# taz.de -- Nadine Conti über Paare am Arbeitsplatz: Doppelkarriere nicht vorg… | |
> Das schief gelaufene Bewerbungsverfahren in Georgsmarienhütte zeigt, wie | |
> das öffentliche Personalrecht der Realität hinterherhinkt. | |
Bild: Besser dran ohne Mann? Von allzu engen Arbeitsbeziehungen will das Beamte… | |
Auf den ersten Blick ist dieser Fall in Georgsmarienhütte eine sehr | |
spezielle Konstellation. Nirgendwo sind Stellenausschreibungen und | |
Besetzungsverfahren so detailliert geregelt wie im öffentlichen Dienst. Es | |
ist schon seltsam, wenn ein Verwaltungsausschuss glaubt, ein Verfahren, das | |
kurz vor dem Ende steht, mal eben so kippen zu können. | |
„[1][In der freien Wirtschaft] wäre das nicht passiert“, sagte eine | |
Verfahrensbeteiligte. Gemeint war: Da sind die Entscheidungsspielräume | |
größer, da hätte man dieses Dilemma frühzeitig abbiegen können. Der Haken | |
ist nur: Oft bieten genau diese Entscheidungsspielräume das Einfallstor für | |
Diskriminierungen – weil man mit einer Wischiwaschi-Begründung wie „Passt | |
nicht ins Team“ alle Personen draußen halten kann, die irgendwie anders | |
sind. | |
Das Interessante an diesem Fall ist etwas anderes. Erstens speist sich ein | |
guter Teil der Empörung, die Verwaltungsausschussmitglieder da ventilieren, | |
möglicherweise daraus, dass hier eine ungeschriebene Regel verletzt wurde. | |
„Warum hat die sich überhaupt beworben? Das macht man doch nicht“, sagte | |
ein Ratsmitglied. Ein anderer sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung, das | |
würde ja auch den Ehemann Sympathiepunkte kosten. Soll heißen: Das Paar | |
hätte den Konflikt wittern und taktvoll abräumen sollen, bevor er überhaupt | |
entstand. Das wiederum funktioniert aber natürlich viel, viel besser, | |
solange – zweitens – Spitzenpositionen eine eher traditionelle | |
Arbeitsteilung voraussetzen. | |
## Wer bestimmt denn, wer versetzt werden muss? | |
Lange Zeit war das so: Wer ein solches Amt besetzt, hat entweder ein | |
Privatleben, das nicht der Rede wert ist, oder einen Partner, der | |
bereitwillig zurücksteckt und sich um die Familie kümmert. Anders ist die | |
Arbeitsbelastung häufig nicht zu stemmen. Langsam ändert sich das. Auch im | |
öffentlichen Dienst hat sich herumgesprochen, dass bei vielen | |
Nachwuchskräften [2][diese Art von Arbeitskultur] nicht mehr gefragt ist. | |
Wenn aber Doppelkarrieren normaler werden, tun sich nun logischerweise auch | |
neue Konfliktfelder auf. | |
Und was wäre denn in diesem Fall nun eigentlich gewesen, wenn sich die | |
beiden erst im Job verliebt hätten? Als Kündigungsgrund geht so eine Heirat | |
beim Arbeitsgericht erfahrungsgemäß nicht durch. Wer bestimmt dann, ob eine | |
Versetzung nötig ist? Und wer gehen muss? Und wohin? Nach welchen | |
Kriterien? Der Gehaltsklasse? Dann wissen wir ja schon, welches Geschlecht | |
dabei in der Regel den Kürzeren zieht. | |
Oder sollte man Leuten vielleicht grundsätzlich erst einmal zutrauen, dass | |
sie es schaffen, sich halbwegs professionell zu verhalten und ihren | |
Privatkram draußen zu lassen? Und sich Regelungen überlegen, für den Fall, | |
dass dies ersichtlich nicht der Fall ist? Immerhin werden ja selbst | |
Powerpaare in der Regel nicht schalten und walten können, wie sie wollen, | |
da gibt es immer Vorgesetzte, Kollegen, Kontrollinstanzen. | |
Das sind alles Fragen, die sich nicht mal eben ad hoc beantworten lassen. | |
Probleme und Konflikte, für die Lösungen und gesicherte Verfahren erst | |
gefunden werden müssen. Aber so funktioniert Weiterentwicklung nun einmal. | |
12 Dec 2021 | |
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## AUTOREN | |
Nadine Conti | |
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