Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Österreichs neuer Bundeskanzler: Karl aus der Kiste
> Soldat, Burschenschaftler, Abschiebekönig: Der ehemalige Innenminister
> Karl Nehammer ist als neuer Kanzler in Österreich vereidigt.
Bild: Karl Nehammer ist Österreichs neuer Regierungschef
Wien taz | Karl Nehammer, [1][der am Montag vereidigte neue Bundeskanzler
von Österreich,] ist so eine Art Missing Link zwischen der türkisfarbigen
Neuen Volkspartei des [2][Sebastian Kurz] und der alten „schwarzen“ ÖVP.
Zwar wurde er von Kurz und dessen Klüngel in die Regierung befördert, doch
entsprechen seine Netzwerke der traditionellen Logik der
Christlichsozialen.
Er ist im Arbeiter- und Angestelltenbund (ÖAAB) verankert und stieg schon
auf der Uni in die traditionelle ÖVP-Kaderschmiede der katholischen
Cartellverbände (CV) ein. Dass er dort den Couleurnamen Mars annahm, mag
man als Vorzeichen für seine spätere Karriere als Berufsoffizier sehen.
Drei Jahre hielt es ihn bei der Infanterie, die er 1996 als Leutnant der
Reserve verließ.
Das Verteidigungsministerium schickte ihn dann zu einer
Kommunikations-Trainerausbildung am Managementinstitut der Industrie. Bald
darauf durfte er das Erlernte bereits als Trainer über verschiedene
Institutionen weitergeben. Darunter die Politische Akademie der ÖVP, wo ihn
vor wenigen Tagen der Bundesvorstand der Partei einstimmig zum Parteichef
gewählt und zum Bundeskanzler designiert hat.
Obwohl er 1972 in Wien geboren wurde, absolvierte Nehammer den prägenden
Teil seiner politischen Karriere in Niederösterreich. Die mächtigste
ÖVP-Landesorganisation, die heute noch absolute Mehrheiten einfährt, hat
bei der Personalpolitik im Bund immer ein gewichtiges Wort mitzureden. Eine
Machtbastion ist auch der Österreichische Arbeitnehmerinnen- und
Arbeitnehmerbund der ÖVP, wo der ehrgeizige Kommunikator 2015 zum
stellvertretenden Generalsekretär und 2016 zum Generalsekretär avancierte.
## Innenminister nach der Ibiza-Affäre
Sebastian Kurz holte ihn dann 2018 als Generalsekretär in die ÖVP und
machte ihn nach dem Zusammenbruch der türkis-blauen Regierung im Gefolge
der Ibiza-Affäre und des Regierungspakts mit den Grünen 2020 zum
Innenminister.
Anfang dieses Jahres legte er sich mit dem Koalitionspartner an, als er
bestens integrierte Schülerinnen aus Armenien und Georgien bei Nacht und
Nebel [3][aus dem Haus holen und abschieben ließ]. Die Koalition stand
damals auf der Kippe. Gleichwohl betont Vizekanzler Werner Kogler, er habe
eine gute Gesprächsbasis mit dem Hobbyboxer, dem er Handschlagqualität
bescheinigt.
„Als Folge der Abschiebungen der beiden Mädchen im Jänner, die für uns
nicht hinnehmbar waren, wurden dann so viele positive humanitäre
Bleiberechtsentscheidungen ausgesprochen wie nie zuvor“, so Kogler am
Sonntag im Kurier. Nur wurde das mit Rücksicht auf die ÖVP-Klientel nicht
an die große Glocke gehängt.
Der Terroranschlag von Wien vom 2. November 2020, bei dem ein Islamist vier
Menschen erschoss und Dutzende verletzte, zeigte die Schwächen von
Nehammers Ressort auf. Geheimdienst und Polizeistellen leiteten
Informationen zu spät oder gar nicht weiter, der wiederholt auffällige
Attentäter blieb unter dem Radar der Behörden.
Die Inszenierungspolitik von Sebastian Kurz setzte lieber auf
öffentlichkeitswirksame Schläge gegen Moscheen und auf das Kopftuchverbot.
Davon muss sich Nehammer jetzt emanzipieren.
6 Dec 2021
## LINKS
[1] /Postenrochade-in-Oesterreich/!5817194
[2] /Oesterreichs-Ex-Kanzler-Kurz/!5816029
[3] /Regierungskoalition-in-Oesterreich/!5749260
## AUTOREN
Ralf Leonhard
## TAGS
ÖVP
Österreich
Sebastian Kurz
Karl Nehammer
Kolumne Der rote Faden
Österreich
Schwerpunkt Islamistischer Terror
## ARTIKEL ZUM THEMA
Abschied von Merkel und Kurz: Rote Rosen und ein Baby
Angela Merkel zeigte bei ihrem Abschied als Kanzlerin Haltung. Österreichs
Ex-Kanzler Sebastian Kurz hingegen demonstrierte nochmal, wie klein er ist.
Das politische Ende von Sebastian Kurz: Master of Desaster
Der Egozentriker Sebastian Kurz hat Österreich polarisiert. Mitten in der
Pandemie hinterlässt er nun einen gewaltigen Scherbenhaufen.
Untersuchungsbericht zu Attentat in Wien: Nehammer unter Druck
Laut neuen Erkenntnissen muss Österreichs Innenminister Karl Nehammer von
den Absichten des Täters gewusst haben. Das Ministerium bestreitet das.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.