# taz.de -- Diskriminierung an Berlins Schulen: Verwaltung hat Vorrang | |
> Seit 15 Monaten warten Berlins Schulen auf eine neue | |
> Antidiskriminierungsbeauftragte. Hintergrund ist ein Rechtsstreit um die | |
> Stellenbesetzung. | |
Bild: Früher Grundschulleiterin, jetzt Berlin neue Bildungssenatorin: Astrid S… | |
Berlin taz | Seit mehr als einem Jahr schon klafft eine Leerstelle in der | |
Antidiskriminierungsarbeit an den Berliner Schulen: Anfang September 2020 | |
war der Antidiskriminierungsbeauftragte der Bildungsverwaltung des Berliner | |
Senats von seinem Amt zurückgetreten – seitdem ist die Stelle unbesetzt. | |
Nun kann man der damaligen Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) nicht | |
vorwerfen, sie habe sich in ihrer Amtszeit nicht um eine Neubesetzung | |
bemüht – unter ihrer Führung geriet das Thema Antidiskriminierung überhaupt | |
erst stärker in den Fokus; die 2017 zunächst als Pilotprojekt geschaffene | |
Stelle war Scheeres’ Verdienst. | |
Tatsächlich ist es ein arbeitsrechtliches Verfahren, das seit Monaten die | |
Neubesetzung der Stelle verhindert: Ein abgelehnter interner Bewerber | |
klagt, weil er das Nachsehen hatte. „Die Konkurrentenklage läuft noch“, | |
bestätigt ein Sprecher der Bildungsverwaltung der taz. Aus gut informierten | |
Kreisen heißt es, die Stelle sollte eigentlich an eine qualifizierte Frau | |
gehen, die seit vielen Jahren in der Antidiskriminierungsarbeit tätig ist – | |
aber eben nicht aus der Verwaltung kommt. | |
Die beiden Beauftragten, die diese Stelle bisher innehatten, gingen | |
unzufrieden: [1][Saraya Gomis], die den Job bis Januar 2020 rund | |
zweieinhalb Jahre lang gemacht hatte, kritisierte fehlende Rückendeckung | |
aus der Verwaltung. Lehnten Schulen eine Begleitung durch die | |
Antidiskriminierungsbeauftragte ab, hatte Gomis keine Handhabe. | |
## „Reflexhafte Abwehrreaktionen“ | |
Ihr Nachfolger, Derviş Hızarcı, zuvor lange Jahre bei der Kreuzberger | |
Initiative gegen Antisemitismus (KIgA) tätig, hielt nur neun Monate durch. | |
Er bilanzierte bei seinem Abgang, es sei sehr schwierig gewesen, überhaupt | |
praktisch tätig zu werden in den Schulen: [2][Im taz-Interview] sprach er | |
von „fast reflexhaften Abwehrreaktionen“ vieler Schulleitungen und | |
verhärteten Strukturen – die er nicht habe ändern können. Fortbildungen f�… | |
Lehrkräfte und Schulleitungen etwa kämen kaum in Gang. | |
Die neue rot-grün-rote Landesregierung der Bundeshauptstadt hat sich das | |
Ziel, „Berliner Schulen diskriminierungsfrei zu gestalten“, nun explizit in | |
den Koalitionsvertrag geschrieben. Außerdem will man | |
„diskriminierungskritische Konzepte an allen Schulen etablieren“. | |
Zuletzt hatte 2020 eine parlamentarische Anfrage der damaligen | |
SPD-Abgeordneten Maja Lasić gezeigt: In der Hälfte aller gemeldeten Fälle | |
von Diskriminierungen gegen SchülerInnen (im Schuljahr 2019/20: 272) waren | |
Lehrkräfte diejenigen, die diskriminierten. Das Gros waren Rassismen wegen | |
Sprache, Herkunft oder Religion. „Eine [3][systematische Erfassung] gibt es | |
aber bisher nicht“, sagt auch der Sprecher der Bildungsverwaltung. | |
Ob die effektive Antidiskriminierungsarbeit an den Berliner Schulen künftig | |
einen neuen Schub bekommt oder weiter vor sich hin dümpelt, wird nun auch | |
ihre Aufgabe sein: Seit dem 21. Dezember ist die neue Bildungssenatorin | |
Astrid-Sabine Busse (SPD) im Amt. Die Dringlichkeit dieser Aufgabe dürfte | |
der 64-Jährigen direkt aus der Praxis bewusst sein: Busse war zuvor etwa 30 | |
Jahre lang selbst Schulleiterin einer Neuköllner Grundschule. | |
13 Jan 2022 | |
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## AUTOREN | |
Anna Klöpper | |
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