. | |
Dass er den Norweger Johannes Klæbo, der Bronze holte, geschlagen hatte, | |
das immerhin feierten die russischen Journalisten wie Gold. Denn neben dem | |
Kampf um Medaillen gibt es noch eine zweite Auseinandersetzung, die seit | |
dem ersten Langlaufwettbewerb oben in Zhangjiakou läuft. Es ist eine Fehde | |
zwischen dem russischen Team, das angefeuert von den Journalisten aus der | |
Heimat beinahe keine Gelegenheit auslässt, gegen norwegische Medien zu | |
agitieren. | |
Auslöser für den Konflikt war ein Bericht im norwegischen Staatsfernsehen | |
NRK, in dem es hieß, Russland [1][hätte nach all den Dopingvergehen in der | |
Vergangenheit] bei diesen Winterspielen in China nichts verloren. Bei der | |
Pressekonferenz nach Bolschunows überlegenem Sieg im Skiathlon, bei dem 7,5 | |
Kilometer im klassischen und die andere Hälfte des Rennens im freien Stil | |
gelaufen werden, hatte ein norwegischer Journalist Bolschunow gefragt, wie | |
es denn sein könne, dass er der Konkurrenz so weit davongelaufen sei. Der | |
Gefragte verstand das als Anspielung auf Doping und war stinksauer. | |
## Boykott gegenüber norwegischen Medien | |
Am Sonntag war das. Seitdem vergeht kein Tag, an dem nicht weitergestritten | |
wird. Jelena Välbe, die Chefin des Russischen Skiverbands forderte eine | |
hochoffizielle Entschuldigung aus Norwegen, und weil diese bis zum Rennen | |
am Freitag nicht erfolgt war, verkündete sie einen Medienboykott. Ihre | |
Russen sollen nicht mehr mit norwegischen Medien sprechen. Alles sei sauber | |
und niemand aus dem Team habe etwas mit dem russischen Dopingsystem zu tun, | |
das 2014 bei den Spielen in Sotschi seinen Höhepunkt gefunden hatte. Wie | |
das sein kann, wo sie doch 2014 Managerin des russischen Langlaufteams war, | |
wurde dann wieder in norwegischen Medien gefragt. Gute Frage eigentlich. | |
Und so wirkte es beinahe wie eine Retourkutsche, dass ausgerechnet Välbe, | |
zu Sowjetzeiten und kurz danach eine der besten Langläuferinnen der Welt, | |
den drei Erstplatzierten bei der Siegerzeremonie im Zielbereich den | |
obligatorischen Gummipanda überreicht hat. Das hat sie als Mitglied des | |
Councils des Internationalen Skiverbands getan. Warum sie da sitzt? Auch | |
das wäre doch mal ein schönes Thema für norwegische Medien. | |
Aber auch ohne den Zweikampf der Langlaufnationen neben der Loipe werden | |
die Russen das Thema Doping einfach nicht los. Das liegt natürlich [2][am | |
verzwickten Fall der 15-jährigen Eiskunstlaufsprungfeder Kamila Walijewa]. | |
Da ist nun endlich offiziell bestätigt worden, was tags zuvor schon | |
vermutet worden war. Eine Dopingprobe, die bei Walijewa am 25. Dezember | |
genommen worden war, wurde am 8. Februar als positiv gemeldet. Ein | |
Herzmittel, das auf der Verbotsliste der Welt-Antidopingagentur steht, | |
fand sich darin. | |
Die Athletin wurde erst mal suspendiert, die Goldmedaillen für das | |
siegreiche russische Eiskunstlaufteam wurden nicht verteilt. Doch dann | |
entschied die Rusada, die russische Antidopingagentur, die Suspendierung | |
einfach wieder aufzuheben. Walijewa trainiert wieder und hält sich fit für | |
den Einzelwettbewerb nächste Woche, bei dem sie als Favoritin auf die | |
Goldmedaille gehandelt wird. Gegen die Rusada-Entscheidung haben sowohl das | |
IOC als auch die Internationale Eislaufunion Widerspruch eingelegt. Das | |
Sportschiedsgericht CAS soll nun möglichst schnell entscheiden. | |
Russische Sportler stehen also wieder einmal inmitten einer irrwitzigen | |
Dopingdiskussion. Ein gestandener junger Mann wie Bolschunow mit seinen 25 | |
Jahren ist vielleicht in der Lage, hier lautstark mitzudiskutieren. Bei | |
Walijewa ist das anders. In sozialen Medien machen gerade Bilder die Runde, | |
die zeigen, wie sie nach ihrem Training mit verhülltem Kopf an den | |
Pressevertretern vorbeigeschlichen ist. | |
Für Iivo Niskanen, den Sieger des Rennens über 15 Kilometer, bleibt da kaum | |
Aufmerksamkeit. Dabei hat auch er interessante Dinge gesagt. Dass sein Sieg | |
auch etwas mit der Pandemie zu tun hat etwa: „Ich war zwei Jahre fast nur | |
zu Hause und habe in diesem Rennen alles rausgelassen.“ | |
11 Feb 2022 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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