# taz.de -- CDU-Ortsverbandschef tritt zurück: Mit der Familie an die Macht | |
> Schleswig-Holsteins Landtagspräsident Klaus Schlie (CDU) ließ sich mit | |
> falschen Stimmen zum Ortsverbandschef in Mölln wählen. Nun tritt er | |
> zurück. | |
Bild: Tritt als CDU-Ortsverbandschef zurück: Landtagspräsident Klaus Schlie | |
Neumünster taz | Es ist kein guter Start für die CDU Schleswig-Holstein in | |
das Wahljahr: Knapp fünf Monate vor den Landtagswahlen liegt die Partei in | |
Umfragen hinter der SPD. Zu allem Überfluss muss sie sich mit einem Streit | |
im Ortsverband Mölln befassen. | |
Im Zentrum steht Landtagspräsident Klaus Schlie. Der 67-Jährige war im | |
November zum Vorsitzenden des CDU-Ortsvereins in der Kleinstadt im Kreis | |
Herzogtum Lauenburg gewählt worden, denkbar knapp mit 23 zu 22 Stimmen. | |
Doch diese Wahl war vermutlich ungültig: Drei Personen hätten nicht | |
mitstimmen dürfen, weil sie noch nicht lange genug Mitglieder des | |
Ortsverbands waren. | |
Die Überprüfung der Mitgliederliste sei vom Ortsverband „versaubeutelt“ | |
worden, sagt der Kreisgeschäftsführer der CDU, Christoph Beckmann. Laut | |
eines Briefes eines CDU-Mitglieds, der der taz vorliegt, gab es aber Fehler | |
in der Liste, die der Kreisverband dem Ortsvorstand zuschickte. Der Fall | |
bekommt ein besonderes Geschmäckle, weil zu den Nicht-Stimmberechtigten | |
Schlies Tochter gehört. | |
Nun tritt Schlie von seinem Posten zurück. In einer Stellungnahme heißt es, | |
er wolle „den Weg für eine jüngere, mit neuen Ideen an die Arbeit gehende | |
Persönlichkeit freimachen“, und er habe bereits bei Amtsantritt | |
„parteiintern und öffentlich unmissverständlich angekündigt“, dass er – | |
ehemaliger Minister, langjähriger Landes- und Kreispolitiker – niemals | |
vorgehabt habe, länger die Geschicke des Kleinstadtverbandes zu lenken. | |
## Bleibende Personalentscheidungen | |
Also alles wieder gut? Nein, findet Florian Slopianka, Kreisvorsitzender | |
der Jungen Union (JU): „Die Personalentscheidungen, die Schlie in den | |
vergangenen Monaten getroffen hat, bleiben.“ Slopianka hatte, wie andere | |
Mitglieder, bereits im November gegen die Wahl protestiert, bei der die | |
Kreistagsabgeordnete Anja Reimann so knapp gegen Schlie verloren hatte. Das | |
Kreisparteigericht wurde eingeschaltet, Kreis- und Landesvorstand | |
informiert, „dann passierte erst mal nichts“, sagt Slopianka. | |
Zwar habe der Kreisvorstand festgestellt, dass das Verfahren „nicht ganz | |
konform“ gewesen sei. Doch dann habe es nur einen Vorschlag gegeben, wie | |
künftig verfahren werden solle – ohne die regelwidrige Wahl rückgängig zu | |
machen. „Ich hatte den Eindruck, man wollte die Sache aussitzen“, sagt | |
Slopianka. Gegenüber dem lokalen Stormarner Tageblatt sprach er von | |
„Amigo-Politik“, die ihn an die „dunklen Zeiten der CDU unter Uwe Barschel | |
und Helmut Kohl“ erinnerte. „Das war deutlich, aber nichts, was ich nicht | |
vorher auch intern schon gesagt hatte“, so Slopianka zur taz. Während aber | |
die interne Kritik verhallte, folgte auf die Berichterstattung der Medien | |
eine rasche Reaktion – eben Schlies Rücktritt. | |
Die Landespartei hält sich zurück: Auf taz-Anfrage antwortete der | |
CDU-Sprecher nur, diese Fragen entscheide der Kreisverband und dessen | |
Gericht. Doch dieses Gericht ist nach Ansicht partei-interner | |
Kritiker*innen selbst befangen: So ist eines der drei Mitglieder, die | |
im November nicht hätten abstimmen dürfen, die Ehefrau des Vorsitzenden | |
eben dieses Schiedsgerichts. Das Mitglied, dessen Brief der taz vorliegt, | |
weist auf weitere Verstrickungen hin, sowohl in der örtlichen Politik, in | |
der mehrere Söhne Schlies aktiv sind, als auch mit der Immobilienfirma | |
Lauenburgische Treuhand Group, in der Schlie im Aufsichtsrat sitzt. | |
In seiner Stellungnahme spricht Schlie von „Falschmeldungen“, mit denen | |
versucht werde, ihn zu diskreditieren. Der 67-Jährige kündigte an, auch den | |
Aufsichtsrat zu verlassen und sich ab Sommer „ausschließlich meiner | |
Familie, den Freunden und meinen ehrenamtlichen Tätigkeiten zu widmen“. | |
Florian Slopianka weiß, dass Kritik an einem prominenten Mitglied so kurz | |
vor der Wahl schwierig ist. „Aber ich habe versucht, es intern zu lösen, | |
und die Risse im Ortsverband bleiben“, sagt er. Denn Schlie, so hätten die | |
Mitglieder erfahren, wird eine* Nachfolger*in vorschlagen. Die im | |
November unterlegene Anja Reimann wird es nicht sein. | |
12 Jan 2022 | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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