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# taz.de -- Dreikönigstreffen der FDP: Im milden Gold-Gelb
> Auf dem Dreikönigstreffen schlägt Neu-Finanzminister Lindner
> ausgleichende Töne an. Nur der Grüne Kretschmann muss als Feindbild
> herhalten.
Bild: Gab sich diesmal ausgleichend und staatstragend: FDP-Chef Christian Lindn…
Stuttgart taz | Keine Lounge-Sitzgruppe mehr, das Logo hat wieder mehr
Gelbanteil und die fast leere Bühne der Stuttgarter Staatsoper ist in
altgoldenes Licht getaucht. Nach Jahren in der teils
außerparlamentarischen, teils selbst gewählten Opposition, präsentiert sich
die FDP bei ihrem [1][zum zweiten Mal nur virtuell stattfindenden
Dreikönigstreffen] vor allem staatstragend.
Und da Parteichef und Finanzminister Christian Lindner natürlich der
Top-Act des traditionsreichen Liberalentreffens bleibt, lässt er dieses Mal
die große Trommel zu Hause und fängt auch manchen schrillen Ton seines
Parteifreunds [2][Wolfgang Kubicki zur Impfpflicht] ein: Die Partei wolle
einen „wirksamen Gesundheitsschutz mit möglichst viel Freiheit“, sagt
Lindner. Und zitiert dann die FAZ, die der FDP mit ihrer Nachdenklichkeit
einen Dienst an der Demokratie bescheinigt.
Die Nachdenklichkeit könnte man auch Unentschlossenheit nennen. Auch beim
Landesparteitag der FDP am Tag zuvor gab es eine kontroverse Debatte zur
Impfpflicht und die Partei konnte sich auch hier auf keine gemeinsame
Position einigen. Der Landesvorsitzende Michael Theurer äußerte vor allem
Zweifel an den Zwangsmaßnahmen, welche die Ampelparteien befürworten.
## Lindner reicht der Union die Hand
Deshalb schlägt Lindner in seiner Rede vor allem ausgleichende Töne an: Er
bescheinigt eigentlich allen demokratischen Parteien, berechtigte Anliegen
zu vertreten und bietet der CDU/CSU-Opposition im Bundestag ein
„konstruktives Zukunftsgespräch“ an. Dabei setze er auf [3][Friedrich Merz
als Oppositionsführer], sagt Lindner. Die FDP habe kein Interesse an einer
Entfremdung zur Union. Kein Wunder, stehen doch vier Landtagswahlen an, in
denen die FDP auch die CDU als Koalitionspartner braucht, wenn sie
mitregieren will. Die Spitzenkandidaten aus dem Saarland, NRW,
Niedersachsen und Schleswig-Holstein dürfen in Stuttgart mit knappen
Videobotschaften grüßen.
Auch bei Lindners Finanzpolitik ist für fast jeden etwas dabei. Das
Aufstiegsversprechen für die Leistungswilligen, ein Bekenntnis zur
Schuldenbremse, die Staatsausgaben und Umverteilung im Rahmen halte.
Trotzdem sei [4][der viel kritisierte Nachtragshaushalt] als
Wirtschaftsbooster nach der Pandemie wichtig. So blieben wichtige
Investitionen des Staates möglich. Zugleich kündigt er an, die
Neuverschuldung im kommenden Jahr zurückzufahren.
## Absage an eine Renaissance der Atomkraft
[5][Ganz im Sinne des Koalitionspartners] – „unseren Freunden von Bündnis
90/Die Grünen“ – wendet sich Lindner entschieden gegen eine Renaissance der
Kernkraft. Die Technologie sei vielleicht CO2-frei, aber nicht nachhaltig.
Was man als überzeugter Marktwirtschaftler schon daran erkennen könne, dass
es in Deutschland keine Versicherung gebe, die bereit wäre, neue
Atomkraftwerke zu versichern. Wenn die EU Kernkraft im Zuge der Taxonomie
tatsächlich für nachhaltig erklärt, sei das wettbewerbsverzerrend, meint
Lindner.
Überhaupt redet Lindner so ausführlich wie bei keinem bisherigen
Dreikönigstreffen über die Klimapolitik. Wo er früher laue Witzchen über
Hitzesommer machte, erklärt er diesmal die Klimapolitik zur entscheidenden
Frage, „bei der Geschwindigkeit und Qualität über die Zukunft des
Wohlstands entscheidet“.
## Feindbild Winfried Kretschmann
Bei so viel grünem Liberalismus bleibt wenigstens ein altes Feindbild
übrig: der grüne Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Winfried
Kretschmann hatte im Frühjahr eine Ampelkoalition im Land vor allem wegen
des „Auspuffliberalismus“ der Südwest-FDP ausgeschlagen und [6][lieber
weiter mit der CDU regiert]. Über Weihnachten hatte sich Kretschmann dann
mit Kubicki ein Scharmützel zur Impfpflicht geliefert und [7][in einem
Interview mit der taz dem „Hyperliberalismus“] die Schuld an der
verbreiteten Impfskepsis gegeben.
Der FDP-Landesvorsitzende Theurer erklärt Kretschmann beim
Dreikönigstreffen deshalb listig zum „führenden Vertreter der Konservativen
im Südwesten“. Der Fraktionsvorsitzende im Stuttgarter Landtag, Hans-Ulrich
Rülke, wirft ihm gleich vor, er wolle „die parlamentarische Demokratie
aushebeln und zu autoritären Strukturen zurückkehren“. Kretschmann sei in
seiner Jugend bei Mao Zedong gestartet und dann irgendwann mal bei der
Philosophin Hannah Arendt zwischengelandet, sagt Rülke. „Jetzt im Alter
kehrt er wieder zu Mao zurück.“ Da war sie dann nochmal, die schrill-pinke
FDP der vergangenen Jahre.
6 Jan 2022
## LINKS
[1] /FDP-Dreikoenigstreffen-in-Stuttgart/!5742371
[2] /FDP-Abgeordnete-gegen-Coronavirus-Impfpflicht/!5822648/
[3] /Friedrich-Merz-und-die-CDU/!5818112
[4] /Christian-Lindners-Finanzpolitik/!5819115
[5] /EU-Plaene-zu-nachhaltiger-Energie/!5825548
[6] /Gruen-Schwarz-in-Baden-Wuerttemberg/!5764357
[7] /Kretschmann-ueber-Klima-und-Pandemie/!5817676
## AUTOREN
Benno Stieber
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