Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Nach Brandanschlägen in Bremen: Linksextremismus im Visier
> Nach linken Brandanschlägen auf die Raumfahrtfirma OHB richtet Bremen
> eine Sonderkommission Linksextremismus ein. Deren Auftrag ist noch
> unklar.
Bild: Nach dem Brandanschlag vermeldet die Raumfahrtfirma OHB einen Millionensc…
Bremen taz | Der Urherber des Anschlags haben vermutlich erreicht, was sie
wollten: Das Bremer Luft- und Raumfahrtunternehmen OHB meldet einen
Millionenschaden. In der Silvesternacht waren Unbekannte kurz nach
Mitternacht auf das OHB-Gelände gelangt und hatten Brandsätze geworfen.
Ein Bürogebäude fing Feuer, ein Wachmann im Vorraum des Hauses bemerkte den
Brand und „rettete sich nach draußen und alarmierte die Feuerwehr“, heißt
es in einer Polizeimeldung. Die Bremer Behörden wollen nun eine
Sonderkommission zu Linksextremismus einrichten.
Es war nicht der erste Angriff auf das Unternehmen aus der
Raumfahrtbranche. Schon im November hatte es einen Anschlagsversuch
gegeben, damals allerdings zündeten die Brandsätze nicht. Auch 2018 war ein
Brandsatz über den Zaun geworfen worden, ein Container brannte aus. Damals
wie heute gab es Bekennerschreiben aus der linken Szene, die [1][auf dem
linken Online-Portal Indymedia veröffentlicht wurden.]
OHB sei ein Rüstungskonzern, schreiben dort Menschen unter der
Selbstbezeichnung „autonome Antimilitarist*innen“. Schließlich würden die
satellitengestützen Systeme, die hier gebaut werden, hauptsächlich für
militärische Interessen verwendet. OHB setzen sie in einen Kontext mit
Bundeswehr und Frontex. „Die Argumente dieser Gruppen können wir nicht
verstehen“, sagt OHB-Sprecher Günther Hörbst. „Es gibt keine
Geschäftsbeziehung zwischen OHB und Frontex“.
Tatsächlich allerdings arbeitet OHB [2][seit 2007 mit der Bundeswehr
zusammen] und liefert ihr Satellitensysteme für Aufklärungsarbeiten. Einen
Zusammenhang zu Frontex gibt es nur über Umwege: OHB baut für die
Europäische Kommission das Satellitensystem Galileo; die Informationen, die
durch Galileo erfasst werden, können auch von der EU-Grenzagentur genutzt
werden. Eine direkte Kooperation mit OHB ist dafür aber nicht vonnöten, die
Daten gehören der EU.
## Gefahr für Menschenleben nicht ausgeschlossen
„Direkte Aktionen“ seien dringend notwendig, „um Profiteur*innen von
(sozialen) Kriegen zu stoppen und Abrüstung voranzubringen“, heißt es auf
Indymedia. Die Aktivist*innen bescheinigen sich dabei moralische
Integrität: „Im Gegensatz zum Unternehmen OHB, für das das Geschäft mit dem
Töten Alltag ist, haben wir darauf geachtet, dass bei unserem Angriff
niemand zu Schaden kommt.“
Die staatlichen Behörden sehen das anders. „Bei dem Anschlag hätten
Menschen verletzt oder getötet werden können“, schreibt Polizeipräsident
Dirk Fasse in einer Pressemitteilung der Polizei. Und Philipp Heßemer,
Leiter der Feuerwehr Bremen verweist auf die Gefahren durch
Rauchgasdurchzündung und Rauchvergiftungen.
Bei OHB macht man sich ebenfalls Sorgen und ergreift nun
Sicherheitsmaßnahmen. „In den letzten Jahrzehnten ist das Umfeld unserer
Firma bewusst als offener Campus gestaltet worden“, sagt OHB-Sprecher
Hörbst. „Die Erkenntnis, dass es Gruppen gibt, die das nicht zulassen, ist
beunruhigend.“ Die Belegschaft sei verunsichert.
## Politik reagiert mit Sonderkommission
Dass die Bremer rot-grün-rote Koalition solche Anschläge von links nicht
ernst nimmt, das will sich keiner nachsagen lassen. Die linke
Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt war schon am Tatort, Innensenator Ulrich
Mäurer (SPD) ebenfalls, und auch Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD)
hat sich auf den Weg gemacht. Unterstützung, so Hörbst, die gut tue.
Der Anschlag soll Folgen haben: Die Bremer Innenbehörde plant nun eine neue
Sonderkommission der Polizei innerhalb der Fachabteilung Staatsschutz.
Heißen soll die neue Soko nicht etwa „OHB“, sondern gleich
„Linksextremismus“ und umfasst so ein potentiell größeres Feld.
## Grenzen des Auftrags der Soko nicht klar
Auf die Frage nach dem Auftrag der neuen Soko und ihren Grenzen verweist
die Innenbehörde auf die Pressestelle der Polizei. Die hat selbst auch noch
nicht alle Details. Wann die Sonderkommission startet, wie groß sie sein
wird, das alles steht noch nicht fest. Klar ist: Es wird aufgerüstet. Eine
Ermittlungsgruppe „Feuer“ gibt es schon länger – sie hatte sich bisher m…
immer mal wieder auftretenden Brandanschlägen auf Bundeswehrfahrzeuge
beschäftigt und wird nun in die neue Soko integriert, die auf jeden Fall
größer sein wird als die Ermittlungsgruppe allein.
Die Existenz der Soko ist wohl auch nicht automatisch auf die Suche nach
den Verantwortlichen für die Brandanschläge begrenzt. Bei ihrer Arbeit
solle es „wesentlich um die Aufklärung und Verfolgung von
linksextremistischen Straftaten“ gehen, schreibt die Polizei: Speziell um
Gewalttaten, „aber auch um die Früherkennung verhaltensauffälliger Personen
in Bezug auf linksgerichtete Anschlagsgefahren“.
7 Jan 2022
## LINKS
[1] https://de.indymedia.org/node/167425
[2] https://www.ohb.de/news/2020/ohb-erhaelt-auftrag-zur-regeneration-von-bunde…
## TAGS
Linksextremismus
Anschlag
Bremen
Polizei Bremen
Rüstungsindustrie
Kolumne Habibitus
Polizei Bremen
Brandanschlag
## ARTIKEL ZUM THEMA
Zehn Jahre Selbstenttarnung des NSU: Jeden Tag Herbst in Deutschland
Der 4. November 2021 markiert auch jahrelanges Behördenversagen in
Deutschland. Entschiedenes Vorgehen gegen Rechtsextremismus fehlt noch
immer.
Nach Brandanschlag auf Bremer Polizei: Fuhrpark heiß saniert
Die Innendeputation genehmigt 500.000 Euro für den Ersatz der in
Huckelriede abgebrannten Polizeiautos. Die CDU enthält sich.
BKA-Zahlen zu Brandanschlägen: Wer war es, wenn es brennt?
378 politische Brandanschläge zählt das BKA seit 2018 – und fast alle von
links. Die Linke kritisiert, die Polizei sei „auf dem rechten Auge blind“.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.