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# taz.de -- Durchhalten in der Pandemie: In Lagerhaft cool bleiben
> Weniger Kontakte, unsichere Schnelltests, Omikron trotz Booster: Nun
> kommt es darauf an, die Nerven zu behalten. Das geht.
Bild: „Ich bin raus“: Mit Schutzmaske auf dem Sessellift
Man kann natürlich einfach die Nachrichten nicht mehr einschalten. „Ich bin
raus“, verkündete der Focus-Kolumnist Jan Fleischhauer klickwirksam, sagte
sich vom Nachrichtenstrom zu Corona los und schwärmte von seinem
Weihnachtsurlaub auf Lanzarote, wo man im Restaurant dicht beeinander
saß und über das Wetter sprach, nicht über die Pandemie. Hm.
Wer in der Jugend Bücher über Survivaltraining in Grenzsituationen gelesen
hat, der weiß allerdings, dass es eine Verschärfung einer Krise bedeuten
kann, wenn man die Wirklichkeit ignoriert. Wenn man zum Beispiel doch
rausgeht aus der eingeschneiten Hütte, obwohl draußen Lawinengefahr droht.
Wenn man sich hängen lässt und keine Tagesstruktur hat, nur weil die
Lagerhaft schon so lange dauert.
Auch die Pandemie dauert an und [1][Omikron] verändert jetzt noch mal
vermeintliche Gewissheiten, das ist die Herausforderung. Freund:innen und
Bekannte stecken sich mit dem Coronavirus an, obwohl sie doch geboostert
waren, herrgottnochmal. Ein privates Treffen mit zehn jungen Leuten im
Restaurant in Berlin, alle doppelt geimpft, die meisten auch geboostert,
jeder mit einem negativen Selbsttest in der Tasche vom selben Tag – dieses
Treffen endet mit acht Infektionen.
Eigentlich gilt es als vertrauenswürdiges Verfahren, sich am Morgen zu
testen, bevor man sich mit Freund:innen oder Verwandten trifft. Doch wie
zuverlässig sind [2][die Selbsttests] bei Omikron? Gesundheitsminister Karl
Lauterbach (SPD) hat das Paul-Ehrlich-Institut dazu angehalten, umgehend
eine Liste derjenigen Antigen-Tests zu erstellen, die auch die
Omikron-Variante und damit eine positive Infektion sicher identifizieren.
Das Bundesgesundheitsministerium ließ am Montag verkünden, dass nach
bisheriger Erkenntnislage 80 Prozent der überprüften Antigen-Schnelltests
die Omikron-Variante erkennen.
## Besser testen als nicht testen
Zur ohnehin bestehenden Unsicherheit der Schnelltests, etwa, ob man die
Probe in der Nase tief genug entnimmt, ob man zu früh testet bei einer
Infektion, kommt jetzt also noch die weitere Unsicherheit hinzu, ob die
Omikron-Variante vielleicht von dem Test übersehen wird. Umsichtige schauen
sich ohnehin schon die lange [3][Dezemberliste des Paul-Ehrlich-Instituts]
mit einigermaßen zuverlässigen, aber noch nicht durchgehend
Omikron-erprobten Selbsttests an. Ah, der Genrui-Test von Lidl schneidet
gut ab! Aber der Test von Bsway, über Amazon bestellt, der steht da gar
nicht erst drauf.
Einen Selbsttest zu machen, bevor man jemanden trifft, ist immer noch
besser, als keinen Test zu machen. Klar. Dasselbe gilt für die Impfung und
das Boostern. Eine gerade erst von der britischen Gesundheitsbehörde
[4][UKHSA vorgestellte Analyse] kommt zu dem Schluss, dass eine
Booster-Impfung bei Menschen über 65 Jahren auch noch nach drei Monaten bei
einer Omikron-Infektion zu 95 Prozent vor einer Einlieferung ins
Krankenhaus schützt. Der Schutz vor einer Corona-Infektion mit milden
Symptomen liegt zwar bei dieser Gruppe nur noch bei rund 30 Prozent,
entscheidend aber ist, dass der Worst Case durch die Impfung meist
vermieden wird.
Infektionsschutz wirkt, [5][das gilt erwiesenermaßen] auch für die
FFP-2-Masken im Supermarkt und in der U-Bahn. Es besteht also kein Grund,
die Nerven zu verlieren und etwa auf die Idee zu kommen, jetzt sei doch
ohnehin alles wurscht, Boostern helfe nicht, Selbsttests trügen,
Abstandhalten sei sinnlos, wir bekämen sowieso alle Omikron irgendwann mal,
also bitte, auf zur nächsten Großparty, auf in den nächsten Urlaub. So
ähnlich dachten viele auch schon zu Anfang der Covid-19-Pandemie vor zwei
Jahren. Man verharmloste die Gefahr der Infektion, bis die Bilder aus
Bergamo kamen.
## Verantwortung für eigenes Handeln
Tatsache ist, dass für Immunsupprimierte, für Menschen mit Vorerkrankungen,
besonders an der Lunge, Omikron weiter eine tödliche Gefahr darstellt. Für
diese Betroffenen würde ein Nachlassen des allgemeinen Infektionsschutzes
eine Art Hausarrest auf Dauer oder eben den Aufenthalt auf der
Intensivstation mit ungewissem Ausgang bedeuten. Tatsache ist auch, dass es
Hinweise gibt auf mögliche [6][Organschädigungen durch Omikron], auch wenn
verlässliche Studien dazu fehlen.
Es ist wie schon seit zwei Jahren in der Pandemie: Eine einfache Lösung
zeichnet sich nicht ab, wer das verspricht, lügt. Es gibt nur die tägliche
Verantwortung für das eigene Handeln, in allen Details. Die Verantwortung
für das Aufziehen der Maske im Supermarkt, für den Selbsttest vor dem
Besuch bei der vorerkrankten Freundin und natürlich für jede Impfung, die
man kriegen kann. Die Verantwortung für den Kompromiss, vielleicht zum
Geburtstag durchaus ein paar Freund:innen einzuladen, aber eben zum
Lagerfeuer, mit Abstand, irgendwo in einem privaten Garten mit heißem Tee
mit Rum, was übrigens auch bei 3 Grad plus funktioniert.
Man kann natürlich auch alles sausen lassen. Auf nach Lanzarote. Dort liegt
die Inzidenz inzwischen bei 1.572.
10 Jan 2022
## LINKS
[1] /Omikron-Variante-verlaeuft-milder/!5826343
[2] /Aesthetik-der-Antigentests/!5816111
[3] https://www.pei.de/SharedDocs/Downloads/DE/newsroom/dossiers/evaluierung-se…
[4] https://www.gov.uk/government/organisations/uk-health-security-agency
[5] https://www.mpg.de/17915640/corona-risiko-maske-schutz
[6] /Studie-der-Uniklinik-Hamburg-Eppendorf/!5823566/
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
## TAGS
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