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# taz.de -- Politische Krise in Somalia: Machtkampf in Mogadischu
> Streit um Wahlen führt zum Bruch zwischen Präsident und Premierminister.
> Angst vor einer bewaffneten Konfrontation nimmt zu.
Bild: Präsident Mohamed Abdullahi Mohamed
Berlin taz | Ein neuer Machtkampf zwischen den beiden mächtigsten
Politikern der somalischen Hauptstadt Mogadischu droht, die politische
Wiedervereinigung des seit Jahrzehnten zerrissenen Somalia erneut in weite
Ferne rücken zu lassen. Präsident Mohamed Abdullahi Mohamed, allgemein
unter seinem Spitznamen [1][„Farmaajo“ (Käse)] bekannt, verkündete am
Montagmorgen die Suspendierung seines Premierministers Mohamed Hussein
Roble. Er entzog ihm sämtliche Vollmachten „wegen seiner Verbindungen zur
Korruption“, wie es in einer Erklärung des Präsidentensitzes „Villa
Somalia“ in Mogadischu hieß.
Roble wies seine Suspendierung umgehend als verfassungswidrig zurück und
erklärte, er werde sein Amt weiter ausüben und „seine Pflichten gegenüber
der Nation ausüben, um das Land zu Wahlen zu führen, die eine friedliche
Machtübergabe vorbereiten“.
Am Nachmittag legte Roble vor Journalisten nach, warf Präsident Farmaajo
einen „bewaffneten Umsturzversuch“ vor und rief die Kommandanten der
Sicherheitskräfte dazu auf, nur noch von ihm selbst Befehle anzunehmen.
Soldaten riegelten die Straßen zur Villa Somalia ab, Beobachter hielten
jederzeit den Ausbruch von Kämpfen für möglich.
## Wahlen ziehen sich ewig hin
Hintergrund ist die Wahl eines Zweikammerparlaments und eines Präsidenten,
um den 1991 beim Sturz der Militärdiktatur von Siad Barre zerfallenen
somalischen Staat wiederzuvereinen, mit Ausnahme der abgespaltenen Republik
Somaliland im Norden. Mehrere Zehntausend Stammesälteste sollen ein
Unterhaus wählen und die fünf Regionalregierungen des südlichen Landesteils
ein Oberhaus. Das Unterhaus bestimmt dann den Präsidenten.
[2][Das komplizierte Prozedere] ist seit Jahren im Verzug und die Amtszeit
des seit 2017 amtierenden Präsidenten Farmaajo lief schon im Februar aus.
Sein Versuch, sie um zwei Jahre zu verlängern, führte im April zu Kämpfen
in Mogadischu, bei denen sich der 2020 ernannte Premier Roble bereits
gemeinsam mit wichtigen Teilen des Militärs gegen den Präsidenten stellte.
Roble ist für die Wahlen zuständig und macht Farmaajo wegen dessen
ständiger Einsprüche gegen Details der Wahletappen für die ständigen
Verzögerungen verantwortlich, mit denen der Präsident seine Amtszeit doch
noch so lange wie möglich ausdehnen wolle.
Zuletzt sollte die Wahl der 275 Abgeordneten des Unterhauses bis 24.
Dezember abgeschlossen sein. Aber bislang sind nur 24 von ihnen bestimmt
worden. Die Oberhauswahl ist in vier der fünf Teilregionen abgeschlossen.
Farmaajo wiederum bezichtigt Roble der Korruption gemeinsam mit hohen
Generälen. Es geht unter anderem um lukrative Grundstücke in Armeebesitz an
der Küste von Mogadischu.
Der Machtkampf hat sich in den vergangenen Monaten immer weiter verschärft.
Am Sonntag schließlich entließ Premier Roble den Chef der Wahlkommission
und Präsident Farmaajo entzog daraufhin dem Premier die Zuständigkeit für
Wahlen. Das war einen Tag bevor der Präsident den Premier suspendierte und
der Premier das Oberkommando über die Streitkräfte beanspruchte.
Die internationale Sorge, dass das über viele Jahre sorgsam aufgebaute
Machtgleichgewicht zwischen Somalias vielen politischen Rivalen wieder
zusammenbricht, ist nun groß – zumal das Nachbarland Äthiopien bereits im
Bürgerkrieg versunken ist.
27 Dec 2021
## LINKS
[1] /Neuer-Praesident-in-Somalia/!5380154
[2] https://news.un.org/en/story/2021/11/1105972
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
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